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Roman Lorenz: Von einem der auszog, Neues zu wagen

Ein neuer Lebensstil erfordert Mut. Mut, sich neues Wissen anzueignen, neue Dinge auszuprobieren, zu experimentieren und gegebenenfalls zu korrigieren. Roman Lorenz ist so ein mutiger Pionier.

Der große Garten hinterm Haus war in der Corona-Zeit ein echter Segen. Hier konnten sich nicht nur seine drei Kinder austoben, auch der 34-jährige Roman Lorenz hat Neues probiert. Hauptberuflich arbeitet der studierte Sozialwissenschaftler für Oikocredit. Diese internationale Genossenschaft verleiht Kredite an Menschen im globalen Süden, die sonst keinen Zugang zu fairen Finanzdienstleistungen hätten. Hobbymäßig erprobt er Ideen. Davon zeugen in seinem Garten sowohl der alte Stall, den er erst kürzlich zusammen mit Freunden mit dem Naturwerkstoff Lehm verputzt hat, als auch die selbstgebauten Hochbeete und das kleine Weizenfeld. „Ich mag futuristische Überlegungen, zum Beispiel wie Ernährung aussehen könnte“, erklärt er.

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Gemeinschaft im Großstadtdschungel

Seit einem guten halben Jahr wohnt er mit seiner Frau Anja und den drei Kindern in dem Haus im ländlich geprägten Hamburger Süden, das Eltern von Freunden gehört und das sie nutzen dürfen. Auch das ist ein Experiment. Denn hergezogen sind sie, weil Freunde schon gegenüber wohnten und andere Freunde ebenfalls planten, nach nebenan zu ziehen. „Wir als Familie könnten sonst überall wohnen, aber die Freundschaften machen aus, dass wir hierbleiben wollen“, sagt Roman. Mit den anderen Familien, die sie aus der Kirche kennen, träumten sie ursprünglich davon, gemeinsam in ein großes Haus zu ziehen. Dann eröffnete sich die Möglichkeit, in dieser alten Einfamilienhaussiedlung in unmittelbarer Nachbarschaft zu leben. „Unsere Eltern wohnen weit weg, daher sind Freundschaften essenziell für uns“, sagt Roman.

Menschen in der Nähe zu haben, die einem nahestehen und im Alltag helfen, das ist gerade für viele Städter nicht selbstverständlich. Weite Wege, lange Arbeitszeiten und volle Kalender erschweren häufige Begegnungen. „Es gibt ein großes Bedürfnis, Bezugspersonen im Alltag zu haben, die mitbekommen, wie es einem geht, die ähnliche Werte und Gedanken teilen“, beobachtet Roman in seinem Umfeld. „Wenn mit zunehmendem Alter und den ganzen Verpflichtungen die Spontaneität in Freundschaften immer weniger möglich wird, müssen die Freunde halt direkt nebenan sein.“ Und auch Arbeit und Leben wünschte er sich viel stärker als Einheit: „Ich glaube, die Arbeit verhindert oft, dass wir gemeinschaftlicher leben können. Wenn wir in unseren Jobs viel Gas geben, fehlen uns Zeit und Power für unsere Familie, für Freunde und Gemeinschaft. Ich habe das Glück, sehr flexible Arbeitszeiten zu haben, das fehlt vielen.“

Doch das Leben in der Stadt ist teuer und das Geld muss nun einmal verdient werden. Idealerweise würde das im eigenen Umfeld passieren. „Aber das ist oft nicht möglich – wenn man nicht grad ITler ist und überall arbeiten kann.“ Als Familie tasten sie sich heran an ihr Lebensmodell. In der Corona-Zeit haben sie sich mit einer anderen Familie zusammengetan, die Kinder konnten spielen und dank Homeoffice haben sie die Zeit als Familien auch genossen. Auch jenseits von Corona passiert Unterstützung im Alltag: Morgens fährt Anja, die gerade mit ihrem Studium fertig ist, zwei eigene Kinder und zwei ihrer Freunde zur Kita. Über ein Hamburger Förderprogramm zur Mobilitätswende konnten sie ein Lastenrad anschaffen, in dem die vier Kids vorne Platz finden und das ihnen gemeinsam gehört.

