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Diözese Rottenburg-Stuttgart: Für drei von vier Katholiken ist Kirchenaustritt kein Thema

Die Katholiken in Baden-Württemberg sind ähnlich kirchentreu wie die Protestanten. Das ergab jetzt eine neue Erhebung. Diözesanbischof Gebhard Fürst bedauerte aber das geringe Interesse der Befragten beim Thema Ökumene.

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Drei von vier Katholiken in der Diözese Rottenburg-Stuttgart haben noch nie ernsthaft über einen Austritt aus ihrer Kirche nachgedacht. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Befragung von 3.176 Katholiken, die am Mittwoch in Stuttgart vorgestellt wurde. Wer über einen Abschied von der Kirche nachdenkt, tut dies der Umfrage zufolge in erster Linie, weil er sich entfremdet fühlt (35 Prozent). Finanzielle Gründe werden nur von 15 Prozent genannt.

 Die Kirchentreue der Katholiken ist in Baden-Württemberg ähnlich wie die der Protestanten: Eine Untersuchung unter evangelischen Christen hatte im vergangenen Jahr ergeben, dass auch bei ihnen 75 Prozent noch nie über einen Austritt nachgedacht haben. Fast jeder zweite Protestant betrachtet sich selbst als engagiertes Kirchenmitglied.

 Großes Interesse äußern Katholiken der neuen Studie zufolge daran, dass sich ihre Kirche auch künftig in gesellschaftliche Belange einmischt. Ganz oben auf der Wunschliste steht dabei der Bereich "Soziales", wo 23 Prozent Bedarf für Engagement sehen. Auch Lebenshilfe und Gesellschaftspolitik sind stark gefragt. Geringes Interesse besteht dagegen in den Bereichen Sexuallehre und Zölibat, Seelsorge und Gemeindearbeit.

 Anlass für die Untersuchung war eine Welle von Kirchenaustritten in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Sie verzeichnet seit 22 Jahren im Durchschnitt 10.650 Austritte pro Jahr. Einen Rekord gab es 2010 mit 15.650 Austritten nach Bekanntwerden von Fällen sexuellen Missbrauchs in der Kirche. Dass es in der Kirche eine unabhängige Kommission zu diesem Thema gibt, wird von den Befragten kontrovers beurteilt. 52 Prozent sagen, die Kirche habe dadurch an Glaubwürdigkeit gewonnen – 48 Prozent verneinen dies. Doch stimmen 87 Prozent der Aussage ganz oder eher zu, dass die Kirche weiterhin offensiv mit dem Thema Missbrauch umgehen solle.

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 Unter den von den Verfassern beschriebenen gesellschaftlichen Gruppen bilden die "Gemeinwohl-Kommunizierer" das Leitmilieu der katholischen Kirche. Reiner App vom Pragma-Institut (Reutlingen/Bamberg), das die Befragung ausführte, nannte diese Gruppierung auch das "Winfried-Kretschmann-Milieu". Es seien oft ältere, sehr engagierte Kirchenmitglieder, die sich besonders für gesellschaftliche Belange interessierten. Dagegen habe der "konservative Aktivist", der auch als extremer Traditionalist beschrieben wurde, statistisch gesehen in der katholischen Kirche eine «verschwindend geringe Bedeutung".

 Rund 72 Prozent der Befragten stimmten der Aussage ganz oder überwiegend zu, dass das Christentum Fundament des westlichen Wertesystems bleiben wird. 69 Prozent empfehlen der Kirche, "weniger abgehoben und lebensnaher" zu kommunizieren. Dass sie "offener kommunizieren und ihren Mitgliedern besser zuhören soll", ist ganz oder überwiegend der Wunsch von 79 Prozent.

 Diözesanbischof Gebhard Fürst sieht in den Ergebnissen einen Beleg dafür, dass der Gottesglaube bei sehr vielen Menschen nach wie vor tief verankert sei. "Die lange Zeit vorherrschende Meinung, der Modernisierungsprozess sei identisch mit fortschreitender Säkularisierung und Glaubensauflösung, hat sich nicht bestätigt", sagte er. Fürst bedauert, dass bei den Themen, mit denen sich die Kirche der Befragung zufolge stärker beschäftigen sollte, die Ökumene weit hinten rangiere.

 Andererseits wünschten sich fast 90 Prozent ein engeres Miteinander von kirchlichen und nichtkirchlichen Akteuren in der Gesellschaft. Die Kirche müsse sich noch stärker in Diskussionen und Prozesse einmischen als "Anwältin für ein Mehr an Humanität und Menschenwürde". Eine weitere Folgerung des Bischofs: Seelsorgeeinheiten dürfen nicht zu anonymen Großorganisationen werden, weil sonst die Entfremdung von Mitgliedern und damit ihre Austrittsbereitschaft verstärkt würde.

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Für die Gesamtstudie wurden zwischen März und Juni vergangenen Jahres 3.176 Katholiken und 1.055 Nichtkatholiken befragt. 

(Quelle: epd)

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