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Kommentar: Meinungsstreit oder Christenverfolgung?

Oft haben Christen den Eindruck, dass ihre Positionen weder zeitgemäß noch mehrheitsfähig sind, fühlen sich ausgegrenzt oder sogar verfolgt. Doch ist dieses Gefühl gerechtfertigt? Ein Kommentar von Uwe Heimowski.

Wenn ein Mensch sein Kind schlägt, dann ist das Kindesmisshandlung. Und Kindesmisshandlung ist strafbar. Wenn ein Christ sein Kind schlägt und dabei Sprüche 13,24 zitiert: „Wer seine Rute schont, der hasst seinen Sohn“, dann ist das ebenfalls Kindesmisshandlung, und ebenfalls strafbar. Da kann er sich auf seinen Glauben berufen, solange er will.

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Differenzierung ist unerlässlich

Wenn ein Mitarbeiter seine Arbeit nicht macht, weil er während der regulären Arbeitszeit längere Gebetszeiten einbaut, dann kann er sich gegenüber seinem Chef, der ihn bittet, die Zeit nachzuarbeiten, nicht darauf berufen, dass er die geschützte Freiheit besitze, seiner Religion nachzugehen. Das darf er zwar tatsächlich am Arbeitsplatz – aber in den Pausen.

Wenn jemand abfällig über Homosexuelle redet, dann ist das eine billige Ausrede, sich auf die Bibel zu berufen und über eine Einschränkung der Meinungsfreiheit zu lamentieren. Und wenn dabei hundertmal ein Lebensstil als sündig ausgemacht wird, ist es doch niemals ein Ausdruck des Glaubens, Menschen zu beleidigen. Lesben und Schwule nicht, und Politiker übrigens auch nicht.

Wenn Christen sich weigern, ihre Kinder in die Schule zu schicken, weil ihnen der Lehrplan nicht gefällt, dann drohen ihnen Ordnungsstrafen – aber nicht etwa, weil sie Christen sind, sondern weil sie (in Deutschland) gegen die Schulpflicht verstoßen. Als Christen hätten sie die Option, eine Bekenntnisschule zu suchen (oder zu gründen).

Wenn sich die Ausbreitung eines Virus zur Pandemie entwickelt und die Regierung zum Schutz ihrer Bürger ein Seuchenschutzgesetz aktiviert, und wenn dadurch die Versammlungsfreiheit zeitweise eingeschränkt wird, dann sind davon auch (Präsenz-)Gottesdienste betroffen. Das hat aber nichts mit Christenverfolgung zu tun. Denn erstens galten für Gottesdienste keine besonderen Einschränkungen, sie wurden wie alle anderen Menschenansammlungen gehandhabt. Und zweitens gab es während des Corona-Lockdowns kein generelles Gottesdienstverbot. Es stand jeder Gemeinde frei, Rundfunk-, Fernseh- oder Online-Gottesdienste anzubieten.

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Wenn Christen sich Parteien anschließen, die menschenverachtende Inhalte vertreten, und wegen dieser Positionen zur Rechenschaft gezogen werden, dann ist das kein Angriff auf ihre Glaubensfreiheit, sondern ein Teil des kritischen Diskurses in einer Demokratie. Oder wenn eine konservative Position, etwa die Überzeugung, dass zu einer Ehe Mann und Frau gehören, in der Gesellschaft nicht mehr mehrheitsfähig ist, dann mag ein Rechtfertigungsdruck und in der Folge durchaus „Minderheitenstress“ entstehen. Aber Verfolgung?

Gerechtfertigte Opferrolle?

Unzählige weitere Beispiele ließen sich dafür finden, dass sich Christen in Deutschland und anderen westlichen Ländern zunehmend verfolgt fühlen und über Einschränkungen der Glaubens- und Meinungsfreiheit klagen.

Mir gefällt das nicht. Da wird eine merkwürdige Opferrolle gepflegt, die gar nicht mehr nach den Inhalten fragt, um die es dabei doch eigentlich gehen sollte.

Denn Christenverfolgung ist nicht, wenn Christen „verfolgt“ werden, sondern wenn sie wegen Christus verfolgt werden.

Das ist ein großer Unterschied. Ich finde es richtig, dass Kinder in den ersten Lebensjahren zu Hause bleiben, am besten bei der Mutter. Das steht aber nicht in der Bibel. Und wenn ich nun den Unmut meiner Nachbarn auf mich ziehe, weil ich ihnen vorwerfe, dass sie ihre Kinder vernachlässigen, indem sie sie zur Krippe geben, dann kann man kaum von Christenverfolgung sprechen. Das ist schlicht ein Meinungsstreit.

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Und Christenverfolgung ist schon gar nicht, wenn Christen wegen eines Unrechts zur Rechenschaft gezogen werden (siehe obiges Beispiel der Kindesmisshandlung). Jesus sagt in der Bergpredigt: „Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und allerlei Böses gegen euch reden und dabei lügen“ (Matthäus 5,11). Man höre „um meinetwillen“, es geht also um Christus, und man höre auch „Wenn sie dabei lügen“, es geht also nicht um Diskurs, sondern um Verleumdung.

Und davon gibt es ja mehr als genug: Weltweit können über 200 Millionen Christen ihren Glauben nicht frei leben. Einige dürfen nicht reisen, manche nicht studieren, andere nicht heiraten. Wieder andere müssen sich heimlich in ihren Häusern treffen. Christen werden denunziert, verhaftet, bedroht, gefoltert – und manche von ihnen umgebracht. Wer weiß, was Christen in Nordkorea erleiden, wie gefährlich sie in Indien leben, welche Strafen Konvertiten in Pakistan drohen, der kann doch nicht ernsthaft in Deutschland von Christenverfolgung sprechen.

Mag sein, dass christliche Werte erodieren, dass Schmähungen gegen christliche Positionen zunehmen. Da gilt es durchaus, wach zu sein. Aber ganz gewiss nicht ängstlich. Vielmehr sollten wir uns als Christen auch regelmäßig hinterfragen: Sind unsere Werte wirklich im Sinne von Jesus? Ist unsere Meinung und unser Lebensstil anschlussfähig für Menschen, die anders geprägt sind, oder provozieren wir möglicherweise (bewusst oder unbewusst) die Konflikte selbst, die uns dann zu schaffen machen?

Um Christi Willen Verfolgung in Kauf zu nehmen, ist ehrenhaft. Mit dem Ruf „Verfolgung“ die eigenen Fehler zu kaschieren, ist es nicht.

Uwe Heimowski (56) war beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz beim Deutschen Bundestag in Berlin.


Der Kommentar von Uwe Heimowski ist zunächst im Männermagazin MOVO erschienen. MOVO wird vom SCM Bundes-Verlag herausgebracht, zu dem auch Jesus.de gehört.

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