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Russland: Kirche und Konservative wollen Abtreibungen beschränken

Eigentlich gelten die USA in Russland nicht unbedingt als Vorbild in Sachen Moral. Doch russische Abtreibungsgegner haben sich zuletzt die Methoden ihrer amerikanischen Gleichgesinnten angeeignet. In kleinen Gruppen demonstrieren sie vor Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, zeigen Fotos abgetriebener Föten und zitieren einschlägige Bibelstellen.

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 Aktivisten der Organisation «Pro Life» organisieren Autokorsos in der russischen Hauptstadt. «Abtreibung tötet Genies» und «Warte bis das Baby lächelt» steht auf ihren Transparenten. Bisher standen die militanten Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen mit ihren Forderungen auf verlorenem Posten. Doch nun machen auch konservative Abgeordnete und die russisch-orthodoxe Kirchen Front gegen die liberale Abtreibungspraxis des Landes.

 Der parlamentarische Ausschuss für Familie, Frauen und Kinder hat mit der Rückendeckung des Patriarchats einen Gesetzesentwurf ausgearbeitet, nach dem kostenlose Abtreibungen in staatlichen Kliniken abgeschafft werden sollen. Auch für den bisher rezeptfreien Verkauf der sogenannten «Pille danach» soll es Restriktionen geben.

 Frauen, die sich wegen eines Schwangerschaftsabbruches an einen Arzt wenden, sollen außerdem zu einer Woche Bedenkzeit vor dem eigentlich Eingriff verpflichtet werden, damit sie keine impulsive Entscheidung treffen, die sie später bereuen könnten. Diese oder ähnlich Regelungen gelten auch in Deutschland, wo eine sozialpsychologische Beratung vorgeschrieben ist.

 Der russische Gesetzentwurf sieht weiterhin eine Zustimmung des Ehemannes beziehungsweise, bei minderjährigen Mädchen, die Erlaubnis der Eltern vor. Nach Angaben der Vorsitzenden des Parlamentsausschusses, Jelena Misulina, beinhaltet das Konzept auch die Einrichtung von Zentren, in denen Mütter Kinder bis zum sechsten Lebensmonat anonym und ohne rechtliche Konsequenzen abgeben können, ähnlich der in Deutschland existierenden und bis heute sehr umstrittenen Babyklappen.

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 Obwohl sich die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Russland in den vergangenen Jahren verringert hat, weist das Land noch immer eine der höchsten Abtreibungsquoten der Welt auf. 2009 kamen auf 100 Geburten 74 Schwangerschaftsabbrüche, in absoluten Zahlen wurden 2009 allein 1,3 Millionen Abbrüche registriert, wobei die offizielle Statistik Abbrüche in privaten Kliniken nicht ausweist. Die Geburtenrate liegt in Russland bei 1,4 Kindern pro Frau. Um die aktuelle Bevölkerungszahl von etwa 140 Millionen Menschen zu halten, müsste sie bei 2,1 liegen, wie Demografen errechnet haben.

 Die Gesetzgebung für Schwangerschaftsabbrüche ist in Russland traditionell liberal. Seit der Aufhebung eines unter dem Diktator Josef Stalin eingeführten Verbots 1955 wurde Abtreibung praktisch zu einem gängigen Instrument der Familienplanung. Erst 2004 führte die russische Duma Beschränkungen für Abbrüche nach der zwölften Schwangerschaftswoche ein. Spätabtreibungen dürfen seitdem nur noch in bestimmten Härtefällen erfolgen.

 Die russisch-orthodoxe Kirche wünscht sich ein komplettes Abtreibungsverbot, wie es in den katholischen EU-Ländern Polen und Irland gilt. Trotz des wachsenden Einflusses der Kirche in der russischen Gesellschaft ist ein breiter nationaler Konsens zu diesem Thema allerdings wenig realistisch. Nur etwa 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung würden einem generellen Verbot zustimmen, räumt der orthodoxe Geistliche Maxim Obuchow ein, Leiter des kirchlich-medizinischen Zentrum «Leben».

 Aus diesem Grunde engagiere sich die Kirche nun zumindest für eine stärkere Reglementierung der Schwangerschaftsabbrüche und für Hilfsprojekte, die werdende Mütter in Not unterstützen. Von dem zur Diskussion stehenden Gesetzentwurf erwartet Obuchow keine radikalen Veränderungen, aber wenigstens sei es ein Schritt in die richtige Richtung.

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 Wie viel Zustimmung der Vorschlag im russischen Parlament, der Duma, erhalten wird, ist noch unklar. Ein Gesetzesentwurf zur strafrechtlichen Verfolgung von Ärzten, die Spätabtreibungen vornehmen, wurde Ende 2010 von der Regierung abgeschmettert und kam gar nicht erst zur Abstimmung.

(Quelle: epd)

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