Normalerweise steuert eine Geschichte stetig auf einen Höhepunkt irgendwo gegen Ende des Buches zu. So jedenfalls haben wir es in der Schule gelernt. Hier lesen wir gleich im ersten Kapitel von erlebter Wunderheilung: Beten – gesund. Der Nächste, bitte. Bäm! Echt jetzt? Und das ist nur der Anfang. Schnell wird klar: Diese Lektüre kann einen nicht kalt lassen.
Nathanael Draht veröffentlicht hier wohl eine Autobiografie, doch es gibt keinen chronologischen Werdegang zu lesen. Das ist vor allem zu Beginn etwas verwirrend, zitiert er zum Beispiel seinen Sohn, bevor eine Familiengründung überhaupt Erwähnung gefunden hat. Um seinen Lebenslauf geht es eher im untergeordneten Sinne. Frisch von der Leber weg tobt er sich in elf Kapiteln nach lose geordneten Themen von „Veränderung“ bis „Gemeinschaft“ aus; ganz so, als würde er neben einem sitzen und drauf los erzählen. Die Sprache des Buches orientiert sich denn auch ganz klar am Mündlichen. Dem Co-Autor Matthias Dittmann ist es hervorragend gelungen, eine leicht flapsige Ausdrucksweise beizubehalten, ohne ins Lächerliche abzudriften.
Eigenes Erleben im Vordergrund
Direkt und unverkrampft geht Nathanael auch heikle Themen wie „Christ und Geld“ oder „Geistesgaben“ an. Er stützt sich dabei weniger auf Bibelzitate und theologische Erkenntnisse als auf sein eigenes Erleben und lebensnahe Vergleiche. Das ist seine große Stärke, weil seine Ausführungen so unmittelbar und echt daher kommen, gleichzeitig aber auch seine Schwäche, weil er eine große Angriffsfläche für Kritiker bietet.
Tatsächlich sind einige seiner Beschreibungen ganz schön herausfordernd. Und irgendwie scheint der Erfolg – egal, mit was – bei Nathanael vorprogrammiert zu sein. Für Leute, die gerade einen Schicksalsschlag verarbeiten müssen, ist dieses Buch daher nicht die ideale Kost.
Doch keine Angst: Der Autor lässt uns auch ehrlich und mit leichter Selbstironie an Rückschlägen und Fettnäpfchen teilhaben. Und immer, wenn das Gefühl aufkommt, dass er nun doch ein bisschen abhebt, liest man so oder ähnlich: „Es ist nur die Gnade Gottes.“
Dieses Buch lebt von mehr als einer starken Persönlichkeit und einer tollen Bekehrung. Es lässt einen gerade aufgrund der so unfassbaren und doch hautnah erfahrbaren Gnade, welche durch alle Seiten weht, begeistert zurück.
Von Karin Engel