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Der Angst ins Gesicht schauen

Pastorin Sara Bohlen hat ein Buch mit dem Titel „Furchtlos“ geschrieben. Im Interview erzählt sie, wovor sie Angst hat, was ihr hilft und was die Bibel dazu sagt.

Hallo Sara, bist du furchtlos?

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Sara Bohlen: Gute Frage. Ich glaube nicht, dass man wirklich dahin kommt, komplett ohne Angst zu sein. Ich glaube auch nicht, dass es das Ziel ist, keine Angst mehr zu haben. Angst ist eine Emotion, die Gott uns gegeben hat. Der Titel meines Buches ist von daher vielleicht ein bisschen provokant.

Trotzdem glaube ich, dass ich immer mehr reflektieren kann, wo ich von Furcht geleitet bin oder war und mich bewusst entscheiden kann, mutige Entscheidungen zu treffen. Das ist das Ziel: Die Angst zu kennen und ihr ins Gesicht zu schauen und dann zu sagen: Ich möchte aber diese Richtung einschlagen und mutig meine Bestimmung leben.

Was sind denn Dinge, vor denen du Angst hast?

Ich kämpfe immer wieder mit der Frage: Was denken Leute über mich? Ich habe Angst, als Leiterin oder als Mama zu versagen. Das hat auch mit meinem eigenen Anspruch an mich selbst zu tun.

Und wie war das für dich in der Corona-Zeit?

Corona war schrecklich und hat sehr viele Ängste hochgeholt, die mir gar nicht so bewusst waren. Wir leiten eine junge Kirche, und bis zu Corona hatten wir eine wahnsinnige Dynamik. Es kamen viele Leute, und wir waren eher ein bisschen überfordert mit dem Wachstum.

In der Corona-Zeit war es total schwierig zu merken: Man spürt die Leute nicht. Und die Leute sind vielleicht nicht so verbunden mit der Gemeinde, wie wir uns das gewünscht hätten. Auf einmal kommen Frust und komische Gespräche und Kritik.

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Ich hatte nicht viel Angst vor dem Virus selbst, sondern Angst, nicht allem gerecht zu werden, Angst, zu versagen, Angst, Leute zu verlieren, Angst vor Kritik und davor, dass ich mich nicht mehr erfolgreich fühle. Da hat Gott mich entlarvt und ich habe gemerkt: Ich möchte nicht, dass ich davon motiviert bin.

Was hat dir geholfen?

Mir hat tatsächlich die Auseinandersetzung mit dem Thema für das Buch geholfen. Ich habe das Gefühl, dass es ein Trick war von Gott, dass ich mich damit auseinandersetzen musste, weil ich mich vorher nicht unbedingt als furchtsamen oder ängstlichen Menschen bezeichnet hätte.

Aber die Auseinandersetzung mit dem Thema hat mir gezeigt, dass Angst oft anders aussieht, als man denkt. Nicht nur die haben mit Angst zu kämpfen, die sich die Decke über den Kopf ziehen und sich einigeln, wenn Corona kommt. Angst kann ganz unterschiedlich aussehen.

Die Auseinandersetzung mit diesen inneren Glaubenssätzen, mit den Ursachen und den Schutzfunktionen, die man ergreift, wenn man ängstlich ist, hat mir total geholfen. Und das Gebet, Gott zu suchen, um Hilfe zu rufen.

Hast du eine Strategie, wenn du merkst: Jetzt kommt Angst in mir hoch?

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Wir haben in dem Kurs, der meinem Buch zugrunde liegt, eine Formel entwickelt: See, Reflect, Choose, Act. Das sind vier Schritte, vier Fragen, die man sich stellen kann. Und das mache ich tatsächlich immer mal wieder.

„See“ bedeutet: Was fühle ich gerade? Und auch: Wie reagiert mein Körper? Warum bin ich grad so negativ? „Reflect“ heißt: Wo kommt das her? Wann hat das angefangen?

Und „Choose“ bedeutet: Was möchte ich denken? Mein Inneres ist in irgendeine Richtung abgebogen, aber es gibt auch einen anderen Weg, für den ich mich entscheiden kann.

Und „Act“ ist dann, diesen Weg zu gehen und entsprechend zu handeln. Diese Formel, diese vier Fragen, gehe ich immer mal wieder durch.

Jesus sagt ja häufig: „Fürchtet euch nicht.“ Aber wie passt das zusammen mit seiner Aussage: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden“?

Ich glaube, dass Angst etwas Normales ist und dass wir keine Angst vor der Angst zu haben brauchen. Wenn Jesus sagt: „In der Welt habt ihr Angst“, bedeutet das: Angst gehört zu uns, zu unserer Menschlichkeit und auch zu dem Umfeld, in dem wir leben, dazu.

Das ist nun mal nicht sicher, es ist bedrohlich für uns und auch gefährlich. Jesus sagt: „Ihr habt Angst, das ist normal, das gehört dazu.“ Und diese Aussage „Fürchtet euch nicht“ in der Bibel ist eigentlich immer verknüpft mit „… denn ich bin bei dir“.

Das finde ich so stark, dass es nicht heißt „Fürchte dich nicht!“ im Sinne von „Du sollst das nicht fühlen!“. Sondern: „Hey, du brauchst dich nicht zu fürchten, denn ich bin bei dir. Es gibt eine größere Realität in dieser Situation jetzt gerade. Gott hat Macht über unser Weltgeschehen.“

Oder: „Gottes Sicht von mir ist wichtiger als die Sicht von Menschen.“ Wir gucken dann nicht mehr auf das, was uns beängstigt, sondern eben zu Jesus und zu seinen Alternativen.

