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Präses Diener erklärt: Darum tritt er nicht mehr bei Gnadau an

Bei den nächsten Wahlen wird Michael Diener nicht mehr als Präses des Gnadauer Verbandes zur Verfügung stehen. Jetzt sagte er, warum.

Dass Pfarrer Michael Diener sein Amt als Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes im September niederlegen wird, ist bereits seit Anfang Januar bekannt. Als einen Grund nannte er damals eine Gruppe in Gnadau, die „ganz erheblich Bedenken“ gegenüber seiner erneuten Kandidatur habe. Außerdem gebe es persönliche Gründe. Bei der Mitgliederversammlung, die vom 13. bis zum 15. Februar in Elbingerode stattfand, erklärte er nun im Detail, was ihn zu seinem Rücktritt bewogen hat. 23 Seiten umfasst sein Positionspapier „Der Kurs Gnadaus und die Rolle des Präses – Rückblick und Ausblick“, das er auch auf der Versammlung vortrug.

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Vier Briefe erwähnt er darin. Hartmut Zopf, der Siegerländische Verband, die Mission für Süd-Ost Europa und der sächsische Gemeinschaftsverband hatten sich kritisch über Diener geäußert. Als ausschlaggebend für den Rückzug bei der Wiederwahl sieht der scheidende Präses jedoch den Brief des sächsischen Verbands. Sachsen sei gewiss nicht Rand, es sei Herz und Mitte Gnadaus. „Kaum ein anderer Verband hat sich die letzten Jahre so in die Gnadauer Arbeit hineingegeben, hat mitgetragen, mitgestaltet“, schreibt er. Deswegen habe ihn dieses Votum auch persönlich beschwert und verletzt. Seit diesem Brief sei ihm klar geworden, dass die Folgejahre im Gegenüber zu den nun aufgetretenen Kritikern schwierig geworden wären. Er wolle nicht bis zum Ende seiner Dienstzeit für seine tiefsten und innersten Überzeugungen angegriffen und infrage gestellt werden.

Immer noch Pietist

Grundsätzlich vertritt Diener in seinem Schreiben zwei Positionen: Zum einen verwehrt er sich gegen den Vorwurf, nicht mehr pietistisch zu sein und die Werte des Verbands nicht mitzutragen. Zum anderen fordert er Teile des konservativen Lagers zur Dialogbereitschaft auf. Die eine, geschlossene Position im Gnadauer Verband, wie sie die Briefschreiber beschwören, gebe es eben nicht. Vielmehr verweist der Präses auf eine Pluralität der Meinungen. Deshalb habe er mit seinen Positionen auch nie alleine gestanden: „Ich erinnere keine einzige öffentliche Aussage – und damit meine ich jetzt nicht Wortlaute, sondern Inhalte – in den vergangenen Jahren, die, laut mir gegenüber ausgesprochener Rückmeldung, nicht auf Zustimmung eines relevanten Teils, vermutlich häufig auch der Mehrheit, gestoßen ist.“

Dass er immer wieder auch für konservative Positionen seine Stimme laut gemacht hat, zeigt Diener anhand mehrerer Medienberichte. Darin sprach er sich unter anderem gegen Abtreibung aus und verteidigte die Ansichten der Evangelikalen zum Thema Gender vor dem Vorwurf des Rechtspopulismus: „Und es drängt sich mir ein Verdacht auf: es geht gar nicht darum, pietistische Positionen zu vertreten […], sondern es geht darum, dass NUR und ausschließlich DIESE ’so konservativen‘ Positionen von mir zu vertreten sind“, schreibt er.

Polarisierung sei diabolisch

Damit kritisiert er die Art und Weise, wie die verschiedenen christlichen Lager miteinander umgehen. Die Polarisierung bezeichnet er zu Beginn des Schreibens als „etwas Diabolisches“. Gerade die Vehemenz der konservativen Vertreter nimmt Diener in die Kritik: „Biblisch“ sei demnach, was man selbst vertrete, „unbiblisch“, was von der eigenen Meinung abweiche. Man werde niemals Deckungsgleichheit zwischen den Lagern erreichen, „dennoch bin ich der Überzeugung, dass die in Gnadau vorhandene Schnittmenge verheißungsvoll, ausreichend und motivierend ist, wenn wir sie denn gemeinsam nutzen und den jeweils anderen nicht auf die strittigen ‚Teilmengen‘ festlegen.“

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Immer wieder geht Diener in seinem Bericht auf einzelne Streitfälle ein. Seinen Beitrag auf Facebook, indem er darum bat, den Kirchentag nicht pauschal zu verurteilen, verteidigte er beispielsweise. Ihm sei es nicht darum gegangen, jegliche Kritik am Kirchentag zu verurteilen. Jedoch: „Finden Sie, findet Ihr es richtig und gut, pauschal urteilend über Mitchristen zu reden, die in diesen Tagen Hunderte von Gottesdiensten und Bibelarbeiten besucht, gesungen und gebetet haben?“

Keine Aussage zur Homosexualität seit 2016

Auch seine Rolle in der Evangelischen Kirche verteidigte er. Dort ist er seit Jahren in führenden Positionen aktiv – sehr zum Unmut seiner Kritiker, die ihm eine Hinwendung zur liberalen Theologie vorwerfen. Beide, Gemeinschaftsverband und Kirche, trügen „Licht und Schatten“ in sich, beide könnten voneinander lernen und beide bedürften der Korrektur. „Ich bin kein ‚trojanisches Pferd‘ und ‚kein falscher Fuffziger‘, sondern ein ehrlicher Sachwalter unserer Themen und Anliegen“, schreibt er. Schließlich kommt der 57-Jährige auf das Thema Homosexualität zu sprechen. In diesem Punkt habe sich seine Haltung seit 2011 verändert. Jedoch habe er seit 2016 keine öffentliche Aussage mehr dazu getätigt. Damals hatte der Verband eine Erklärung zum Thema veröffentlicht, die unterschiedliche biblische Erkenntnisse zugestand.

An einer Sache sei er jedoch gescheitert: Diejenigen, die sich Verständigungen mit anderen nur als Zustimmung zu den eigenen Positionen vorstellen könnten, mit anderen verbinden zu wollen. Das sei „völlig illusorisch und wirklichkeitsfremd“ gewesen. Immer wieder habe er als Präses neben „unglaublich vielen, wertvollen, lebendigen, fruchtbaren Erfahrungen“ die „hässliche Fratze des geistlichen Hochmuts, der Gesetzlichkeit, des Richtgeistes“ geschaut. Trotzdem danke er für alle Verbundenheit, alles Vertrauen, alles gemeinsame Anpacken, alle Fürbitte und alle notwendige Korrektur.

Im September tritt Diener ein einjähriges, unbezahltes Sabbatjahr an. Ein Nominierungsausschuss soll einen geeigneten Nachfolger suchen. (nate)

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