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Kneipe statt Kirche: Glaubensgespräche mit Pater Krupa

Die Menschen, die an diesem Abend in der Berliner Kneipe „Gagarin“ sitzen, sehen sich zum ersten Mal. Was sie verbindet: Der Wunsch, gemeinsam über ihren Glauben zu sprechen.

Von Julia Bernewasser (epd)

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„Vielleicht ist Gott ja manchmal genauso ahnungslos wie wir.“ Es ist ein warmer Berliner Sommerabend, als dieser Satz fällt. Bier, Wein und Saftschorlen stehen draußen auf den Tischen einer Kneipe im Prenzlauer Berg. Die Gäste plaudern über ihren Tag, die Arbeit, die Familie. Feierabend-Atmosphäre. Doch an dem Tisch, an dem über Gott geredet wird, sehen sich die meisten an diesem Abend zum ersten Mal. Was sie verbindet: Der Wunsch, gemeinsam über ihren Glauben sprechen zu können.

Juri Gagarin (Bild:
© epd-bild / Keystone)

Seit zwei Jahren lädt Pater Ryszard Krupa vom katholischen Herz-Jesu-Kloster im Prenzlauer Berg einmal im Monat zu einem gemeinsamen Kneipenabend ein. Krupa – nicht besonders groß, Brille, warmes Lächeln – hat sich für diese Treffen nicht ohne Grund die „Bar Gagarin“ ausgesucht. Der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin war 1961 als erster Mensch in den Weltraum geflogen. Auf die Frage, ob er Gott gesehen habe, soll er geantwortet haben, dass er ihn gesucht, aber nicht gefunden habe.

„Das passt doch gut“, findet Krupa. Zu seinen Kneipenabenden ist jeder eingeladen: Suchende genauso wie überzeugte Christen, Studierte und Arbeiter, Alteingesessene und Neu-Berliner, Menschen jeden Alters. Krupa selbst lebt seit fünf Jahren in Berlin und ist gebürtiger Pole. „Sieht man vielleicht nicht, aber hört man“, sagt er und lacht. Er ist einer von rund 50 Brüdern in Deutschland, die zur Ordensgemeinschaft der Herz-Jesu-Priester gehören, gegründet 1878 vom Franzosen Leo Dehon.

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An diesem Abend haben neun Frauen und Männer den Weg zu Pater Krupa gefunden. Zwischen Anfang 30 und Mitte 70 sind sie. Manche waren schon mal da, andere sind das erste Mal gekommen. Gerade als sich alle hingesetzt haben, die Getränke auf dem Tisch stehen und Krupa seine mitgebrachten Zettel verteilen will, kommen noch drei weitere Gäste.

Krupa schaut rüber, überlegt kurz, steht dann auf und ruft voller Begeisterung: „Ist das nicht der Jakob?“ Ja, er ist es. Jakob Ballestrem kommt mit seinen Freunden zwar zum ersten Mal her, dennoch kennen sich die beiden, da Krupa seine Tochter am Wochenende taufen wird. Der 31-Jährige ist eigentlich Mitglied bei den „Jungen Maltesern“, die sich ebenfalls einmal im Monat treffen. „Ich hoffe hier auf ein paar geistige Impulse“, sagt der 31-Jährige.

Gesprächsthemen an diesem Abend: die Gleichnisse vom Wachsen der Saat und dem Senfkorn aus dem Markusevangelium (Bild: epd-Bild / Rolf Zoellner).

Schließlich geht es mit zwei Gleichnissen aus dem Markusevangelium los, dem Gleichnis vom Wachsen der Saat und dem vom Senfkorn. Pater Krupa lässt den Frauen und Männern ein paar Minuten Zeit zum Lesen, dann will er wissen: Wie wirkt der Text? Welche Gedanken kommen Ihnen in den Sinn? Nachdenkliche Blicke. Schließlich traut sich eine junge Frau: „Wir können noch so viel tun, wenn wir nicht Gottes Segen haben.“

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Jemand anderes meldet sich zu Wort: „Aber wie kriegen wir den?“. „Durch gute Taten vielleicht?“, kommt es als Vorschlag zurück. „Aber das reicht doch nicht“, wirft der Nächste ein. „Der Bauer kann noch so viele gute Taten tun und dann gibt es trotzdem eine große Dürre und seine Ernte ist zerstört.“ Pater Krupa hört aufmerksam zu, schaltet sich hin und wieder ein, wenn Nachfragen oder Pausen entstehen. Interpretationen der Texte werden geteilt, gemeinsam Ideen weitergesponnen.

Melanie Lewis und ihr Mann Jean-Marc sind seit Beginn der Kneipenabende fast immer dabei. Melanie Lewis schätzt es, sich hier auf „neutralem Boden“ unterhalten zu können. Keine Kirche, kein Gemeindesaal. „Wir gehen eigentlich regelmäßig in den Gottesdienst. Aber unser Pfarrer dort ist uns zu oberflächlich. Es fehlt an Überzeugung und Leidenschaft.“

Der Kneipenabend mit Pater Krupa ist für sie eine Alternative. „Hier kann jeder sagen, was er will. Hier sind wir mittendrin.“ Es geht ihnen auch um die Frage: Wie passt das, was wir in der Bibel lesen, zu unserem eigenen Leben und Glauben?

Bibel
Foto: thinkstock

Irgendwann später am Abend – als alle Gedanken vorgetragen, Vergleiche gezogen, Ansätze entwickelt und manchmal doch wieder verworfen wurden – fällt einem in der Runde der letzte Vers auf. Jesus habe seinen Jüngern die Gleichnisse erklären müssen, steht dort. Auch Jakob Ballestrem verwundert das: „Wenn die seine Worte nicht von alleine verstanden haben, wie sollen wir sie dann verstehen?“, fragt er sich. Pater Krupa lächelt und sagt: „Also mich beruhigt das. Wir sind nicht die Einzigen, die ihn manchmal nicht verstehen.“ Die Runde lacht. Darauf ein Bier!

Am Ende des Abends hat Krupa dann aber doch noch eine Botschaft für die Frauen und Männer. Eine Botschaft, die er aus den Gleichnissen zieht. „Der Bauer kann nicht darüber entscheiden, ob er für seine Saat den nötigen Regen bekommen wird. Wir möchten heute alles in unseren Händen haben. Aber es hängt nicht immer alles von uns ab.“

Krupa schaut in die Runde, dann fährt er fort: „Vielleicht sollten wir mehr auf Gott vertrauen.“ Nachdenkliches Schweigen in der Gruppe. Bis schließlich doch noch jemand etwas einwendet: „Gibt es da nicht auch Beispiele in der Bibel, die genau das Gegenteil sagen?“ Pater Krupa lächelt. Gesprächsstoff für die nächsten Male geht dieser Runde so leicht nicht aus.

Quelleepd

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