Du hast einen Bibelvers aus dem 2. Timotheus-Brief als Motto über dein Buch gestellt: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern einen Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ Was fasziniert dich an diesem Vers?

Je mehr ich mich damit auseinandersetze, desto mehr sehe ich, dass Kraft, Liebe und Besonnenheit nicht nur theologisch, sondern auch psychologisch richtige Pfunde gegen die Angst sind. Wenn ich weiß, ich habe die nötige Kraft, ich habe das nötige Beziehungsfundament, ich habe die nötige Unterstützung und ich habe Besonnenheit – was bedeutet, ich reagiere nicht impulsiv, sondern mit Weisheit, mit einer bewussten Entscheidung –, sind das auch psychologisch Schlüssel gegen die Angst.

„Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern einen Geist der Kraft, Liebe und Besonnenheit.“

Aber da steht eben auch: Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern einen Geist der Kraft, Liebe und Besonnenheit. Dass der Heilige Geist das mitbringt in unser Leben und diese Sachen in unserem Leben etablieren möchte, finde ich toll. Dass wir nicht nur angewiesen sind auf Psychologie, sondern dass wir eine Kraft an unserer Seite haben. Ich finde es unglaublich schön, dass wir nicht allein sind, sondern Gott an unsere Seite kommt, um uns in die Freiheit zu führen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Bettina Wendland.

Sara Bohlen leitet zusammen mit ihrem Mann Renke die „Kirche im Pott“ mit Standorten in Bochum, Dortmund und Münster. Für ihre Gemeinde hat sie zusammen mit einer Psychologin den Kurs „Fearless“ entwickelt, auf dessen Grundlage ihr Buch „Furchtlos“ entstanden ist.


Dieser Artikel stammt aus der Zeitschrift Family. Family, das christliche Familien-Magazin, ist der „Mut-Booster“ für das Familienleben – voll mit Erfahrungen, Ideen und Tipps für Familie, Partnerschaft und Glaube. Jetzt in neuem Design und für kurze Zeit im Mini-Abo besonders günstig.

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1 Kommentar

  1. Die Angst hat auf Dauer keine Chance

    „Wenn Jesus sagt: „In der Welt habt ihr Angst“, bedeutet das: Angst gehört zu uns, zu unserer Menschlichkeit und auch zu dem Umfeld, in dem wir leben, dazu“! Sara Bohlen macht damit eine grundsätzliche Aussage. Auch jenseits christlich-theologischer Betrachtungen hat die Angst eine Schutzfunktion. Bildlich will sie uns davor warnen auf ein Eis zu gehen, das einbrechen könnte. Oder alleine nachts durch einen dunklen Wald zu laufen. Letztgenanntes ist zumeist eine absurde Angst, denn in der heutigen Realität wird man schon des Tages im Wald kaum einem Menschen begegnen. Aber was wir in der Dunkelheit nicht sehen können ängstigt. Viele Menschen haben krankhafte Ängste, denen sie sich völlig ausgeliefert fühlen. Etwa vor engen Räumen, mit einem Lift zu fahren oder die berühmte Höhenangst, die schon das Besteigen eines Flugzeuges mit Todesfurcht sanktioniert. Gruselfilme arbeiten manchmal geschickt mit verstecken Ängsten: Etwa, ich komme in meine Wohnung, in der nur ich lebe. Aber es läuft die Kaffeemaschine, es brennt das Licht, es ist alles seltsam und die Dämonen der Angst in meiner Seele macht dies sehr lebendig. Dazu gibt es die Filme von Spukschlössern, Geistern die nachts poltern oder gar vor dem dämonischen Dracula.

    Gegen jede Angst, vor allem aber die verdeckte Angst, hilft mir mein Glaubensverständnis: Gott ist unendliche Liebe, Barmherzigkeit und wie das helle Licht in unserer Seele, das vor Damaskus aus dem Christenverfolger Saulus einen Paulus machte. Aber dieser Gott, der sogar Mensch wurde und alle meine Sünden ungültig stellte, ist in allen Dingen, im unendlichen Universum und der Schatten über meiner rechten Hand. Gott ist Geist, er kennt mich, meine Ängste, Befürchtungen, Horrorvorstellungen, Unsicherheiten, Glaubenszweifel und auch alle Abgründe in meiner Seele. Er weis alles über mich und umgibt mich von allen Seiten. Ich kann nicht tiefer im Leben oder Tod fallen als in seine geöffnete Hand und es wartet eine wunderschöne Zukunft auf mich in Gottes Neuer Welt.

    Also darf ich Angst haben, sie ist normal, aber über sie ist längst ein himmlischer Insolvenzantrag gestellt. Im Meer der völligen Liebe bei Gott gibt es keine Angst mehr. Und dort werden die auf Erden Letzten die Allerersten sein. Also Angst: Du hast auf Dauer keine Chance, schon gar nicht mich zu beherrschen. Aber du kannst ein kritischer Freund sein, wenn sich meine Unvernunft nicht nur gegen mich richtet. „Sei vorsichtig“, sagte mir meine Mutter als Kind: „Lauf nicht vor ein Auto“!. Aber seit mich dann eines fast überfuhr, habe ich als Kind vor Autos Respekt gehabt, auch ein wenig Angst. Die Bienen in Opas Garten haben mich als Opfer gefunden. Meine Angst schützte mich fortan, und ich ging ihnen aus dem Weg.

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