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Heimfinden in Minden: Ein Fresh-X-Projekt in Ostwestfalen

Was machen die Kirchen mit Häusern, die leer stehen? Können sie möglicherweise helfen, den kirchlichen Auftrag in der Welt zu leben? Mit diesen Fragen beginnt das Projekt „Simeons Herberge“, ein Fresh X-Projekt in Westfalen.

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In der oberen Altstadt von Minden an der Weser steht die 700 Jahre alte Simeoniskirche mit einem dazugehörigen 120-jährigen Pfarrhaus. So zentral beide auch liegen: Seit 2003 findet in der Kirche kein Gemeindegottesdienst mehr statt. Während das Pfarrhaus schon viel länger nicht mehr von einem Pfarrer bewohnt wird, verwandelte sich Simeonis 2004 in eine offene Kirche mit unterschiedlichem Kulturangebot.

Darüber, wie die Zukunft von Kirche und Pfarrhaus aussehen könnte, wurde in den folgenden Jahren des Öfteren diskutiert. „Von Jugendkirche über Schülercafé und Geschäftshaus war alles dabei“, sagt Friedrich Kasten, der im Sommer 2013 als neuer Leiter für die Jugendarbeit in den Kirchenkreis Minden kommt. Früh wird er mit der Frage konfrontiert: „Wäre das etwas für die Jugend?“ In den Jahren zuvor hat er die Jugendkirche Soest mitgegründet und aufgebaut. „Da lag es irgendwie nahe, auch in Minden eine solche Arbeit aufzubauen.“ Oder?

Gerade die Selbstverständlichkeit motiviert Kasten, näher hinzuschauen. Er besucht den Kirchraum, befasst sich mit dem Pfarrhaus, besucht die Gemeinden im Umfeld und atmet immer wieder die Atmosphäre dieses besonderen Stadtteils. In Gesprächen mit seinem Team und anderen Mitarbeitenden wird schnell klar: eine Jugendkirche wird es nicht werden. Dennoch fasziniert ihn das vitale Viertel mit seiner durchmischten Kultur und Menschen unterschiedlichster Prägung. Oft fährt Kasten nach der Arbeit mit dem Fahrrad durch die Straßen, spaziert um die Häuser. „Ich habe mich oft gefragt: Müsste Kirche nicht genau hier entstehen – mitten im bunten Treiben des Viertels? Auf den Mauern des Alten?“ Zusammen mit einigen seiner Mitarbeitenden macht er sich auf die Spuren von Fresh X-Projekten, möchte von ihnen lernen, wie unorthodoxes kirchliches Leben aussehen kann. Im Hinterkopf hat Friedrich Kasten immer noch das Pfarrhaus und die Menschen in der oberen Altstadt. Welche Chancen liegen hier?

Neues Leben für alte Orte

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Parallel arbeitet das Team an einer Neuorientierung des Amtes für Jugendarbeit – weg von einer programmatisch aufgestellten Arbeit, hin zu einer Arbeit, die Beziehungen, Mentoring und Kleingruppen unterstützt. Eine erste Folge ist die Umbenennung zu „juenger unterwegs“. Aber auch für die Raumfrage hat das Konsequenzen: „Wir haben gemerkt: Wir brauchen nicht noch mehr Räume für Großveranstaltungen, sondern Orte, die Beziehungsalltag ermöglichen.“

Die Neugierde ist endgültig geweckt: Das Team setzt sich mit Fresh X, missionaler Leiterschaft, emergent church auseinander, wagt den berühmten Blick über den Tellerrand in andere Städte und Länder und entdeckt neue Fragen: Welche Schritte müssen wir gehen, damit die traditionellen Kirchen der Stadt sich öffnen für neue Wege? Wie können wir ein lebensbejahendes Bild Gottes in unserer Stadt zeichnen? Die Sehnsucht nach anderen Wegen zu den Menschen wächst.

Im Sommer 2014 entsteht der Traum für das alte Pfarrhaus. „Wir dachten: Wie cool wäre es, wenn in dem alten Pfarrhaus wieder geistliches Leben einzieht? Am besten in Form von Christen, die im Haus leben und im Stadtteil arbeiten. Noch besser, sie haben Zeit für die Menschen, Zeit zu hören, Zeit zur Begegnung, Zeit, um den Stadtteil zu entdecken mit ihren Menschen und was sie bewegt. In dem alten Pfarrhaus könnte doch ein Ort entstehen, der Gemeinschaft in vielfältigen Formen ermöglicht. Möglicherweise auch noch Begegnung und Impulse von außen. Quasi eine Art Kloster. Ein Anziehungsort mitten im pulsierenden Viertel. Ein Ort, der Frieden, Freiheit und Vertrauen ausstrahlt, von dem die Bewohner der Stadt begeistert erzählen.“

Idee einer modernen Pilgerstätte

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Aus dem Traum wird im Herbst 2014 die erste Vorstellung des Projektes: Die Simeonsherberge. Die Projektidee geht durch die Gremien, die für das Haus verantwortlich sind. Noch ist das Haus befristet an eine Friedensinitiative vermietet. Im Dachgeschoss soll eine Wohnung für eine Person entstehen, ein Ehepaar oder eine WG von Christen, die in dem Projekt arbeiten. In der mittleren Etage werden Mehrbettzimmer gebaut, in denen Reisende, Pilger oder Leute, die zeitweise im Projekt mitarbeiten, wohnen können. Das Erdgeschoss ist für das Herz des Hauses vorgesehen. Hier gibt es eine Küche mit Platz zum gemeinsamen Kochen und Essen und ein Wohnzimmer zum Spielen, Reden, Feiern – mit Verbindung über den Wintergarten nach draußen.

