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Macht hoch die Tür: Ein Herz für „U-Boot-Christen“

Heiligabend tauchen sie in unseren Kirchen auf: die „U-Boot-Christen“, wie einer meiner Freunde sie scherzhaft zu nennen pflegt; Menschen, die regelmäßig zum Gottesdienst kommen – genau einmal pro Jahr, am 24. Dezember. Wie sollen wir mit ihnen umgehen? Eine persönliche Geschichte mit Fremdschäm-Faktor.

Von Daniel Wildraut

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Es muss an einem Heiligabend Mitte der 80er-Jahre gewesen sein. Ich war jung, geistlich etwas ungestüm mit zuweilen pharisäerhaften Tendenzen. Eine Dame mit edlem Mantel setzte sich vorne rechts in die zweite Reihe. Ein typisches „U-Boot“-Exemplar. Was sie offenbar nicht wusste: Dort saßen in unserer Kirche immer die Jugendlichen. Drei, manchmal auch vier Bänke gehörten „uns“. Und so war die Besucherin nach kurzer Zeit eingerahmt von Teenagern in Jeans und Nikki-Pullovern. Sonderlich wohl schien sich die Dame dabei nicht zu fühlen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, was ich damals dachte: „Das geschieht ihr recht!“.

Diese Begebenheit war symptomatisch für das Selbstverständnis, das wir als junge Christen in unserer Gemeinde damals hatten. Wir waren missionarisch geprägt, offen für Suchende und Fragende – aber strikt in unseren Einstellungen. Traditions-Christentum und Religiosität lehnten wir ab. Wer nur einmal pro Jahr im Gottesdienst auftauchte, der gehörte nicht zu „uns“. Frei nach Lukas 18,11: „Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie jene U-Boot-Christin.“ Punkt.

„Es ist nicht unsere Aufgabe sie zu beschimpfen“

Es mag zwei, drei Jahre später gewesen sein, da kam ich über dieses Thema mit einem Pfarrer ins Gespräch. Was er mir erklärte, ich gebe es sinngemäß wieder, erschütterte den Pharisäer in mir: „Daniel, es kann gut sein, dass für viele Menschen der Kirchgang am Heiligabend nur eine Tradition ohne Inhalt ist. Aber Gott schickt uns diese Menschen. Es ist nicht unsere Aufgabe sie zu beschimpfen. Wir haben ihnen die gute Nachricht von Jesus Christus zu verkünden und zum Glauben einzuladen! Darin besteht unsere Verantwortung.“ Das saß.

„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; es kommt der Herr der Herrlichkeit“, heißt es in einem bekannten Adventslied, das Georg Weissel geschrieben hat. An Weihnachten feiern wir, dass Gott Mensch geworden und uns dadurch ganz nah gekommen ist. Lasst uns die Türen, innere wie äußere, nicht nur für Christus öffnen, sondern auch für die Menschen, die er uns anvertraut hat. Dazu zählen auch die „U-Boot-Christen“. Und wenn wir ihnen die gute Nachricht verkünden, dann bucht der ein oder andere von ihnen vielleicht im kommenden Jahr eine „Kreuzfahrt“.


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