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Und, wie sieht dein „Glaubensbaum“ aus?

Was unterscheidet uns Christen eigentlich vom Rest der Welt? Lara Piepiora entdeckt die Antwort in ihrem ganz persönlichen „Glaubensbaum“ und seinen Früchten. Eine Gedankenreise.

Selbstkritischen Fragen in meinem Glaubensleben haben oft einen leicht bitteren Beigeschmack und einer Tendenz zur Panik. „Bitte lass nicht ‚sonntäglicher Gottesdienst, ein bisschen spießige Lebensansichten und eine Vorliebe für platte Drei-Akkord-Musik’ die Antwort sein“, flehe ich dann irgendwo ins Nirgendwo und hoffe auf ein schnelles Ende meiner kritischen Phase. Wenn es ganz dick kommt, mengt sich der ganzen „Heben wir uns ab?“-Problematik auch noch leichter Frust bei: Christen als Salz und Licht der Welt – sind wir das wirklich? Werden wir so wahrgenommen?

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Die Frucht macht den Unterschied

Den ersten Psalm der Bibel lese ich als Antwort auf die Frage, wodurch sich Christen von ihrer Umwelt unterscheiden. Diese Antwort ist einfach und doch überwältigend: durch die Frucht, die mein Leben abwirft. Mir wird das Bild plausibel, wenn ich im Supermarkt durch die Obst- und Gemüseabteilung schlendere und bei der Hälfte der „Früchte“ nicht weiß, an welcher Art Baum oder Strauch sie gewachsen sind, ob unterirdisch oder oberirdisch. Nicht einmal die klimatischen Bedingungen, unter denen sie wachsen, sind mir bewusst. Aber die Früchte, die kennen wir alle. Umgekehrt würden wir einen Birnbaum nicht nur am Holz erkennen. Wir erkennen die Bäume an ihren Früchten.

Vielleicht hat sich Paulus an den ersten Psalm erinnert, als er in seinem Brief an die Galater über die Frucht des Heiligen Geistes philosophierte, diesen Berg an guten Eigenschaften. Still und heimlich habe ich mir schon oft gedacht, dass es der Himmel auf Erden sein müsste, wenn unsere Glaubensbäume zur gleichen Zeit ihre „reiche Frucht“ tragen würden. Was soll da noch schiefgehen, wenn wir von der Liebe getrieben mit Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung durch die Welt spazieren?

Leider überreicht Gott uns nicht feierlich ein fertiges Rund-um-sorg-los-Paket, sondern nur ein zartes Glaubenspflänzchen inklusive Traumstandort in Bachnähe.

„Gott will keine Agrikultur, er will das echte Leben“

Ich habe mich mehr als einmal gefragt, warum. Für ihn wäre es anders doch auch einfacher: Die wenigsten Menschen haben einen grünen Daumen und noch viel weniger die Muße, das kleine Pflänzchen in sich beharrlich weiterzugießen. Außerdem würden andere Menschen Gottes Wirken so doch viel deutlicher sehen! Wenn ich einen Baum hätte, an dem so viel leckeres Obst hängen könnte, würde ich ihn doch nicht irgendeinem Stümper anvertrauen. Da gehört ein Fachmann ran, der weiß, wie man einen Baum so beschneidet, dass er reiche Frucht bringt.

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Bild: pixabay

Gott ist anders. Ich finde es gelassen, wie er sein Reich baut: Indem er es wachsen lässt, nimmt er uns in die Verantwortung für die Glaubensfrucht. Er macht uns zu Partnern. Natürlich wächst es allein aus „seinem Geist“, aber ich kann zumindest zusehen, dass ich mich gut um mein Glaubenspflänzchen kümmere. Und dann wächst es eben so vor sich hin. Nicht jeder Ast trägt gleich viel, über manche fallen die Vögel her, dann zieht mal ein größeres Unwetter drüber. Besonders profit-orientiert ist diese Anbautechnik nicht, aber souverän. Diese Frucht ist das Ergebnis von natürlichen Wachstums- und Reifungsprozessen, nicht „von der Stange“. Gott will keine Agrikultur, er will das echte Leben.

Frucht braucht Zeit

Wie gucke ich dagegen auf meinen und andere Glaubensbäume? Ist es ein barmherziger oder ein perfektionistischer Blick? Und was passiert, wenn die Frucht ausbleibt? Und: Wenn Gott den knorrigen Baum schon so liebevoll ansieht und ihm Zeit zum Wachsen gibt – sollte ich das nicht auch tun? Das ist mir wichtig geworden: Glaubensfrüchte brauchen ihre Zeit und lassen sich ganz sicher nicht in Zahlen und Fakten messen. Ich muss mich weder schlecht fühlen, weil ich noch nicht in meine Beng gefunden habe. Oder weil ich das Gefühl habe, alle anderen Bäume um mich tragen Frucht und sind viel liebevoller, fröhlicher, geduldiger als ich es bin. Natürlich darf und sollte ich mich gelegentlich fragen, ob ich wirklich bereit dazu bin, mich von Gott gebrauchen und verändern zu lassen. Aber wie genau das geschieht, muss nicht meine Sorge sein – es liegt in Gottes Hand.

Übrigens (und das rettet mich auch meist aus meinem Pessimismus) kenne ich ein paar Menschen, deren Glaubensbaum wirklich überreich mit Früchten behangen ist. Bemerkenswert daran finde ich, dass sie es gar nicht zu merken scheinen. Vielleicht, weil das Obst so gemächlich gewachsen ist, dass sie sich an das Gewicht an ihren Ästen gewöhnt haben. Aber wenn sie lachen und strahlen, Hoffnung haben in den dunkelsten Momenten, liebevoll umarmen und geduldig und selbstbe- herrscht dastehen, dann kann jeder andere sehen, dass Gott an ihnen gewirkt hat. Ist das nicht großartig?

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Darauf warte und hoffe auch ich: dass ich irgendwann einmal auch so ein schöner, vollbehangener Glaubensbaum im Garten Gottes bin und ich es kaum bemerke, weil all diese Dinge in Gottes unbegreiflicher Gegenwart ganz natürlich werden.

Von Lara Piepiora


Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Buch „Nicht von dieser Welt. Das WortProjekt: Gedanken zwischen Himmel und Erde“, das 2015 im SCM Verlag erschienen ist. Lara Piepiora hat den Beitrag zu Beginn ihres Theologiestudiums geschrieben. Für die Veröffentlichung auf Jesus.de wurde der Texteinstieg angepasst.

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