In der sich ausweitenden Flüchtlingskrise haben die Kirchen Entscheidendes zu sagen. Davon ist der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München) überzeugt. Wie er am 28. Oktober in München sagte, ist nach christlicher Überzeugung jeder Mensch ein Ebenbild Gottes. Die Kirchen forderten die Regierungen Europas deshalb nachdrücklich dazu auf, auch Flüchtlinge mit Würde zu behandeln und sie nicht "von einem Land ins nächste zu schieben".
Gemeinsam mit dem Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Olav Fykse Tveit (Genf), hatte Bedford-Strohm 35 Kirchenleiter – Orthodoxe, Anglikaner, Katholiken und Protestanten – aus 20 Ländern Europas, Afrikas und des Nahen Ostens zu einer internationalen Konsultation zur Flüchtlingskrise in die bayerische Landeshauptstadt eingeladen. Laut Bedford-Strohm hat Jesus selbst deutlich gemacht, wie mit Menschen in Not umzugehen sei, als er sagte: „Ich war ein Fremder und ihr habt mich aufgenommen“ (Matthäus 25,35).
Allerdings gelte es nicht nur, Menschen aufzunehmen, sondern auch in deren Herkunftsländern zu helfen. So stelle die bayerische Landeskirche eine halbe Million Euro für die Flüchtlingslager im Nahen Osten zur Verfügung: "Niemand braucht sich zu wundern, dass Menschen zu uns kommen, wenn sie bei sich nicht einmal genug zu essen haben." Ferner gelte es, die bisherigen Hilfsangebote noch besser zu koordinieren und sie nachhaltig auszubauen: „Wir haben gesehen, welche Kraft unsere Gesellschaft hat. Wir haben das Potenzial an Hilfsbereitschaft gesehen, von dem keiner dachte, dass es das gibt."
Schwedische Erzbischöfin: Niemand soll erwarten, dass die Krise schnell vorübergeht
Die Erzbischöfin der evangelisch-lutherischen Kirche Schwedens, Antje Jackélen (Uppsala), appellierte an die Bürgerpflicht eines jeden: "Wir sind nicht nur Verbraucher, sondern auch Bürger mit Rechten und Pflichten." Dazu gehöre es auch, das eigene Land und Europa mitzugestalten. Die Welt schaue derzeit auf Europa: "Wenn Europa diese Krise bewältigt, ist das für die gesamte Welt von Vorteil, wenn nicht, wird davon auch der Rest der Welt betroffen sein."
Niemand solle erwarten, dass die Flüchtlingskrise schnell vorübergehe: "Wir werden künftig vermutlich unter zerbrechlicheren Umständen leben, als wir das in der Vergangenheit gewohnt waren." ÖRK-Generalsekretär Fykse Tveit warnte davor, in der Flüchtlingskrise nur auf Zahlen zu schauen. Es gehe um konkrete Menschen. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe mit ihrer Entscheidung, die Grenzen Deutschlands für Flüchtlinge zu öffnen, Zivilcourage bewiesen. Der griechisch-orthodoxe Metropolit Gabriel von Nea Ionia und Filadelfia erklärte, die Kirchen hätten in der gegenwärtigen Situation die Chance zu zeigen, dass christliche Werte und Solidarität in Europa nach wie vor gelebt werden.
(Quelle: Idea.de)