Ist dieser Traum ein Gegenentwurf zu den klassischen Gemeinden? „Das Pfarrhaus soll das Leben der Kirchen ergänzen, nicht ersetzen“, sagt Friedrich Kasten. „Die Kirchen werden als Ort mit eingeschränkten Öffnungszeiten und als Veranstalter wahrgenommen. Eine Herberge wäre einfach eine andere Form von Kirche.“ Mit ihrem Kloster würden sie einen Ort der Stetigkeit schaffen, der rund um die Uhr zur Gemeinschaft und zum Glauben einlädt. Um diese Idee umzusetzen, braucht das Team von „juenger unterwegs“ jetzt noch vier weitere Dinge: Einen Träger, der das Projekt initiiert, begleitet und trägt. Geld, um das Haus entsprechend instand zu setzen und zu gestalten. Geld, für hauptamtliches Personal. Und Mindestens einen Menschen, der sich genau zu dieser Arbeit von Gott berufen fühlt.

Ein Verein wird gegründet

Die Gespräche in den entsprechenden Gremien verlaufen positiv. Die Initiative wird begrüßt. Das Haus stellt der Besitzer gerne zur Verfügung. Nur Geld gibt es keines. Im Frühjahr 2015 steht es fest: Die Initiatoren brauchen einen Verein und externe Gelder. Neben dem Team von „juenger unterwegs“ finden sich Menschen aus der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde, dem CVJM und andere, die das Projekt mit unterstützen wollen. Ein Antrag zur Anschubfinanzierung an die Stiftung „Andere Zeiten“ wird gestellt, um die Personalkosten finanzieren zu können. Im Sommer 2015 wird dann mit acht Personen der Verein „weitere wege“ gegründet – ein Name, der verdeutlicht, dass das Bestehende durch das Neue nicht überflüssig wird. Im Gegenteil: Weitere Wege werden eingeschlagen, damit es möglich wird, mehr Menschen Gott vorzustellen. Ende September wird der Antrag bewilligt. Jetzt geht die Arbeit richtig los.

„Da ist noch ne Menge Arbeit vor uns, wenn wir im Sommer 2016 neues Leben ins Haus bringen wollen“, ahnt Friedrich Kasten. Noch ist nicht geklärt, wie umgebaut wird und wer das bezahlt. Ein gewagter Plan. Eine Idee ist, mit den Menschen aus dem Stadtteil gemeinsam zu renovieren und so gleich in Kontakt zu kommen. „Bisher“, so sagt Friedrich Kasten „sind wir einfach losgegangen und haben nicht alles bis ins letzte überlegt. Bei den meisten Schritten sind wir überrascht, welche Türen Gott schon geöffnet hat. Es ist spannend zu erleben, wie die Puzzleteile zusammenpassen. Darum sind wir gespannt auf die weiteren Wunder, die noch geschehen.“

Eines ist aber jetzt schon sicher: Die Perspektive der Arbeit hat sich verändert. Es geht um die Mission Gottes, Menschen für sich zu gewinnen und darum, wie sich die Christen in Minden in diese Mission hineinnehmen lassen. „Das setzt enorme Kreativität frei.“ Die bestehenden Gemeinden im direkten Umfeld wissen von dem Projekt und begrüßen die neue Form, wie Kirche in der Stadt sichtbar wird. Mit der Stadt Minden sind die Verantwortlichen ebenfalls im Gespräch. Auch von hier gibt es positive Signale und Erwartungen für den Stadtteil, der aus Sicht der Stadtverwaltung nicht leicht zu entwickeln ist. „All das sind gute Voraussetzungen, um im Vertrauen mutig nach vorne zu gehen“, findet Friedrich Kasten. In einem Jahr weiß Minden mehr.
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Wer sich für den weiteren Verlauf des Mindener Projektes interessiert oder gar eine Berufung hört, der kann sich auf der Homepage informieren:


weitere-wege.de

juenger-minden.de

Dieser Artikel ist ursprünglich in Ausgabe 1/2016 von "DRAN NEXT erscheinen (Titelthema "Trotzdem"), dem Magazin zum Selberglauben. Ein lebensnahes Glaubensmagazin für die Generation "dazwischen" – zwischen Abi und Beruf, erster Liebe und Eheglück, Heimatgemeinde und neuen geistlichen Ufern. Kein Magazin FÜR junge Erwachsene, sondern VON jungen Erwachsenen.
DRAN NEXT ist eine Zeitschrift des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.
http://www.juenger-minden.de/

(Quelle: jesus.de)

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