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„Du siehst mich – anders?!“ Katholiken auf dem Kirchentag

„Dann heißen die Pfadfinder eben nicht ‚St. Georg'“. Sind es nur Kleinigkeiten, die den (konfessionellen) Unterschied ausmachen? Wie fühlt es sich an als Katholik auf dem Evangelischen Kirchentag? Wir haben nachgefragt und hingehört.

Von Laura Schönwies

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„Katholisch“ prangt groß in orangenen Lettern auf seinem T-Shirt. Auf der Kirchentagsmeile verkauft Alfred Möller mit seinen Kollegen von der Katholischen Pfarrgemeinde „Heilige Familie“ aus Berlin-Lichterfelde Zuckerwatte. Wie reagieren die Kirchentagsbesucher auf den konfessionellen „Fremdling“? „Eine Reaktion war ganz interessant“, erzählt Möller. „Da sagte jemand ‚Katholisch?‘ und ist direkt weitergegangen. Das hat mich doch überrascht.“ Doch Möller nimmt’s mit Humor. Er fragt die Leute ganz direkt „Wollen Sie mal was Katholisches probieren?“. Da blieb ein Passant direkt stehen und hat auch was gekauft. „Den Spruch fand er toll. Die meisten lachen und finden das lustig.“

Ein Mal mehr Kirchentag als Katholikentag

Das Team der Benediktinerabtei Maria Laach war schon bei den Kirchentagen in Leipzig, Stuttgart und München mit von der Partie. Beim Katholikentag dagegen erst zwei Mal. Gibt es irgendwelche Unterschiede? „Nein, ich fühle mich hier nicht anders als auf dem Katholikentag“, sagt eine Mitarbeiterin, fügt jedoch lachend hinzu: „Ich bin aber auch nicht der katholischste Mensch überhaupt.“ In der berühmten Abtei arbeiteten schließlich auch evangelische Christen. Und die hätten ihren katholischen Glaubensgeschwistern sogar etwas voraus: „Sie sind viel lockerer“. Ein Beispiel? „In unserem Kloster entsagen die Mönche so ziemlich allem, was das Leben schöner machen kann – wie einer eigenen Familie. Evangelische Pfarrer dagegen haben mehr Potenzial über Ehe und Familie zu predigen, weil sie selber Erfahrungen damit haben.

„Dasselbe Klientel“

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Ein Blick in die Medienmeile. „Bei uns liegen neben der katholischen Einheitsübersetzung auch Bücher über Martin Luther“, betonen die Frauen vom Don Bosco-Verlag und dem Katholischen Bibelwerk. Ob sie schon auf ihren katholischen Standnamen angesprochen wurden? „Das hat bisher noch keiner gemacht. Die Leute fragen höchtens, was die Unterschiede zwischen der Einheitsübersetzung und der Luther-Bibel sind.“ In dem überwiegend religionspädagogischen Programm gehe es ohnehin um überkonfessionelle Fragen. „In jungen Jahren gibt es noch gar keine Trennung zwischen katholisch und evangelisch. Die wollen wir auch gar nicht.“ Und nicht nur im Kindesalter: „Hier läuft dasselbe Klientel herum, wie auf dem Katholikentag.“ Unterschiede müsse man mit der Lupe suchen.

Ökumenische Diskussion: Heimspiel für Bischof Huber

Szenenwechsel. In der Französischen Friedrichstadtkirche tauschen sich der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber und die katholische Theologin Johanna Rahner darüber aus, was die Gemeinsamkeiten zwischen Protestanten und Katholiken sind. In der Schlange vor dem Eingang geht es schon los: „Meine Frau hat mir verordnet jedes Marien-Lied mitzusingen, wenn ich eine katholische Kirche besuche“. Maria – neben dem gemeinsamen Abendmahl und der Frauenordination ein heißes Thema, wenn es um die konfessionellen Unterschiede geht.

Johanna Rahner? Ja, sie ist tatsächlich um mehrere Ecken mit dem berühmten Theologen Karl Rahner verwandt, dessen Texte bis heute Theologie-Studenten ins Schwitzen bringen. Was heißt eigentlich „katholisch“, beziehungsweise „Katholizität“? Die Klärung dieses Begriffs steht im Mittelpunkt der Diskussion. Um dieser Frage nachzugehen, wechselen die Protagonisten ihre Rollen. Rahner spricht über die Reformation und Huber über Katholizität. „Das Grundprinzip des Katholischen ist Reformation“ stellt Rahner fest. Ungläubiges Gelächter. Sie hat es nicht leicht vor dem mehrheitlich evangelischen Publikum. Kirche müsse sich immer wieder reformieren – gerade heute. „Schließlich wird die katholische Kirche nie wieder den Bezugspunkt haben wie im Mittelalter. Kirche hat keinen Selbstzweck mehr, sondern den Sendungsauftrag dem Individuum zu dienen.“ Dann verweist sie auf Papst Franziskus. Dieser habe keine Angst davor, dass sich Kirche pluralisieren könnte. Vielfalt helfe dabei, die eigentliche Bedeutung des Evangeliums zu entfalten. „Katholisch“ sei es, „die Botschaft des Evangeliums bis an die Enden der Erde zu tragen“.

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Evangelisch oder katholisch?

Huber spricht von einer „Ökumene der Profile und des wechselseitigen Respekts“. Früher habe man es sich mit der Unterscheidung der Konfessionen einfach gemacht. Protestanten seien gemeinhin „rebellisch und entlaufen“. Man unterteilte Krankenhäuser und Schulen in katholische und evangelische Einrichtungen. Heute definiere man sich eher über das Verhältnis der Gläubigen zu ihrer Kirche. Demnach seien Protestanten eher kirchendistanziert und Katholiken eher kirchenverbunden. Hubers Meinung nach seien katholisch und evangelisch aber „Verheißungsworte“.

Schwierig werde es beim Glaubensbekenntnis. An welche Kirche glaubt man denn nun? Die katholische, die allgemeine, die christliche oder doch an die allumfassende? Huber erklärte, dass eine „grenzüberschreitende Katholizität“ zum Wesen der Kirche gehöre. Es gibt viele versöhnliche Worte: „Wir kommen von der Einheit her“ oder „Wir sind erstmal Christen, bevor wir evangelisch oder katholisch sind“.

Während auf der Bühne Gemeinsamkeiten zur Sprache kommen, gibt es aus dem Publikum kritische Fragen. Wann es endlich mit der Frauenordination vorangehe, will jemand von Rahner wissen. Dass Frauen Ämter in der Kirche bekleiden, sei nichts Neues, so Rahner. Außerdem werde geprüft, ob Frauen zum Amt der Diakonin zugelassen werden könnten. Das reicht dem Publiukm offenbar nicht. Rahner verteidigt sich: „In den Medien werden hauptsächlich männliche Kirchenvertreter gezeigt. Das entspricht aber nicht der Realität“. Zweiter Kritikpunkt: Die Eucharistie. „Gelebte Ökumene bedeutet Kirchengemeinschaft zu haben. Sie hat das Recht, gemeinsam Eucharistie zu feiern“, so Rahner. „Schön wär’s“, kommt prompt die Reaktion aus dem Publikum.

Auf der Bühne bleibt es bei gelebter Ökumene. Am Ende jedoch umarmen sich die beiden Redner. Ein passendes Bild für die „versöhnte Verschiedenheit“.

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