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Mutige Frauen: Mit der Reformation geriet die männliche Vorherrschaft ins Wanken

Das Risiko war groß. Trotzdem setzten sich vor 500 Jahren nicht nur Männer, sondern auch selbstbewusste Frauen für die Reformation der Kirche ein. Sie prägten eine weibliche Seite der Glaubensbewegung, wie die Lutherexpertin Sonja Domröse berichtet.

Von Dieter Sell (epd)

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Wer die Beiträge und Diskussionen in diesem Jahr verfolgt, könnte den Eindruck gewinnen, die Reformation vor 500 Jahren hätten allein Männer geprägt. Vielleicht fällt der Blick noch auf Katharina von Bora (1499-1552), die den Reformator Martin Luther (1483-1546) heiratete und an seiner Seite ein jahrhundertealtes gesellschaftliches Gefüge zum Einsturz brachte. „Es gab aber noch mehr mutige Frauen, die am Beginn der Neuzeit ihre Glaubensüberzeugungen selbstverantwortlich und öffentlich vertraten“, sagt die Stader Pastorin und Luther-Expertin Sonja Domröse.

Zweifellos war es Luther, der die Werte und Normen seiner Zeit am Wortlaut der Bibel überprüfte und damit auch das am Ende des Mittelalters fest verankerte Rollenverständnis der Frau ins Wanken brachte. „Bis dahin galt: Die Ehefrau wirkte in der Regel im Haus, trat nichtöffentlich auf und war weithin von Bildung ausgeschlossen – gleichsam ein Wesen zweiter Ordnung“, blickt Domröse zurück. „Das Ideal war die Frau, die sich als Nonne im Kloster zu bewähren hatte.“

Doch Luther sprach vom „Priestertum aller Gläubigen“, zu dem nach evangelischem Verständnis alle Christinnen und Christen durch die Taufe gehören. Dahinter stand die Überzeugung, dass es keines Mittlers zwischen Gott und Mensch bedarf, sondern jeder Zugang zu Gott hat. „Egal, ob Mann oder Frau“, betont Domröse, die in dieser Überzeugung einen wichtigen Türöffner für die spätere Ordination von Frauen in das Pastorenamt sieht – ein Weg, den sie Jahrhunderte später selbst gegangen ist.

In ihrem Buch „Frauen der Reformationszeit“ schildert sie in acht Biografien den weiblichen Einfluss auf die Reformation in Deutschland. Auch in der ARD-Dokumentation nach dem Fernsehfilm „Katharina Luther“ am Mittwoch (22. Februar) macht sie deutlich, dass Frauen in den Umbrüchen eine ganz eigene Rolle übernommen haben. Neben der Fürstin Elisabeth von Calenberg-Göttingen wird die Lebensgeschichte weiterer adeliger Frauen wie Argula von Grumbach und Ursula von Münsterberg erzählt. Auch Namen aus dem Bürgertum gehörten dazu.

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Unter ihnen setzten sich Frauen wie Katharina Zell und Ursula Weyda mit ihren Schriften für die neue evangelische Lehre ein. Die gelehrte Italienerin Olympia Fulvia Morata floh sogar aus Glaubensgründen in das Land der Reformation. Für alle galt: Wer sich für die Reformation einsetzte, ging ein hohes persönliches Risiko ein.

„Die männliche Vorherrschaft geriet ins Wanken, wo Frauen nur noch Gott als höchste Autorität für sich entdeckten und akzeptierten“, bilanziert Domröse. „Mit der Würdigung biblischer Frauengestalten nahmen die Streiterinnen der Reformationszeit den Kampf um ein gleichberechtigtes Miteinander von Frauen und Männern in der Kirche auf.“

Frauen wie Argula von Grumbach (1492-1568) kannten ihre Bibel ganz genau und wussten, wie Männer sie mundtot machen wollten – beispielsweise mit dem Apostel Paulus: „Das Weib schweige in der Gemeinde.“ Mit Flugschriften ging die Adlige aus Bayern dagegen an. 1523 und 1524 veröffentlichte sie zahlreiche Publikationen mit hohen Auflagen. „Sie wusste sich klug zur Wehr zu setzen. Das hat andere Frauen ermutigt“, sagt Domröse.

Am meisten beeindruckt ist die evangelische Theologin von Katharina Zell (1497-1562). Die Straßburgerin bezeichnete sich selbst als Kirchenmutter, veröffentlichte eigene Schriften, predigte bei Trauerfeiern und stellte sich schützend vor Glaubensflüchtlinge. Sie regte ein geistliches Amt für Frauen an und war sozial engagiert. „Sie lebte vor, wie eine gleichberechtigte Beteiligung von Frauen und Männern im Dienst der Kirche schon vor einem halben Jahrtausend hätte gestaltet werden können.“

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Im Verlauf der Reformation sei der Aufbruch der evangelischen Bewegung hin zu einer Geschlechtergerechtigkeit aber nicht weiter aufgenommen worden, bedauert Domröse. „Er wurde sogar teilweise aktiv zurückgedrängt.“ Trotzdem betont die Theologin das Engagement der reformatorischen Frauen: „Jede einzelne Biografie ist ein Beispiel dafür, wie Frauen sich immer wieder in herausfordernden geschichtlichen Ereignissen engagiert und bewährt haben.“

Quelleepd

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