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Krippenspiel: Ufos im Heiligen Land, Reporter vor dem Stall

Hirten mit zerlumpten Umhängen, Könige mit Fernrohren und glitzernden Kronen wuseln schon bald wieder durch unzählige deutsche Kirchen. Und viele kleine Engel in weißen Hemden mit angehefteten Flügeln rühren Eltern und Großeltern zu Tränen.

Von Karsten Packeiser (epd)

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Nicht überall wird das Krippenspiel mit so viel Aufwand einstudiert wie in der evangelischen Kirchengemeinde in Frankfurt-Bockenheim. Dort machen über 70 Kinder und Jugendliche vom Kindergarten- bis zum Konfirmandenalter mit. Angeleitet werden sie von einer ausgebildeten Regisseurin. «Es gibt echte Schafe und einen Esel», berichtet Gemeindepfarrerin Pia Baumann. Auch bei bescheidenerem Aufwand gilt: Alle Jahre wieder sind voll besetzte Kirchenbänke garantiert, wenn Kinder die Weihnachtsgeschichte nachspielen: Die Krippenspiel-Gottesdienste an Heiligabend zählen zu den am besten besuchten kirchlichen Veranstaltungen überhaupt.

Das dürfte vorerst auch so bleiben, denn die Tradition ist so populär wie eh und je. An interessierten Mitspielern herrscht kein Mangel. In Frankfurt-Bockenheim ist es sogar eher umgekehrt – die Verantwortlichen müssten regelmäßig neue Rollen für die Weihnachtsgeschichte dazuerfinden, um alle jungen Darsteller zu versorgen. «Wir haben inzwischen aufgehört, Werbung zu machen», sagt Baumann. Wegen des riesigen Andrangs findet das Krippenspiel seit einigen Jahren auch gar nicht mehr in der Kirche, sondern auf dem Platz davor statt. Ein benachbartes Café schenkt dann Glühwein an die Besucher aus.

Ursprünglich reines Volkstheater

Was auf den ersten Blick ungewöhnlich wirkt, ist ziemlich nah am historischen Ursprung. «Lange Zeit waren Krippenspiele reines Volkstheater und wurden meistens auf den Marktplätzen aufgeführt», sagt Uwe Hausy, hauptamtlicher Referent für Spiel und Theater bei der hessen-nassauischen Landeskirche (EKHN). Mit der Kirche hätten sie anfangs gar nichts zu tun gehabt.

Hausy berät Kirchengemeinden – und er schreibt jährlich selbst neue Stücke. In jüngster Zeit erlebt er, dass häufiger Krippenspiele für kleinere Gruppen nachgefragt werden. Die Zeiten, in denen sich immer und überall 25 oder mehr Mitwirkende finden, sind dann doch vielerorts vorbei. «Wo es schwierig wird, mache ich Mut, Erwachsene mit einzubeziehen», sagt der EKHN-Krippenspiel-Experte.

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Die Weihnachtsgeschichte, in der ein Ufo auftaucht, eine Sondersendung mit Live-Schalte zur glücklichen Maria in den Stall, Weihnachten aus der Sicht der Ratten und Spatzen von Berlin – das alles hat es schon gegeben. Wenn der Stoff Bezug auf die Weihnachtsgeschichte nehme und eine Botschaft vermittele, sei es zweitrangig, ob es sich um eine klassische Aufführung oder eine moderne Bearbeitung des Themas handelt, findet Hausy: «Ochs und Esel stehen auch in keinem Bibeltext. Aber er sagt auch: »Wenn es nur süß ist, reicht mir das nicht.«

„Krippival“

Die wohl größte Sammlung verschiedenster Krippenspiele bundesweit – mit inzwischen über 1.300 Vorlagen – bietet die Sächsische Landeskirche über das Internetportal www.spieltexte.de an. Der zuständige Referent im Landesjugendpfarramt, Lars Gustav Schwenzer, hat die Erfahrung gemacht, dass manche Gemeindegruppen ein wenig traurig sind, wenn sie ihre einstudierten Stücke nur einmal aufführen können. Deshalb gibt es in Sachsen mittlerweile seit 13 Jahren das »Krippival«-Festival, bei dem Gemeinden sich Anfang Januar noch einmal zur »Lange Nacht der Krippenspiele« treffen.

2020 findet die Veranstaltung in der in Krippenspiel-Angelegenheiten besonders aktiven Versöhnungskirche in Dresden statt. »Die machen ein Jahresprojekt daraus«, erzählt Schwenzer. »Die Vorbereitungen für die Weihnachts-Aufführung haben dort Anfang Januar angefangen.«

Uwe Hausy beobachtet, dass sich zurzeit viele Gemeinden auf eine eher traditionelle Version des Krippenspiels besinnen – nicht ohne Grund: »Man kann nicht mehr voraussetzen, dass die Leute die Weihnachtsgeschichte kennen.“ Dabei sei es noch gar nicht lange her, das auch hochpolitische Anliegen wie die der Anti-Atomkraft- oder Friedensbewegung ganz selbstverständlich in die Heiligabend-Aufführungen eingebaut wurden. Heute gebe es mehr Vorbehalte, ob so etwas wohl gut ankomme.

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Tatsächlich ist das mit Politik und Weihnachten so eine Sache. Legendär wurde der Schildbürgerstreich der Stadtverwaltung von Worms, die 2014 ein Krippenspiel über die Flucht von Jesus, Maria und Josef nach Ägypten auf dem örtlichen Weihnachtsmarkt verbieten ließ. Die Bürger der rheinland-pfälzischen Stadt sollten ungestört ihren vorweihnachtlichen Bummel durch die Fußgängerzone unternehmen können, ohne durch die Probleme von Flüchtlingen belästigt zu werden.

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