Leidenschaft für Neues

Auch vom Teilen ist Roman fasziniert. Nicht nur Güter, auch Expertise und Wissen sind es wert, anderen zur Verfügung gestellt zu werden: „Ich habe total profitiert, dass Menschen mir auf YouTube etwas beibringen“, sagt er. „Dass wildfremde Menschen sich Zeit nehmen, mir zu erklären, wie man ein Fahrrad oder eine Waschmaschine repariert, dass sie ihre Expertise nicht vermarkten, sondern aller Welt zur Verfügung stellen, finde ich genial.“

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Eine Expertise, die er sich auf diese Weise angeeignet hat, ist die zum Thema Aquaponik. Bei diesem Verfahren werden Fischzucht und Pflanzenanbau kombiniert: Die Fische produzieren in ihrem Tank Dünger und Nährstoffe für die Pflanzen. Das Wasser wird zu den Pflanzen gepumpt, die es zum Wachsen nutzen und auch reinigen, bevor es den Fischen wieder zugeführt wird.
Mit mehreren Freunden haben sie just for fun eine kleinere Aquaponik-Anlage bei einem Freund zu Hause aufgebaut. In der Honigfabrik, einem Kulturzentrum in ihrem Stadtteil, fanden sie schließlich größere Räume. Aus Europaletten, Badewannen und Plastikcontainern entstand hier ihr „Aquaponyhof“. Ein Experiment, das funktionierte, aber auch zeigte, dass ein solches System zwar wassereffizient ist, aber viel Energie braucht, weil das Wasser für die Fische erwärmt werden muss. Erst zusammen mit einer Abwärme- oder Solaranlage wäre es wohl tatsächlich nachhaltig: „Wir hätten eine Menge technisch verbessern und auch mehr Raum haben müssen, deshalb haben wir es nach zwei Jahren wieder eingestellt.“

„Denn nur wer sich neue Wege anguckt, kann solche erkennen, die in die Zukunft führen.“

Internationale Inspiration

Über die YouTube-Videos zum Thema Aquaponik stieß Roman auf ein weiteres spannendes Projekt: die Urban Farming Guys (übersetzt etwa: Stadtfarmer), die ebenfalls mit dieser Anbaumethode experimentieren. In einem heruntergekommenen Viertel in Kansas City kaufen sie Häuser für oft nur einen Dollar auf und wollen helfen, das Viertel aufzuwerten. Inzwischen gibt es einen kleinen Campus mit Aquaponik-Anlage, Salat-Anbau, Nachmittagsangeboten für Kinder und einem Makers Space, in dem digitale Produktion gelehrt wird. „Die machen all das, was ich so cool finde: dieses Erklären und Bauen und Farming und die Community – und das alles auf einer Brachfläche, die ich auch so gerne mag, weil sie so viele Möglichkeiten verspricht“, sagt Roman.

Eine Elternzeit konnte er noch nehmen, bevor der Älteste letzten Sommer zur Schule kam, also meldeten sie sich für ein Praktikum, kratzten die Ersparnisse zusammen und buchten Flüge für sich als ganze Familie. Die Ankunft war allerdings erst einmal ernüchternd: Die Urban Farming Guys hatten Spender verloren und waren nun darauf angewiesen, das Gästehaus über Airbnb zu vermieten, um ihre Mitarbeiter bezahlen zu können. Romans Familie musste mit einem Haus vorliebnehmen, das sie erst einmal zwei Tage lang putzen und nach und nach notdürftig herrichten mussten. Doch es zeigte nur die Realität dieses Projekts. Seit ungefähr zehn Jahren engagieren sich Candy und Jason Fields aus christlicher Überzeugung in diesem vernachlässigten Stadtteil. „Die Fields nehmen wirklich viel auf sich“, erzählt Roman anerkennend. „Und sie haben schon viel umgesetzt, aber vieles liegt auch brach, weil die Manpower fehlt, da wären ihnen weitere Familien zu wünschen, die herziehen.“

Auf der Suche nach Lösungen

Ob sie einmal Teil eines ähnlichen Projekts werden? Wer weiß … Jetzt steht für Roman erst einmal wieder Neues an: Im Sommer wurde ein Projekt bewilligt, für das er sich mit einem Freund bei der Hamburger Klimaschutzstiftung beworben hat und das er nebenberuflich umsetzen wird. Zusammen mit einem Behindertenwerk wollen sie ausprobieren, ob sich ein Kreislauf im Plastikrecycling installieren lässt. Die Idee: Menschen mit Handicap sortieren Plastikmüll und schreddern ihn zu Flocken. Mithilfe eines Spritzgussverfahrens entstehen daraus neue Produkte. Mehrere Kisten Verpackungsmüll sind schon gesammelt. Ein Plastikscanner wird helfen, die jeweilige Kunststoffsorte zu erkennen. Schredder und Spritzgussmaschine stehen bereit. Fünf Monate lang wollen sie probieren, ob sie auf diese Weise einen verlässlichen Ablauf aufbauen können, mit dem sie ein Recyclingproblem lösen, das die Stadtreinigung nicht abdecken kann. Denn Lösungen zu finden, darum geht es in allem Experimentieren.

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Dieser Artikel ist Teil unserer Themenwoche „ANDERS LEBEN. Alle weiteren Artikel, Informationen & Literaturtipps zum Thema finden Sie >>> hier.
andersleben Cover

Das Porträt von Roman Lorenz hat Anja Schäfer für das Magazin andersLEBEN geschrieben. Dies ist ein gekürzter Auszug daraus.

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