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Eugene Peterson: Der Mann hinter „The Message“

Pastor Eugene Peterson ist ein Pionier der modernen Bibelübersetzungen. Die Alltagssprache zu treffen, das war sein Anliegen. Seine Inspiration kam aus der Gemeindepraxis.

Eugene H. Peterson wurde 1932 geboren und wuchs später in den Bergen Montanas auf. Die Gebirgslandschaft mit ihren Seen formte in ihm eine „heilige Vorstellungskraft“, ein Bewusstsein, dass Gottes Wirken auf dieser Welt immer konkret an Orte und Zeiten gebunden ist. Peterson sah bei vielen Christen die Gefahr, Gottes Wirken abstrakt und von der Welt abgehoben zu denken. Seine Heimat in Montana wurde für ihn der größte Schutz dagegen. Auch später hat er fast in jedem Lebensjahr mindestens einen Monat in dieser Landschaft verbracht und nannte sie „meinen brennenden Busch, meine Horeb-Höhle, meine Insel Patmos“.

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Peterson wurde von klein auf christlich geprägt. Seine Mutter konnte biblische Geschichten so lebensnah erzählen, dass er fast enttäuscht war, als er entdeckte, dass einige seiner Lieblingsdetails gar nicht in der Bibel standen. Sein Vater besaß eine Schlachterei. In seinem Geschäft wurden die Besucher als Personen behandelt, nicht nur als Kunden. Selbst die Damen des nahegelegenen Bordells wurden bei ihm mit Vornamen begrüßt und verließen die Schlachterei, ohne dass hinter ihrem Rücken moralische Kommentare gemacht wurden. Gemeinde als Ort, wo Menschen nicht auf ihre Funktionen reduziert, sondern als Menschen und Personen gesehen werden, die ihre Würde unverlierbar durch Gott geschenkt bekommen haben, so erlebte Peterson das Geschäft seines Vaters.

Mit seinen Eltern ging er in eine recht strenge Pfingstgemeinde. Er besaß eine große Leidenschaft und ein großes Interesse an Gott, Gebet, Gemeinde und Bibel. Die Pastoren seiner Gemeinde hingegen erlebte er als Durchreisende, die ambitioniert begannen, aber früher oder später enttäuscht feststellten, dass die Mitglieder sich nicht für ihre großartigen Erweckungsfantasien eigneten. So zogen sie weiter auf der Suche nach besserem Gemeindematerial.

Pastor aus Versehen

Peterson dachte deshalb gar nicht daran, selbst mal einer zu werden. Stattdessen studierte er Philosophie. Allerdings fiel es ihm schwer, damit einen Job zu finden, und so erwog er seine Optionen: in der Schlachterei seines Vaters arbeiten, in die Armee eintreten oder eine theologische Ausbildung. Zögerlich entschied er sich für letzteres, allerdings in der Hoffnung, später einmal Dozent statt Pastor zu werden. Seine Begeisterung und Begabung für Sprachen führten dazu, dass er zusätzlich einen Abschluss in Sprachwissenschaften für Semitische Sprachen erwarb.

Das Seminar verschaffte ihm mehr positive theologische Erkenntnisse und bereichernde Begegnungen, als er erwartet hatte. Zwei Begegnungen waren für sein weiteres Leben besonders prägend: Jan und Johannes.

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Jan Stubbs war eine junge Frau, die Peterson bei einer Gemeindeveranstaltung kennenlernte. Beide entwickelten Zuneigung zueinander, die allerdings von der Tatsache überschattet wurde, dass Jan davon träumte, einmal die Ehefrau eines Pastors zu werden. Peterson hatte keinen Zweifel daran, dass sie eine hervorragende Pastorenfrau abgeben würde. Das Problem war, dass er sich nicht als Pastor sah. Zum Glück war sie bereit, ihn zu heiraten, auch wenn er nur theologischer Lehrer an einem Seminar war.


Zu den Aufgaben dieses Seminars gehörte es, dass man pastorale Dienste in der Gemeinde übernahm. Zuerst wurde Peterson Trainer einer kirchlichen Basketball-Mannschaft. Aber später musste er in einer Gemeinde Bibelstunden über die Offenbarung des Johannes halten. Und das gefiel ihm viel besser, als er erwartet hatte. Er bekam das Gefühl, dass der Unterricht in der Gemeinde viel mehr mit dem Leben zu tun hatte und damit auch dem entsprach, was er als Ziel der biblischen Schriften erkannte. Johannes von Patmos, der Verfasser der Offenbarung, wurde für ihn zum ersten positiven Pastor in seinem Leben. Ein Pastor, der sogar über die Entfernung hinweg versuchte, seine Gemeinde mit Gott in Kontakt zu bringen. Peterson sah, dass er beim Auslegen der Offenbarung genau das tat, was Johannes getan hatte, und merkte überrascht, dass er zu einem Pastor geworden war.

Daraufhin verließ er den Seminarbetrieb und gründete zusammen mit seiner Frau eine kleine Presbyterianische Gemeinde in Maryland, in der er fast 30 Jahre als Pastor aktiv war.

Was macht einen Pastor aus?

Die Frage, was ein Pastor ist und tut, beschäftigte Peterson dabei noch jahrzehntelang. Die Vorstellungen, denen er begegnete, waren vielfältig, orientierten sich aber eher an weltlichen Berufen. Der Pastor als unterhaltender Showmaster, als Produzent religiöser Waren, die der Gemeinde angedreht werden müssen, als Therapeut, der in seinen Gemeindegliedern vor allem Beratungsfälle sieht, oder als Geschäftsführer einer religiösen Organisation. Zusammen mit anderen Pastoren und einem jüdischen Rabbi traf sich Peterson in einer Art Selbsthilfegruppe und versuchte, ein Pastorenbild zurückzugewinnen, das von der Bibel geprägt war.

