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„Bitte entscheide dich… jetzt“

Als Kindergottesdienstmitarbeitende möchten wir unseren Kindern den Weg zu Gott ebnen, möchten sie begleiten und wünschen uns, dass sie sich für ein Leben mit Gott entscheiden. Aber wie können wir sie dabei unterstützen – müssen wir ihnen von der Hölle und dem ewigen Verlorensein erzählen? Oder ihnen immer nur den „lieben“ Gott vorstellen, weil alles Weitere schon von allein passiert? Oder irgendwas dazwischen?

Von Claudia Diestelhorst

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„Stimmt das, wenn man nicht an Gott glaubt, dass man dann in die Hölle kommt?“, fragte mich ein neunjähriger Junge. Seit er in einem Kinderprogramm in seiner Gemeinde davon gehört hatte, beschäftigte ihn diese Frage sehr. Wir kamen darüber ins Gespräch, und ich versuchte herauszufinden, warum ihn diese Frage so sehr umtrieb. In erster Linie war da bei ihm Interesse an der Sachfrage. Als großer Denker kamen ihm aber auch direkt seine Freunde in den Sinn. Er fragte sich, was wohl mit ihnen geschehen würde, falls sie sterben sollten. Hinter der sachlichen Beschäftigung mit dem Thema wurde zunehmend eine persönliche Betroffenheit sichtbar.
Mich interessierte, warum der verantwortliche Mitarbeiter dieses Thema angesprochen hatte. Seine Antwort war sehr deutlich: „Ich muss den Kindern die ganze Wahrheit sagen – wenn ich das nicht tue, dann mache ich mich schuldig.“ Es war ihm deutlich abzuspüren, dass er das Beste für die Kinder seiner Gruppe wollte: eine klare Entscheidung für ein Leben mit Jesus. Und es schwang auch ein wenig die Angst mit, dafür verantwortlich zu sein, wenn Kinder verloren gehen.
Hinter der Entscheidung des Mitarbeiters stand die theologische Überzeugung, dass Kinder, die sich nicht bewusst für ein Leben mit Jesus entscheiden, im Fall ihres Todes verloren sind.

Persönliche Erfahrungen

Unsere theologische Grundposition prägt die Art und Weise und die Inhalte der Arbeit mit Kindern. In Gesprächen mit Mitarbeitenden ist mir aufgefallen, dass wenig über die persönlichen Annahmen und Überzeugungen geredet wird und doch jeder auf eine ganz bestimmte Art und Weise agiert. Diese ist in der Regel geprägt von biografischen Erfahrungen: Bin ich als Kind in den Glauben hineingewachsen und kann keinen „Bekehrungszeitpunkt“ aufweisen, werde ich mit diesem Thema anders umgehen, als wenn ich in einem nichtchristlichen Elternhaus aufgewachsen bin, eine persönliche Beziehung zu Jesus erst später aufgebaut habe und ein Bekehrungserlebnis als sehr hilfreich erlebt habe.
Wenn ich als Kind eine Entscheidung für ein Leben mit Jesus aus Angst vor dem Verlorensein oder der Hölle getroffen habe, werde ich anders arbeiten, als wenn für mich diese Entscheidung organisch gewachsen ist und ich sie in einem offenen, freien und selbstverantworteten Rahmen treffen konnte.
Spannend wird es dann, wenn in Kindergottesdienstteams unterschiedliche Positionen vorliegen, diese aber nicht ausgesprochen wurden.

Drei Positionen

Ein Gespräch im Mitarbeiterteam kann helfen, Positionen zu finden und zu klären. Als Anregung für ein solches Gespräch werden in der Folge drei Positionen kurz dargestellt, die im Gesprächskontext natürlich deutlich variieren können.
1. Jedes Kind ist in seinem Wesen Sünder. Es wird wie ein Erwachsener gesehen, der so lange getrennt von Gott und verloren ist, bis er eine persönliche Entscheidung getroffen hat, Jesus Christus als Retter anzunehmen und die Sünde zu lassen.
Die Vertreter dieser These beziehen sich auf Römer 5,12 und 1. Korinther 15,22 und sehen Kinder als einen Teil der Menschheit, die allgemein schuldig ist und die Rettung durch Jesus Christus benötigt. In der Folge ist es von großer Wichtigkeit, Kinder so früh wie möglich über die relevanten Glaubenstatsachen zu informieren und ihnen eine Entscheidung für ein Leben mit Jesus zu ermöglichen. Die kindliche Entwicklung und die erst zunehmende Möglichkeit, die Heilstatsachen zu erfassen, werden in dieser Position weniger stark berücksichtigt. Es besteht die Herausforderung für die Mitarbeitenden, Kinder nicht zu überfordern oder sie zu einer Entscheidung zu drängen.

