Dieses Buch erzählt von Tim, der seine eigene Abtreibung überlebte. Das frühgeborene Baby kam nach der überstandenen Abtreibung in eine Pflegefamilie, die in diesem Buch offen und ehrlich von den besonderen Herausforderungen aber auch Freuden der Pflege dieses Kindes erzählt. Sie blicken dabei auf achtzehn Jahre im Leben dieses Kindes zurück.
Wer eine zusammenhängende Erzählung erwartet, wird enttäuscht werden. Das spannende Thema wird eher im Stile einer Reportage aufbereitet. Erzählt wird von einem Tag im Leben der Familie Guido, nämlich dem 18. Geburtstag des Pflegekinds, Tim. Dabei kommen unterschiedliche Personen zu Wort, die bruchstückhaft aus der Vergangenheit erzählen, und auch ihre Einschätzung der Ereignisse wiedergeben. Die Geschichte von Tim wird also nicht chronologisch erzählt. Das macht das Lesen zum Teil etwas schwierig, aber der Inhalt ist trotzdem so spannend, dass man gerne weiterliest.
Nach und nach wird die Geschichte der misslungenen Abtreibung erzählt. Das Wertvolle an diesem Buch sind die Fragen, die aufgeworfen werden: Wer definiert, welches Leben lebenswert ist? Ab wann beginnt Leben? Wird heute vielleicht leichtfertig dazu geraten. ein behindertes Kind abzutreiben, um Folgekosten zu sparen? Dabei werden keine Vorwürfe gemacht und es geht nicht um Streitereien über unterschiedliche Standpunkte. Die Autoren stellen einfach Fragen und Erfahrungen in den Raum. Und zwischen diesen Fragen leuchtet immer wieder der schwierige, aber sehr lohnende Alltag mit einem besonderen Kind durch.
Das Ehepaar Guido wurde immer wieder kritisiert, da sie als Pflegeeltern Geld für die Pflege dieses Kindes bekommen. Ich frage mich, welcher der Kritiker selbst bereit wäre, die Opfer auf sich zu nehmen, die die Pflege eines solchen Kindes kostet.
Von Marianne Müller