Schwester Marie-Rose ist Syrerin, Christin und Ordensschwester. 2012 musste sie mit ihren Mitschwestern aus ihrem Konvent in der Altstadt von Homs fliehen. Er war ein Zentrum für behinderte Kinder und wurde zum Hauptquartier eines Al-Kaida-Anführers. Auch ihr Geburtsort, Maalula, ein antikes christliches Dorf, ist von bewaffneten Gruppen zerstört worden. Wie viele andere Binnenflüchtlinge findet sie in der friedlichen Küstenstadt Tartus Zuflucht.
Trotz allem kümmert sie sich mit großem Einsatz weiter um die Menschen in ihrem Heimatland – seien es Christen, Muslime oder Alawiten. In vielen kurzen Berichten von meist drei Seiten beschreibt Schwester Marie-Rose die Schicksale von verschiedenen Menschen, die in Syrien geblieben sind. Manche haben sich bewusst dagegen entschieden, ins sichere Ausland zu flüchten, obwohl sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten. Aus Liebe zu ihrem Land und seinen Menschen sind sie da geblieben.
Da ist zum Beispiel der 25-jährige Carl, der entführt und misshandelt wurde, um Lösegeld von seiner Familie zu erpressen. Da ist Khalaf, dessen Frau und Töchter verschleppt, zwangsverheiratet und vergewaltigt wurden; und Antranik, dessen ganze Familie an einem Tag durch eine Explosion ums Leben kam.
Aber mitten in diesem Leid scheint immer wieder Hoffnung durch: Frauen gelingt es, Einnahmequellen zu erschließen und für sich und ihre Kinder zu sorgen; ein Christ hilft seinem muslimischen Freund, sein zerstörtes Geschäft wieder aufzubauen; Kindersoldaten können von ihrer Familie wieder zurückgeholt werden; Bettlerkinder bekommen die Möglichkeit, in die Schule zu gehen …
Es sind tief bewegende Berichte, die Einblick in die Lebensumstände in diesem Land und in die Arbeit von Schwester Marie-Rose geben. Sie sind einfach und gut verständlich geschrieben. Schön ist, dass die Geschichten in sich abgeschlossen sind und sie auch selektiv gelesen werden können.
Im Anhang sind Hintergrundinformationen zu finden: Eine Zeittafel mit Überblick über die Kämpfe in den Ortschaften, die im Buch vorkommen, eine (leider etwas kleine) Karte Syriens, auf der man die genannten Orte wiederfindet, und ein kurzer Abriss über den Krieg, der in diesem Land schon so lange wütet.
Von J.Henle