2. Kinder haben einen Sonderstatus vor Gott. Solange sie Kinder sind, gehören sie zum Reich Gottes und sind gerettet.
Angelehnt an Markus 10,14-15 gehen Vertreter dieser Position davon aus, dass Kinder von Geburt an bei Gott „sicher“ sind. Ergänzend wird Matthäus 18,14 hinzugezogen. Hier macht Jesus deutlich, dass der Vater im Himmel nicht möchte, dass einer „dieser kleinen, unbedeutenden Menschen“ verloren geht. Es ist jedoch möglich, dass Kinder im Laufe ihrer Entwicklung eine Entscheidung gegen Gott treffen. Aus diesem Grund ist die Arbeit mit Kindern eine wichtige Aufgabe. Sie kann jedoch in einer großen Gelassenheit im Blick auf die kindlichen Entwicklungsprozesse geschehen und erfordert keinen Aufruf zu einer bewussten Entscheidung. In eine Beziehung zu Jesus kann eingeladen werden. Sie ist jedoch nicht in erster Linie als rettende Beziehung definiert. Offen bleibt bei dieser Position die Frage, ab wann ein Kind vor Gott verantwortlich ist.

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3. Kinder sind Sünder, bis sie ihren persönlichen Glauben bekennen. Kinder, die früh sterben, sind jedoch nicht verloren. So wie Jesus die Kinder bedingungslos annimmt, sie einlädt und segnet, ist Gott Kindern in seiner großen Güte gnädig, und er vollzieht sein Gericht an ihnen nicht.
Die Vertreter dieser Position beziehen sich auf Markus 10,14-15 und auf Matthäus 18,2-4. Sie gehen davon, dass Kinder erlösungsbedürftig sind, Gott sich aber auf dem Hintergrund ihres Kindseins über sie erbarmt. Auch dieser Ansatz in der Arbeit mit Kindern kann gelassen mit den Entwicklungsprozessen und den Verstehensmöglichkeiten der Kinder umgehen. Kinder werden jedoch alters- und entwicklungsgemäß mit dem Thema „Sünde“ konfrontiert und erhalten die Möglichkeit, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Eine Beziehung zu Jesus wird angeboten. Wo hilfreich, kann auch ein Entscheidungsmoment als Ausdruck eines Bekenntnisses seinen Raum finden.

Der rettende Glaube ist nicht verfügbar

Grundsätzlich ist neben diesen theologischen Positionen zu berücksichtigen, dass Gottes Wege mit Menschen – also auch mit Kindern – sehr individuell verlaufen.
Kinder sind erst im Laufe ihrer Entwicklung in der Lage, zum Ausdruck zu bringen, was sie glauben, und fehlende Worte lassen nicht automatisch auf einen fehlenden Glauben schließen. Außerdem erlebt nicht jedes Kind im Laufe seiner geistlichen Biografie einen Moment der Entscheidung. Viele Kinder mit gemeindlichem Hintergrund wachsen in den Glauben hinein, und vielleicht kommt es erst in späteren Jahren zu einem bewussten Schritt. Andere Kinder treffen eine Entscheidung, weil das in der jeweiligen Gemeindekultur üblich ist, und distanzieren sich später wieder davon. Eine weitere Gruppe von Kindern erlebt ein Entscheidungsmoment aber vielleicht als hilfreichen Schritt auf dem Glaubensweg.
Wichtig ist, sich immer wieder klarzumachen, dass der rettende Glaube in letzter Konsequenz unverfügbar ist. Er entsteht durch Gottes Handeln und entzieht sich dem menschlichen Zugriff.
Daher ist es in der gemeindlichen Arbeit nicht hilfreich, den Glauben von Kindern zu bewerten. Kinder in die Kategorie „bekehrt und gerettet“ oder „nicht bekehrt und nicht gerettet“ einzuteilen, führt aus meiner Sicht am Ziel vorbei.

Glaube als lebenslanger Prozess

Ich verstehe Glauben als einen lebenslangen Prozess und möchte den Kindern Mut machen, diesen Weg zu gehen. Auf dem Weg möchte ich sie begleiten, ihnen Zugänge zu Gottes Wort ermöglichen, Fragen beantworten und sie zu einer persönlichen Beziehung mit Jesus ermutigen. Ich wünsche mir, dass wir miteinander über ihre Zweifel ins Gespräch kommen und wir uns daran freuen, wo wir Gottes Handeln in unserem Alltag erleben. Dabei möchte ich sie in ihren Entwicklungsprozessen wahrnehmen und keine Erwachsenenmaßstäbe anlegen.


Dieser Artikel ist zuerst im Magazin SevenEleven erschienen, das wie Jesus.de zum SCM Bundes-Verlag gehört.

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