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Stadtmission: Der Petrus vom Bahnhof Zoo

Der Dieter sei ein Menschenfischer, heißt es in der Bahnhofsmission am Berliner Bahnhof Zoo. Dort, wo der elegante Westen Berlins nicht glänzt, sondern grau und ärmlich ist, führt der Sozialpädagoge Dieter Puhl Top-Manager und Obdachlose zusammen.

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Eine der vielen schön-schrägen Alltagsgeschichten von Dieter Puhl geht so: Der Finanzvorstand der Deutschen Bahn verlässt den prächtigen Bahntower am Potsdamer Platz in Berlin, um mal einen Eindruck von der Arbeit der Sicherheitsmitarbeiter auf den Bahnsteigen zu bekommen. Dieser Rundgang führt auch zu Deutschlands ältester Bahnhofsmission an der Rückseite des Berliner Bahnhof Zoo. Dort steht wie immer eine Traube hungriger Menschen, viele von ihnen verwahrlost und verdreckt, viele betrunken, andere sauber, aber ärmlich gekleidet.

"Unsere Gäste", sagt der Leiter der evangelischen Bahnhofsmission, Dieter Puhl, und bittet den Finanzvorstand in die schlichten Räume. Dieser bleibt außerplanmäßig zwei Stunden und lässt sich von dem eloquenten Mann mit Kinnbärtchen und Brillanten im Ohr mitreißen. Mitreißen für die Notwendigkeit, diesen Menschen, den Ärmsten der Armen am Rande der Gesellschaft, ein wenig Würde zurückzugeben, sie anständig zu behandeln, ihnen Essen zu reichen und ein wenig Wärme und Zuwendung zu spenden.

Drei Tage später ruft der Bahnchef persönlich bei Puhl an und erkundigt sich, ob er etwas tun kann. Seitdem helfen Führungskräfte und Mitarbeiter des Unternehmens regelmäßig und anonym in der Bahnhofsmission aus. Auch Bahnboss Rüdiger Grube selbst hat schon Stullen geschmiert und Tee an Obdachlose ausgeschenkt. Die rund 70 festen ehrenamtlichen Helfer der diakonischen Einrichtung nennen sich üblicherweise beim Vornamen. Deshalb ist auch der Bahnchef dort nur "Rüdiger".

Zudem stellt der Konzern Geld für mobile Einzelfallhelfer der Mission zur Verfügung, die Obdachlose vor dem einsamen Sterben auf den Berliner Straßen retten sollen. Als Verbeugung vor ihrer Arbeit lädt Bahnchef Grube seit 2013 die Mitarbeiter der drei Berliner Bahnhofsmissionen zum Neujahrsempfang in den Bahntower.

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Seit der heute 56-jährige Dieter Puhl die Leitung der Bahnhofsmission vor einigen Jahren übernommen hat, sieht er, wie die Zahl der Bedürftigen von Jahr zu Jahr wächst. Bis zu 600 zählt die Einrichtung mittlerweile täglich – keine Kunden, keine Klienten, sondern "Gäste", wie Puhl immer wieder betont: "Das hat was mit Würde zu tun."

Neben den klassischen Obdachlosen sind immer mehr Osteuropäer darunter, aber auch die "Wilmersdorfer Witwe" mit zu schmaler Rente oder ganze Familien mit Kindern, die sich satt essen wollen. Diese Entwicklung macht dem Sozialpädagogen und Diakon große Sorgen und lässt ihn immer wieder nach neuen Verbündeten in seinem Kampf für die Ausgestoßenen Ausschau halten. Mit unwiderstehlichem Charme holt er viele ins Boot – vom geläuterten Ex-Knacki bis zum Top-Manager.

 "Der Dieter ist ein Petrus, ein Menschenfischer", sagt Ludger Rosenau. Der Endsechziger, den in der Bahnhofsmission alle als Lutz kennen, ging Puhl vor über vier Jahren ins Netz. Nach einer überstandenen schweren Krankheit schwor sich der Top-Manager Gutes zu tun und landete noch zu aktiven Berufszeiten in der Einrichtung. Das geballte Elend machte dem Abteilungsleiter von 800 Mitarbeitern bei Siemens anfangs ziemlich zu schaffen. "Das war wirklich hart", sagt er. Aber nicht zuletzt wegen "Dieter" blieb er und hilft seitdem ein Mal die Woche aus: "Ich bin hier geerdet worden wie noch nie in meinem Leben."

Bei Klaus Hirt war es eine gerichtliche Auflage, die ihn in die Bahnhofsmission führte. Der 42-Jährige bekam vor dreieinhalb Jahren eine Strafe aufgebrummt, die er als ehrenamtliche Arbeit in der Einrichtung der Berliner Stadtmission ableisten musste. Er blieb, weil ihm das tägliche Gutes-tun Struktur in den Alltag brachte und Freude bereitete. "Sonst wäre ich wahrscheinlich wieder abgestürzt." Seit zwei Jahren arbeitet er auf 450-Euro-Basis auf einer der sieben Vollzeitstellen.

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Dieter Puhl will etwas zurückgeben. "Es gibt da eine Geschichte in meinem Leben, die das hier am besten erklärt", sagt er. Vor 19 Jahren war ein enger Freund von ihm sterbenskrank. Er wurde gerettet durch den übergroßen Einsatz von Ärzten, "denen das Leben und der Mensch wichtig war", wie Puhl sagt. "Da hat niemand auf die Uhr geschaut." Das habe ihn geprägt.

(Quelle: epd)

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