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Kofi Annan: „Frieden zu schaffen beginnt bei jedem Einzelnen“

„Die Welt ist aus den Fugen – Wer übernimmt Verantwortung in Krisen und Konflikten?“ Über dieses Thema diskutierten der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Bischof Nick Baines (GB) vor mehr als 10.000 Zuhörern in der vollbesetzten Schleyerhalle. Die bemerkenswerteste Antwort hatte der englische Bischof zu bieten.

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Annan unterstrich, dass höhere Zäune und Mauern keine Lösung für das Flüchtlingsproblem sein könnten. In Zeiten der Globalisierung sei eine Abschottung einzelner Staaten nicht länger möglich. „Die Migration von Menschen aus Krisengebieten ist nicht zu stoppen.“ Sie müsse daher „gemanaged“ werden. Der Friedensnobelpreisträger lobte ausdrücklich Deutschlands Aufnahmebereitschaft und bat eindringlich, „diesen Weg der Menschlichkeit weiter zu gehen.“ Erst Solidarität mache uns menschlich.

Internationale Institutionen wie die Vereinten Nationen, Weltbank und der Internationale Währungsfonds müssten dringend reformiert werden, da sie noch in den alten Strukturen der Nachkriegszeit verhaftet seien. Was die internationalen Konflikte betreffe, könne heute niemand mehr behaupten, nichts davon gewusst zu haben, so Annan. „Gewalttaten und Terrorismus sind überall in den Medien präsent.“ Auch jeder Einzelne könne etwas bewirken: „Werden Sie aktiv in ihrer Stadt, sehen Sie nicht weg, wenn Unrecht geschieht.“ Selbst ein Genozid beginne mit dem Mord an einem einzelnen Menschen.

Klug ist es, aus dieser Welt einen friedlicheren und gerechteren Ort zu machen“

Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, dass er sich in seinem Leben an keine Zeit mit so vielen internationalen Krisen und Konflikten erinnern könne. „Klug ist es, aus dieser Welt einen friedlicheren und gerechteren Ort zu machen“, betonte er in Anspielung auf das Motto des Kirchentags. Gute Außenpolitik könne dem Frieden dabei auf die Sprünge helfen, aber Resolutionen allein reichten dafür nicht aus. Frieden müsse „erarbeitet werden.“ Deshalb werbe er für eine aktive Rolle Deutschlands bei der Bewältigung internationaler Krisen. „Wegschauen ist keine Option“, sagte der Außenminister unter lautem Beifall. „Als Christenmenschen tragen wir Verantwortung für unser Handeln, genauso wie für unser Nichthandeln.“

In Ausnahmefällen, so wie bei den kurdischen Peschmerga-Kämpfern, sei dabei auch die Lieferung von Waffen nicht auszuschließen. Steinmeier hatte anfangs zu den Kritikern gezählt, seine Meinung jedoch nach mehreren Besuchen im Nordirak geändert. „Ich habe dort mit den Menschen gesprochen. Sie wurden verfolgt, Frauen vergewaltigt, viele hingerichtet. Wäre es da nicht zynisch gewesen, ihnen nur eine Decke und eine Verpflegungsration anzubieten?“ Aber militärische Einsätze müssten die Ausnahme bleiben. „Ich wünschte mir, wir hätten mehr aus dem Krieg im Irak gelernt“, sagte Steinmeiner unter dem Beifall der Besucher. „Wenn man eine bestehende Ordnung zerstört, dann muss man wissen, wie es danach weitergehten soll.“

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„Verantwortung für den Frieden zu übernehmen ist nie einfach“

Trotz aller Krisenherde gebe es kleine Zeichen der Hoffnung, so der Bundesaußenminister, zum Beispiel das Minsker Abkommen in der Ukraine – obwohl nicht einmal der Waffenstillstand dort konsequent eingehalten werde. Darum gelte es, nicht aufzugeben und weiterzumachen. So klein die Schritte oft auch sein mögen. Verantwortung für den Frieden zu übernehmen sei „nie einfach, immer riskant und nie von schnellen Erfolgen gekrönt“, unterstrich der Außenminister.

Im Hinblick auf den extremen Terror von Gruppen wie dem „Islamischen Staat„, Boko Haram oder Al-Shabaab, erklärten sowohl Annan als auch Steinmeier, dass Gewalt allein keine Lösung sei. Man müsse die Probleme an der Wurzel angehen. „Mich besorgt auch, dass sich nicht nur junge Menschen in Syrien, dem Irak oder Nordafrika radikalisieren, sondern auch hier in Deutschland und Großbritannien.“ Dies, so Steinmeier, lasse ihn ratlos zurück.

„Christus nachfolgen“

„Die Kirchen müssen denjenigen eine Stimme geben, die keine Stimme haben,“ unterstrich Bischof Nick Baines. „Auch dann, wenn es unbequem ist.“ Und es sei sicher besser, wenn sie nicht „zu eng“ mit der Politik verbunden seien, so wie es in der Ukraine oder Russland der Fall sei. Dort spreche die Kirche dementsprechend auch nicht mit einer Stimme.

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Auf die Frage, was der Einzelne gegen die Krisen dieser Welt tun könne, lautete die schlichte Antwort des Bischofs: „Christus nachfolgen“. Dafür gab es lauten und anhaltenden Beifall vom Publikum. „Christus nachfolgen und daraus die Konsequenzen ziehen. Jeder ist dafür verantwortlich, Frieden zu schaffen.“
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Fotos vom Kirchentag finden Sie hier.

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(Quelle: jesus.de)

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