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Gottesdienst im Dunkeln: „Wer Ohren hat zu hören…“

Warum setzt man sich bei strahlendem Sonnenschein in einen dunklen, stickigen Raum? Um einen Gottesdienst aus der Sicht eines Blinden zu erleben. Auch so etwas gibt es auf dem Kirchentag.

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Größer hätte der Kontrast kaum sein können: Draußen knallte die Sonne vom wolkenlosen Himmel, drinnen, in der Lutherkirche in Bad Cannstatt, herrschte Dunkelheit. Veranstaltet wurde der Gottesdienst vom Evangelischen Blinden- und Sehbehindertendienst Württemberg. Das Thema "Blindheit" zog sich durch die gesamten Abend. Der Chor sang eine Vertonung des Kirchenliedes "Von guten Mächten wunderbar geborgen" – von einem blinden Komponisten. Der Chorleiter? Ebenfalls blind.

"Das Lied befindet sich im Liederbuch auf Seite… Ach, nein, das bringt Ihnen ja gar nichts." Wie singt man gemeinsam, wenn man kein Licht hat und nicht davon ausgehen kann, dass alle die Lieder auswendig kennen? "Wir machen es jetzt so, wie wir es immer machen: Jede Strophe wird vorgelesen und die Gemeinde singt sie nach."

Abgesehen davon – und der Dunkelheit -, unterschied sich der Gottesdienst liturgisch nicht von anderen. Psalm 23 wurde gemeinsam gebetet, anschließend gab es eine kurze Zeit der Stille zum persönlichen Gebet. Pfarrer Manfred Bittighofer erklärte in seiner Predigt, dass Jesu Botschaft befreie und keine Forderungen an uns stelle. Jesus sei zwar kein Glücksbringer, kein Garant dafür, dass unser Leben gelinge, doch trete er uns auf unserer Suche danach in den Weg und sage: "Kommt alle her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid". Dabei setze er keine Messlatte an und messe uns nicht an unserem Engagement in der Kirche, unserem Verhalten oder unserer Fehlerlosigkeit. Bei Christus gebe es nur den geliebten Menschen. Das sei eine Inklusion, die jeden einschließe und jedem eine Würde gebe. "Sie müssen nicht perfekt werden, das ist das Evangelium, meine Lieben", so der Pfarrer.

Völlig "blind" waren die Besucher übrigens nicht, denn die Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit. Was blieb, war der Eindruck eines gelungenen Beispiels dafür, wie blinde und sehende Christen miteinander Gottesdienst feiern können – und worauf geachtet werden muss. Ein Schritt hin zu einer Inklusion, "die nicht nur Beteiligung ermöglicht, sondern bei der wahrgenommen wird, was Benachteiligung bedeutet", formulierte es Bittighofer.
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Fotos vom Kirchentag finden Sie hier.

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(Quelle: jesus.de)

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