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Luther-Oper: Das Kreuz mit der Kirche, der Liebe und der Uraufführung

Das Theater in Hof wagte mit der Luther-Oper einen historischen Sprung. Ob die Musik von Roland Baumgartner und das Libretto von Rolf Rettberg auch den Spagat zu den Zuschauern schaffen werden, wird sich noch zeigen. Das Publikum am Abend der Weltpremiere klatschte zwar lange, aber andächtig.

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 “Was wird aus der Liebe, werde ich ein Mönch?” Martin Luther, zumindest in der Inszenierung der Oper von Regisseur Uwe Drechsel, vergisst eines nie: Mensch zu sein. Ein Gewitter auf freiem Feld überrascht ihn. Es streckt ihn gar nieder und entlockt ihm das Versprechen, Mönch zu werden. Auf der Bühne mit halbwegs einfachen Licht-Effekten eingefangen, wirkt der Luther-Darsteller Thomas Rettensteiner gleich in der ersten Szene siegreich. Das Vorrecht des überzeugten und starken Mannes behält er bei bis zum Schluss. Die Glaubenszweifel werden in dem gut zweistündigen Epos zwar beleuchtet, mitunter gut und gütig beschienen, an Kraft verliert der Reformator indes nie.

 Mit der Liebe ist es ein seltsames Spiel. Gleich nach der Gewitter-Szene, in der Luther in seiner Todesangst die Heilige Anna (Yelda Kodalli) samt fünf weiterer Schutzheiligen anruft, erscheint Katharina von Bora (Ingrid Katzengruber). Von ihrem Vater wird sie als Novizin in ein Kloster gebracht. Abgeschoben, möchte man sagen, denn bezwungen wird sie dort nicht. Unbeugsam liebt sie die Freiheit mehr als alles andere und federt dieser nach – bis zum Ausbruch aus den dicken Klostermauern. Dabei nimmt sie gleich noch ein paar Frauen mit. Emanzipiert legen sie den Schleier ab, schütteln das Haar und heben das Röckchen. Sie ähneln, mit frechem Hüftschwung im grell-bunten Scheinwerferlicht, schon arg den freiwillig komischen Nonnen aus “Sister Act”.

 Seriös und stramm reist Martin Luther weiter nach Rom. Weich gezeichnet und beinahe lieblich arrangiert wirken die Bettler, Prostituierten und Kranken. Letztere rollen, wenn´s sein muss, tief gebeugt auf einem Skateboard daher. Es fehlt ein wenig der Kontrast zu dem verschwenderischen Papst Leo X. samt der Schweizer Garde und dem Künstler Michelangelo. Letzterer soll für den Pontifex den neuen Petersdom erbauen. Zwischen all dem Tumult treibt der Ablasshändler seine Blüten. Die Scheine in einem Bauchladen umgehängt. Fugger, umgeben von Balletttänzern, zelebriert den Prunk auf Pump. Maria, eine Jüdin, sieht drohendes Unheil herauf ziehen. Alles in allem zeigt sich Rom dem Publikum als ein rauschendes, teils narrendes Kostümfest.

 Chronologisch reiht sich das Leben Luthers Szene für Szene aneinander. Der Fokus bleibt dabei auf das Große und das Ganze gerichtet: Der Anschlag der Thesen an der Wittenberger Schlosskirche, der Reichstag zu Worms, die Entführung auf die Wartburg und schließlich die Übersetzung der Bibel in die deutsche Sprache. Hier übrigens vollzieht sich der einzige Bruch in der Ausstattung: Im Nadelstreifenanzug und mit einem Geldköfferchen in der Hand erscheint der Teufel (Thilo Andersson) in der Zelle Luthers. Er erscheine in vielerlei Gestalt, sagt er von sich selbst. Und bietet Luther Geld, damit alles so bleibt, wie es ist. Nur ja keine Veränderung, nicht einmal Blut vergießen will er. Am Ende der Oper ist er es, der von den Zuschauern den meisten Applaus erhält.

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 Neoromantisch, so war die Oper angekündigt. Barbara (Yelda Kodalli, Sopran), das menschliche Adäquat zur Heiligen Anna, wäre auf dem Scheiterhaufen verbrannt, hätte Luther sie nicht gerettet. Heldenhaft lässt Luther sie vom Reisig abbinden. Die Bauern, mit lodernden Fackeln, bereiten ihm den Weg. Und noch einmal steht Luther im Lichtkegel unter knorrig starrem Holz und sternenklarem Himmelszelt: Als ein Bauernjunge stirbt. Erst von Tetzel und den Soldaten gefoltert, schließt der Junge in den Armen von Katharina von Bora für immer die Augen. Nach dem Tod des Buben begegnet die entlaufene Nonne von Bora dem jungen Martin Luther wieder.

 Die Heiligen zürnen, als Martin Luther und Katharina von Bora einen gemeinsamen Hausstand gründen. In der Schlussszene dann, endlich, findet Luther eine Antwort auf die Frage, was denn mit der Liebe sei. Mit den Händen fassen beide das Kreuz und bekennen sich zueinander. Daneben steht noch immer der Tod. Die Menschen, versucht und verdorben, brauchen Erlösung. Das Kreuz und die Liebe sind es, die zum fantastischen Finale die unter dem Tod stöhnenden wieder aufstehen lässt. Romantisch ist diese Inszenierung schon. Und doch wahr: Der Grund allen Seins, der Antrieb jeder Reformation und das Sinnbild des Lebens ist die heilende Kraft der Liebe.
Einzig der Applaus am Schluss hätte stürmischer ausfallen dürfen. Dann wäre der Abend perfekt gewesen.

(Quelle: jesus.de)

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