Verlag: Francke Buchhandlung
Seitenzahl: 384
ISBN: 978-3-86827-667-1

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Lisa Wingate: Der Ruf des Meeres

Im Mittelpunkt des Romans „Der Ruf des Meeres“ steht ein altes Herrenhaus, das „Excelsior“, das eine Zeitlang als Hotel im Küstenstädtchen Manteo auf Roanoke Island gedient hat. Hier findet die Erbin Whitney alte Briefe, die von der Schwester ihrer Großmutter verfasst wurden. Einer Frau, von deren Existenz sie bislang jedoch nicht einmal etwas wusste. In ihnen erzählt die noch junge Alice, wie sie zum „Federal Writers Project“ gestoßen ist und sich nun mit ihrer kleinen Tochter und einem Begleiter in die Berge aufmacht, um dort Einheimische zu interviewen. Ihre Erlebnisse sind so eindrücklich geschildert, dass sie nicht nur Whitney, sondern auch die Leser(innen) dieses Buches sofort in ihren Bann ziehen. Die Autorin lässt hier mit eindringlicher Sprache ein interessantes Kapitel der amerikanischen Geschichte lebendig werden, in dem sogar Themen wie Rassendiskriminierung und Gesellschaftskritik mit einfließen.

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Die Rahmenhandlung der „Jetzt-Zeit“ – warum Whitney überhaupt in das Haus ihrer Großmutter zurückkehrt, was sie dort sucht und welche Probleme ihr dabei begegnen – ist im Gegensatz dazu leider nicht so spannend beschrieben, sondern wirkt (trotz vorhersehbarer Romanze) leidenschaftslos und allzu konstruiert. Auch der Charakter der Protagonistin überzeugt nicht. Es ist zu unwahrscheinlich, dass eine ehrgeizige und bisher erfolgreiche Geschäftsfrau so unentschlossen und naiv denkt und handelt.

Der christliche Glaube wird in diesem Buch fast nur in Nebensätzen und auf eine sehr schwammige Art und Weise erwähnt. Das macht es einerseits zu einem Frauenroman, den man auch gerne als nette Unterhaltung an eine ungläubige Bekannte weitergibt, aber nicht wirklich als christliche Literatur betrachtet werden kann. Die Rolle des Retters fällt nicht Jesus Christus zu, sondern dem (natürlich sehr attraktiven) Mann, der am Ende auf zauberhafte Weise alles in Ordnung bringt. Whitney bleibt nur ein staunendes „ich weiß nicht, wie er es angestellt hat“ zu sagen – eine allzu billige Lösung der komplizierten Probleme, welche die Protagonistin doch so intensiv beschäftigt hatten.

„Der Ruf des Meeres“ bildet zwar den dritten Teil der sogenannten „Carolina Chronicles“ von Lisa Wingate, ist aber eine eigenständige Geschichte, die auch ohne die Vorgängerbücher „Jolas Briefe“ und „Die Hüterin der Geschichten“ problemlos verständlich ist.

Von Karin Engel

Leseprobe: Der Ruf des Meeres

ZUSAMMENFASSUNG

"Der Ruf des Meeres" ist ein flüssig zu lesender Frauenroman auf zwei Zeitebenen. Während Alices Briefe die Leserin auf packende Weise in das Amerika der 1930er Jahre entführen, kann die in der Gegenwart angesiedelte Selbstfindungsstory von Whitney nicht überzeugen. Der christliche Glaube spielt in diesem Werk höchstens eine untergeordnete Rolle.
"Der Ruf des Meeres" ist ein flüssig zu lesender Frauenroman auf zwei Zeitebenen. Während Alices Briefe die Leserin auf packende Weise in das Amerika der 1930er Jahre entführen, kann die in der Gegenwart angesiedelte Selbstfindungsstory von Whitney nicht überzeugen. Der christliche Glaube spielt in diesem Werk höchstens eine untergeordnete Rolle.Lisa Wingate: Der Ruf des Meeres