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„Ihr könnt kommen“: Wie 200 Flüchtlinge in einem nord-irakischen Kloster überleben

Etwa einen Meter groß ist das schwarze Kreuz auf der weiß lackierten Stahltür, die in den Hof des Klosters in der Altstadt von Suleymania im kurdischen Norden des Iraks führt. Mehrere kurdische Peschmerga stehen gelangweilt davor. Sie tragen Kalaschnikows und Tarnkleidung. Gekämpft wird hier nicht. Sie stehen hier, um 200 christliche Flüchtlinge vor Terroranschlägen zu schützen.

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Das Kloster gehört zur syrisch-katholischen Gemeinschaft „Mar Musa“. Hausherr ist der gebürtige Deutsche Jens Petzold. Der Ordensmann ist ein Hüne, sein Lächeln genauso einnehmend wie seine Statur. Das Kloster sollte eigentlich – auch mit Mitteln des Internationalen Katholischen Missionswerkes „missio Aachen“ – ein Dialogzentrum werden für den Austausch zwischen Muslimen und Christen, für Toleranz und Verständnis. Doch vor fast zwei Jahren kam ein Telefonanruf dazwischen. Es war eine Frau aus dem rund drei Autostunden entfernten Qaraqosh, einer hauptsächlich von Christen bewohnten Stadt. Die Anruferin hatte gut 200 Menschen bei sich – und die Menschen wussten nicht wohin. Qaraqosh war tags zuvor gefallen. Die Terrormiliz des sogenannten „Islamischen Staates“ hatte am Nachmittag mit Mörsergranaten angegriffen, dann folgten Soldaten. Die Bewohner flohen Richtung Erbil und strandeten im Nichts. Pater Jens Petzold sagte der Anruferin damals nur eines: „Ihr könnt kommen!“

Seitdem leben die Menschen aus Qaraqosh bei Pater Jens. Zuerst in der Kirche, in den Fluren, im Salon, in der Bibliothek – überall im Kloster. Den Familien wurden winzige Parzellen zugeteilt, die durch Stoffbahnen abgetrennt waren. Auf so engem Raum gerieten die Flüchtlinge unter Stress. Pater Jens suchte eine Lösung. Nun leben seit einigen Wochen rund 100 Flüchtlinge in Containern nahe dem Kloster, für die anderen 80 wurden Wohnungen angemietet. „Der Lagerkoller ist jetzt zum Glück beendet“, sagt Pater Jens. Dies habe er sofort an den Gesichtern der Menschen gesehen, als die Familien ihre eigenen Räume bezogen.

„Eine menschliche Tragödie“

„Pater Jens ist gut zu uns, er hat uns alles gegeben, was wir brauchen“, sagt Julian. Der 21-Jährige sitzt in einem karg eingerichteten Raum und sieht zu dem Mann herüber, der im Türrahmen steht. Es ist Prälat Klaus Krämer, Präsident von „missio Aachen“. Er besucht das Projekt von Pater Jens. Er will mit Pater Jens ausloten, welche Projekte für die Flüchtlinge noch unterstützt werden könnten. „Die persönlichen Schicksale, die ich hier erlebe, sind deprimierend. Das Menschen, die vor der Vertreibung ja ein gutes Leben führen konnten, müssen sich hier jetzt auf neun Quadratmetern einrichten, das ist schon eine menschliche Tragödie“, beschreibt der Prälat Krämer seine Eindrücke. „Von den rund 60 Millionen Flüchtlingen weltweit kommen ja nur rund fünf Prozent nach Europa, die anderen Flüchtlinge müssen im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika und Asien versorgt werden“, so Krämer weiter. „Unsere kirchlichen Partner wie Pater Jens leisten hier Erstaunliches, sie tragen die Hauptlast der weltweiten Flüchtlingskrise, das darf angesichts der Debatten in Europa um die Flüchtlinge nicht vergessen werden, darauf machen wir immer wieder aufmerksam.“

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Prälat Krämer und Pater Jens gehen von einem Container in den nächsten, immer umringt von Kindern, die dem Priester auf Schritt und Tritt folgen. „Wir können die Kinder nicht immer in diesem kleinen Quartier einfach nur so spielen und umher laufen lassen, wir müssen spätestens alle zwei Tage Programm mit ihnen machen – sonst machen die etwas mit uns“, lacht Pater Jens. Mit den Eltern habe er die Vereinbarung getroffen, dass alle Kinder in die Schule gehen müssen. Es gibt ein kleines improvisiertes Theater in dem Containerdorf, und, „wir gehen auch schon mal ins Kino“, so Pater Jens. Demnächst steht „Supermann“ auf dem Spielplan. Pater Jens verhehlt nicht, dass diese Form der Freizeitgestaltung nicht allein den Kindern Spaß macht.

Ein neues Gemeindehaus entsteht

Oberhalb der Kirche steht ein Rohbau, der Ende des Jahres fertiggestellt sein soll. Jens Petzold klettert mit seinem Gast aus Aachen über einen ein Meter hohen Vorsprung hinein. „Hier entsteht unser neues Gemeindehaus. Das ist wichtig, weil durch die Flüchtlinge viel mehr Christen hier sind“, sagt Pater Jens. Das Gebäude soll Zentrum der Gemeindearbeit werden. Gleichzeitig sollen junge Flüchtlinge hier eine Berufsausbildung bekommen, damit sie eine Perspektive erhalten.

Pater Jens und Prälat Krämer treffen sich am Abend zum gemeinsamen Gottesdienst mit den Flüchtlingen im Kloster. Danach wird über die Zukunft gesprochen. Die beiden verbinden der Glaube und die Vision, auch das ursprünglich geplante Zentrum für den Dialog zwischen Christen und Muslimen doch noch Wirklichkeit werden zu lassen. „Dialog gehört zur Mission unbedingt dazu“, sagt Krämer. „Wir wollen verstehen. Es ist viel Leid über die Menschen gekommen und es ist wichtig zu zeigen, dass die friedensstiftende Kraft der Religionen die stärkere Kraft ist, die es zu festigen gilt“, glaubt Prälat Krämer. Pater Jens nickt.

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Link: missio

Diese Reportage von Dirk Planert wurde uns vom katholischen Missionswerkl „missio“ zur Veröffentlichung überlassen.

(Quelle: missio)

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