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Anja Lehmann: In Anführungsstrichen laut

Biblische 7 Jahre hat es gedauert, bis Anja Lehmann am 11. September mit „Beautiful“ wieder ein Studioalbum herausbringt. Die in Freiburg lebende Schweizerin sprach mit Pascal Görtz über ihr Musikerdasein und die befreiende Wirkung hörbarer Überzeugungen.

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Wenn ich Dich jetzt nach einer ganz schlichten Sache fragen würde, die Dich inspiriert – was würdest Du antworten?
Ich hab eine große Schwäche für Innenraumdesign. Da hab ich ewig viele Hefte zu und viele Möbelstücke von Schrottplätzen gesammelt, die ich dann wieder her mache. Sowas inspiriert mich.

 

Heißt – Du wohnst in einem bunt zusammengewürfelten Wohnraum?
Jaaa!

Da schicken wir Dir mal einen Fotoredakteur vorbei und machen ne Fotoreportage.
Jaaa, mal sehen. Da bin ich eigen. Das ist so richtig mein Privatdings, das teil ich nicht mit allen Leuten. Aber von so manchen Sachen kann ich Dir mal Fotos schicken.

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Okay, sagen wir, Du darfst eine Tür geschlossen halten…
Gut, das ist dann das Schlafzimmer…

Reden wir über Dein neues Album: Seit Deinem letzten Studioalbum ist eine Menge Zeit ins Land gegangen. Du bist viel mit Projektbands unterwegs gewesen – wie hat sich Deine Solokarriere weiterentwickelt?
Ein neues Soloalbum war schon immer im Hinterkopf, nur habe ich solistisch gar nicht so viel für mich gemacht, auch nicht viel geschrieben. Mit meiner Band habe ich ein paar Programme gespielt – Anfangs war ich mit dem “Still believe in you”-CD-Soloprogramm unterwegs, später dann mit der Weihnachts-Tour, wo wir thematisch mal was anderes gemacht haben. Hat sehr viel Spaß gemacht, werden wir hoffentlich auch weiterführen. Zwischendurch habe ich noch an der Schwestern-CD gearbeitet.

 
Bist Du mit Deinem Karriereverlauf zufrieden? Welche Wünsche blieben offen?
Es gab Phasen, da hätte ich mir was Regelmäßigeres gewünscht. Um neun ins Büro zu gehen und um fünf wieder zu gehen und Feierabend zu haben. Und eine regelmäßige Bezahlung zu haben, die auch weitergeht, wenn man in den Urlaub fährt oder krank wird. Und mit anderen Leuten im Büro zusammen zu arbeiten und effizient zu sein, statt zu Hause zu versauern.

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Höre ich da eine gewisse Einsamkeit…?
Ja, [lacht] über Einsamkeit kann ich nicht klagen. Eigentlich ist es ja wohltuend, nicht ständig von fremden Leuten umgeben zu sein. Aber ich krieg die totale Krise, wenn ich nach zwei Wochen zu Hause nicht wieder unterwegs sein kann und irgendwas mach und andere Leute seh.

Die Songtexte des neuen Albums sprechen viel von Überwindung oder dem Wunsch, Gott auch im Schmerz anzubeten. Schwierige Themen – das spricht für ein schweres Album.
Ich empfind es eigentlich nicht als „schwer“. Manche meiner älteren Alben sind noch schwerer vom Gesamtgefühl her. Ich finde es eher realistisch. Und äußerst positiv: Ohne zu verleugnen, wie es im Leben oft läuft, kann ich was an Gottes Schönheit finden – mit gutem Gewissen. Das steht wie ein Dach über meinem Leben – die Schönheit seines Wesens und die Schöpfung beispielsweise.

 
Gibt es Songtexte, die Du als Quasi-Predigten für Dich selbst geschrieben hast?
Ich schreib so oder so viel – ich habe ganze Bücher, in denen ich meine Gedanken zu Papier bringe, in denen ich mit Gott rede und seine Antwort aufschreibe. Ich find’s ne gesunde Art sich auszudrücken, die Dinge beim Namen zu nennen und den Blick nach vorne zu haben.

 

In den Texten finde ich jemand, der schon Antworten auf viele schwere Fragen gefunden zu haben scheint. Wie machst Du das persönlich – das Loslassen, und Kontrolle aufzugeben?
Kontrolle aufzugeben find ich ganz schwer. Meistens merke ich das auf den ersten Metern überhaupt nicht, dass das gerade das Problem ist, und wenn ich es merke, ist das ein richtiger Kampf. Mit der Frage, ob ich dann nicht selbst zu kurz komme, wenn ich Kontrolle abgebe. Woher weiß ich, dass das jetzt gut geht? Das garantiert mir ja keiner. Loslassen ohne was sehen zu können, finde ich schwer. [kurze Pause] Aber ich mach´s – immer wieder. Und das ist GUT!

Du lebst von der Musik?
Ja, seit mehreren Jahren.

 

Gerade vor dem Hintergrund dieses Karriereentwurfs ist die Frage nach Sicherheit spannend…
Da bin ich sehr gesegnet. Ich hatte in meinem Leben noch nie die Existenzangst. Der Lebensentwurf wäre nichts für Menschen, die sehr auf Sicherheit bedacht sind.

Was macht denn „die Anja“ außer der Musik noch aus? Was würden Freunde sagen?
[lacht] Die würden Dir wahrscheinlich sehr wenig über die Musik erzählen. Musik ist ein Kanal, aber ich würde mich auch nie als „Komplettmusikerin“ bezeichnen. Sie würden allerdings schon sagen, dass ich kreativ bin, aber zum Beispiel auch dass ich sehr wahrheitsliebend bin und das auch sehr genau nehme.

 

…heißt: Du kannst richtig fuchsig werden, wenn man mit Dir nicht ehrlich umgeht?
Ja, extremst. Ich mag Aufrichtigkeit und nicht die "höfliche Verdrehung von Tatsachen". Und ich mag auch kein Gelaber. Jemand hat mal zu mir gesagt „Ach, spar Dir doch Deine frommen Antworten!“. Da bin ich dann echt schier durchs Telefon gekommen. Diese Aussagen haben mich viel gekostet und ich meine sie von ganzem Herzen, sonst würde ich sowas nicht sagen. Was ich nicht auch so meine, sage ch nicht von der Bühne runter. Aussagen mögen dann im frommen Kleid dastehen, aber entweder das bin ich, oder ich hab da nix verloren. Da bin ich sehr hart mit mir selber.

Ist das eine Frage des Wortgehalts oder des „Kleides“?
Christliche Aussagen können nix dafür, dass sie von Leuten missbraucht worden sind und deswegen in den Ohren Vieler nur noch Gelaber sind. Ein Biologe spricht auch mit seinem Fachjargon, und wenn ich sage ‚Ich habe Gottes Gnade erlebt’, dann meine ich Gottes Gnade und nicht ‚Das hab ich mal so im Gottesdienst gehört’.

Gerth Medien wirbt für dein neues Album mit dem Zitat, Du wolltest ein “Megaphon für Gott” sein. Bist Du ein lauter Mensch?
Teilweise. Ich war nicht immer ein "lauter" Mensch. Aber ich habe gelernt, dass es etwas Befreiendes sein kann, wenn man sich und das, wovon man überzeugt ist, hörbar macht, statt an sich zu halten damit. Ich würde mich mittlerweile als sehr leidenschaftlichen Menschen bezeichnen. Leidenschaft ist für andere sichtbar – gar nicht mal unbedingt von der Lautstärke her. Das ist dann eben „in Anführungsstrichen laut“.
 

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