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Eine deutsche Kamera in Hebron

Eine ZDF-Dokumentation geht der Frage nach, wie sich die israelische Besatzung in Hebron auf die Bewohner auswirkt. Israelis und Palästinenser kommen zu Wort – aber wichtige Hinweise fehlen, meint Daniel Frick vom Christlichen Medienmagazin pro.

Anlässlich des 50-jährigen Jubliäums des Sechs-Tage-Krieges von 1967 widmet sich eine ZDF-Dokumentation der Stadt Hebron. Dort zeige sich die „Fieberkurve des Nahostkonflikts“, wie es die Autorin Nicola Albrecht beschreibt. In dem 45-minütigen Film, den das ZDF in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag um 00.45 Uhr zeigt, bemüht sich zwar um Ausgewogenheit, lässt in vielen Punkten jedoch wichtige Informationen weg.

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Grundsätzlich fährt die Dokumentation gut: Sie lässt Vertreter beider Seiten zu Wort kommen, und zeigt, dass es auf beiden Seiten Extremisten gibt. Sie hält die jüdischen und muslimischen Ansprüche auf die Machpelah-Höhle fest, wo der Überlieferung zufolge der Stammvater Abraham begraben liegt, und wo das israelische Militär für die Sicherheit sorgt. Soweit erfüllt die Dokumentation ihren eigenen Anspruch, beide Seiten zu behandeln.

Offene Fragen

Wer genauer hinschaut, erkennt jedoch einige Merkwürdigkeiten in der Aufmachung des Films. Da ist zum einen eine nicht gestellte Frage. Der Zuschauer erfährt am Anfang, dass in Hebron 200.000 Palästinenser leben – und 850 Juden, die von 650 Soldaten bewacht werden. Die Frage kommt unweigerlich auf, warum die Palästinenser bei diesem niedrigen Anteil der jüdischen Bewohnern mit diesen ein Problem haben – im Verlauf der Dokumentation wird sie aber nicht gestellt.

Merkwürdig mutet auch die Einordnung des Sechs-Tage-Krieges an. „Mit Beginn der Besatzung 1967 hat sich etwas geändert im Land und in Hebron“, erzählt Albrecht. „50 Jahre israelische Kontrolle haben dafür gesorgt, dass das Verhältnis zwischen den Menschen außer Kontrolle geraten ist.“

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An dieser Stelle fehlt der Hinweis auf die arabischen Revolten gegen Juden vor der Staatsgründung Israels. Im Jahr 1929 ermordeten Araber 67 Juden in Hebron. Dieses Massaker führte zur Vertreibung der jüdischen Bewohner. Hebron war erstmals seit tausenden Jahren „judenrein“. Diesen Einschnitt zu verschweigen ist die eine Sache. Abwegig ist es jedoch zu behaupten, dass erst aufgrund der Besatzung ab 1967 das Verhältnis zwischen Juden und Arabern „außer Kontrolle“ geraten sei.

Die Kamera als Waffe

Der rote Faden, der sich durch die Dokumentation zieht, ist die Bedeutung von Videokameras, die angeblich als „neue Waffe“ im Konflikt dienen. Aktueller Aufhänger ist dabei der Vorfall um den Soldaten Elor Asaria, der einen am Boden liegenden Attentäter erschossen hat. Der Vorfall wurde von einem Palästinenser gefilmt und sorgte weltweit für Aufsehen. Ein Militärgericht hat den Soldaten inzwischen zu 18 Monaten Haft verurteilt.

Im Lauf des Films erfährt der Zuschauer, dass Schüler bei einem Videokurs explizit lernen, mit der Kamera umzugehen. Sie werden aufgefordert, Konflikte festzuhalten. Nicht erwähnt wird hier allerdings, dass die Kameras von „B’Tselem“ zur Verfügung gestellt werden. Gegen diese linksgerichtete Organisation wurde schon oft der Vorwurf erhoben, die Fakten zu verzerren und gegen Israel zu hetzen. Mit den Kameras werden die Schüler sicherlich keine palästinensischen Provokationen festhalten.

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Friedensrede in der Klasse

Neben den engagierten Schülern lernt der Zuschauer auch Mohannad Dschabari kennen, einen 28-jährigen, arbeitslosen Ingenieur, der Mitglied der Fatah-Partei ist und für die Fortsetzung des „Aufstandes“ plädiert – seiner Aussage zufolge akzeptiert er nur gewaltfreien Widerstand. Für einen angeblichen Beleg tritt er vor Schülern einer palästinensischen Schule auf – die in der israelischen Enklave in Hebron beheimatet ist – und erzählt: „Wenn ihr Ärzte, Ingenieure oder Fotografen werdet, also das erreicht, was ihr werden wollt, zeigt ihr das wirkliche Bild von uns. Dann zeigt ihr, dass wir nicht Terroristen sind.“

Sätze wie diese hören sich gut an. Offen bleibt aber, ob Dschabari das nur für die deutsche Kamera erzählt. Auch hier wäre es angebracht gewesen, nachzuhaken. Wie steht es eigentlich um die Friedensbemühungen in palästinensischen Schulbüchern? Dem ZDF-Studio in Tel Aviv dürfte nicht entgangen sein, dass dort Terroristen als Märtyrer verherrlicht werden. Anstatt Dschabari damit zu konfrontieren – als „friedlicher Aktivist“ hat er dazu sicher eine Meinung –, lässt das ZDF-Team ihn reden. So darf dieser dem deutschen Publikum eine heile palästinensische Schulwelt verkaufen.

Bedenkliche Abstraktion

Zum Schluss gibt die Dokumentation dem Zuschauer ein merkwürdiges Fazit mit auf den Weg. Zu sehen ist ein jüdischer Zauberkünstler, der Soldaten an einem Wachposten mit Zaubertricks unterhält. Dazu gesellen sich Araber, denen der Zauberkünstler ebenfalls seine Tricks zeigt. „Es ist keine große Show, sondern nur ein kurzer Moment, in dem alle den Konflikt vergessen und miteinander lachen – weil sie Menschen sind, und sich als solche begegnen“, ist dazu zu hören.

Eine derart abstrahierende Sichtweise auf die Bewohner vor Ort – frei nach dem Motto: Es sind doch alles Menschen! – ist sicherlich gut gemeint. In Wirklichkeit ist sie aber bedenklich. Der Zuschauer könnte auf die Idee kommen, dass es zum Beispiel besser wäre, wenn die Juden von ihrem Judentum lassen würden – dann gäbe es auch keinen Konflikt. Der Gedanke an diesen abstrakten Humanismus am Ende der Dokumentation ist alles andere als hilfreich und hat an dieser Stelle nichts verloren.

Das ZDF legt eine Dokumentation vor, die streckenweise sehenswert und interessant ist, letztlich aber mit Vorsicht gesehen werden muss. Denn in wichtigen Punkten wird sie der Lage nicht gerecht – historische Einordnungen greifen zu kurz, und mitunter geht es zu unkritisch zu. Nur auf diese Weise kann sie das Bild von der israelischen Besatzung als Quelle aller Spannungen in der Region zeichnen.

„Hebron – die zerrissene Stadt. 50 Jahre nach dem Sechstagekrieg“, Donnerstag, 8. Juni, 00.45 Uhr, ZDF

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