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Freitagsgebet und Freudenfest: Nach sechs Jahren Protest erhält Bilin von Israel Land zurück

Die Mauer ist weg. Ahmad Khatib aus dem palästinensischen Dorf Bilin kann es noch immer nicht fassen: Er steht mit seinen beiden jüngsten Kindern zwischen den Betonresten und strahlt. Vier und fünf Jahre alt sind die Kinder Khatibs. Sie haben die Olivenbäume Bilins, die auf der israelischen Seite hinter der Mauer lagen, in ihrem Leben noch nie gesehen.

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Vor wenigen Tagen hat das israelische Militär die Mauer bei Bilin – in der Nähe von Ramallah – näher an die israelische Siedlung Modiin Illit versetzt. Dadurch haben die Dorfbewohner Bilins etwa die Hälfte der 230 Hektar ihres Landes zurückerhalten, das Israel zu eigenen Gunsten abgetrennt hatte. Das israelische Militär kam damit einem Urteil des israelischen Gerichtshofes nach, das schon vor knapp vier Jahren gefällt wurde. Es besagte, dass der Verlauf der Mauer nicht der Sicherheit diene, sondern palästinensisches Eigentum der israelischen Seite zuschlage, und der Wall deshalb verlegt werden müsse.

 Aus den Lautsprechern eines Transporters dröhnt Musik. Ein Zug mit etwa 200 Menschen setzt sich in Bewegung. Das kleine Dorf, in dem hauptsächlich Fatah-Anhänger wohnen, ist zu einem Symbol des palästinensischen Widerstandes geworden: Seit Januar 2005 organisiert das «Volkskomitee gegen die Mauer», zu dem auch Ahmad Khatib gehört, Demonstrationen. Jeden Freitag protestieren Dorfbewohner, israelische Aktivisten und internationale Unterstützer gemeinsam gegen den Verlauf der Sperranlage.

 Die Israelin Leehoe Rothschild jubelt. Dort, wo noch vor einer Woche die Mauer stand, liegen nur noch Betonbrocken. «Ich glaube es nicht! So lange haben wir demonstriert, jetzt ist es soweit!» Mehrere Jahre lang ist die Studentin wöchentlich in das 1500-Seelen-Dorf gefahren – und das, obwohl der Besuch des Westjordanlands Israelis streng verboten ist. Damit wolle sie ihre «Solidarität und Unterstützung» ausdrücken, so die 26-Jährige. «Im Namen der sogenannten Verteidigung wurde den Palästinensern Land weggenommen», sagt Rothschild.

 «Lasst uns auf dem befreiten Boden das Freitagsgebet abhalten.» Der Scheich des Dorfes, ein Mann mit schwarzem langen Bart, steht am Mikrofon. Die männlichen Dorfbewohner knien auf dem zurückgewonnenen Land. Sie zeigen der neu gebauten Mauer und den israelischen Siedlern im 500 Meter entfernten Modiin Illit den Rücken. Am 26. Juni begann die Armee damit, knapp drei Kilometer der Mauer einzureißen, nachdem in der unmittelbaren Nähe zur Siedlung ein Ersatz errichtet wurde. Heute sei ein großartiger Tag, sagt der Scheich. Gott werde «wieder auf diesem Stück Erde gedient», der Boden sei «von den Ungläubigen» befreit.

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 Nach dem Gebet dröhnt wieder Musik aus den Lautsprechern: «Los, Hamas, Fatah – das ganze palästinensische Volk.» Die Menschen nähern sich der neuen Mauer. Die «Internationalen» sollen sich vor die Palästinenser stellen, es habe bei den früheren Demonstrationen genug Verletzte und sogar zwei Tote gegeben. Die Wasserwerfer des Militärs sind schon positioniert, die Soldaten für alle Eventualitäten gerüstet. Eine Frau wirft Bonbons in die Menge. Die Kinder tragen ihre beste Kleidung an diesem historischen Tag.

 Ein Traktor fährt Betonblöcke zu einer abgesteckten Fläche nahe der neuen Mauer. «Ab heute schaffen wir Fakten», erklärt Khatib. «Wir bauen Häuser auf dem neuen Boden.» Eigentlich bräuchte man für den Hausbau eine Genehmigung von israelischer Seite. Doch: «Das ist unser Land. Wir können damit machen, was wir wollen.» Auf den Balkonen hinter der Mauer, in Modiin Illit, stehen die Bewohner der Siedlung und schauen dem Treiben zu. So nahe sind ihre Nachbarn aus Bilin ihnen noch nie gekommen.

 «Alle palästinensischen Gefangenen frei für den islamischen Dschihad», heißt es in einem Lied, laut genug, dass es auch die Soldaten hören können. Doch diese verhalten sich ruhig. An diesem Freitag gibt es kein Tränengas und keine Stinkbomben. Ob das mit dem Dschihad ernst gemeint ist? Ahmad Khatib war 13 Monate im Gefängnis, weil er für den militanten Zweig der Fatah, die Al-Aksa-Märtyrer-Brigade, Waffen schmuggelte. «Ich habe an den gewaltsamen Weg geglaubt, aber seit unseren Demonstrationen bevorzuge ich den friedlichen Weg», sagt der 34-Jährige.

(Quelle: epd)

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