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In mehreren Büchern veröffentlichte er seine Gedanken dazu. Zentral wurden für ihn drei Dinge: Bibellesen (auf Gott hören), Gebet (Gott antworten) und geistliche Begleitung (anderen helfen, in ihrem Leben auf Gott zu hören und ihm zu antworten). Zeit zu haben für Gespräche mit Gott und den Menschen war ihm wichtig, dabei waren seine Gesprächspartner zum Teil schon verstorben: Er trug sich in seinen Kalender Termine für Gespräche mit Fjodor Dostojewski oder Karl Barth ein, um aus deren Büchern geistliche Kraft zu schöpfen.

Galater als Gegenmittel

Petersons Bibelübersetzung „The Message“ („Die Botschaft“) entstand eher zufällig. Er übersetzte für seine Gemeinde immer wieder Bibeltexte in ihre Alltagssprache, damit sie diese besser verstehen und in ihr Gebetsleben einbauen konnten.

Anfang der 80er-Jahre erschütterten eine Finanzkrise und Rassenunruhen die Gegend seiner Gemeinde und die gesellschaftliche Angst erfasste auch die Mitglieder. Peterson hielt die Botschaft des Evangeliums für das beste Gegenmittel und beschloss, mit ihnen zwei Jahre lang intensiv den Galaterbrief zu bearbeiten.

Leider blieb die Begeisterung innerhalb der Gemeinde aus. Die Gemeindeglieder verstanden nicht, was am Galaterbrief so revolutionär sein sollte.

Peterson war so frustriert, dass er sogar erwog, ihnen allen Griechisch beizubringen, damit sie Paulus im Original lesen und sich endlich begeistern lassen würden.

Auf den Rat seiner Frau hin entschied er sich für die andere Richtung: Er übertrug den Text neu in die Alltagssprache seiner Gemeindeglieder. Bei den gemeinsamen Treffen arbeitete er mit ihnen gemeinsam an diesem Text und bezog ihre Vorschläge mit ein. Und die Gemeindeglieder waren begeistert. Nach neun Monaten war diese gemeinsame Übersetzung fertig und Peterson predigte im Gottesdienst weitere neun Monate über diesen Galater-Text. Anschließend veröffentlichte er seine Predigten zusammen mit der Übersetzung in dem Buch „Traveling Light“.

Einige Jahre später schrieb ihm ein Redakteur, der sich die Übersetzung aus dem Buch kopiert hatte und sie als Mini-Bibel mit sich herumtrug. Allerdings hatte er nun langsam genug vom Galaterbrief und fragte nach dem Rest des Neuen Testaments.

Die komplette Übersetzung entsteht

Nach mehreren Jahren des Werbens durch den Redakteur ließ Peterson sich überzeugen. Er kündigte nach 29 Jahren seine Stelle als Pastor und nahm eine Professorenstelle an, die ihm auch Zeit für die Übersetzung ließ. Er veröffentlichte 1993 das Neue Testament und dann in verschiedenen Abschnitten das Alte Testament. 2002 war seine Arbeit abgeschlossen.

Beim Übersetzen merkte Peterson, dass er mit dieser Arbeit genau das fortführte, was er als Pastor getan hatte, nämlich das Reden Gottes in das Leben der Menschen zu bringen.

Er sagte, dass es kaum eine Seite der Bibel gab, die er nicht auf die eine oder andere Weise lebendig werden sah in den Menschen, mit denen er gelebt und gearbeitet hatte.

In dem Buch „Nimm und lies. Die Bibel als Lebensmittel“ legt er seine Grundsätze für die Übersetzung dar. Ihm lag z. B. besonders daran, die Bibel vor der „Entweihung nach oben“ zu bewahren, in der Begriffe so aufgeblasen werden, dass sie zwar erhaben klingen, aber abstrakt und unverständlich sind – etwas, das er bei der im englischen Sprachraum sehr verbreiteten „King-James-Übersetzung“ kritisierte.

Antike Alltagssprache

Das Neue Testament hat in seiner griechischen Fassung einen Wortschatz von ca. fünftausend Wörtern. Fünfhundert sind nur dort und in keinem anderen antiken griechischen Text zu finden. Dafür gab es stets verschiedenen Theorien, zum Beispiel, dass diese Wörter direkt vom Heiligen Geist erfunden wurden, um die Einzigartigkeit der biblischen Botschaft zu verdeutlichen.

Eines dieser Wörter ist das Wort „täglich“ aus der vierten Bitte des Vaterunsers „Unser tägliches Brot gib uns heute“. In der Kirchengeschichte gab es verschiedene Auslegungen, die nun versuchten, die Besonderheit dieses Brotes zu erklären. „Brot des Lebens“, „Abendmahl“, „Manna vom Himmel“, „Brot der Engel“ oder „Himmelsbrot“ waren Vorschläge.

Im Jahr 1897 wurde in Ägypten im Ort Oxyrhynchus eine antike Müllhalde mit Papyri-Schnipseln entdeckt. Auf diesen Papyri-Schnipseln fanden sich keine großen Werke der antiken Literatur, sondern Briefe, Einkaufslisten und Quittungen. Schriftstücke, die im Alltag benutzt wurden, und dementsprechend alltäglich war ihre Sprache: Fast alle der Worte, die bis dahin nur im Neuen Testament zu finden waren, waren auch in diesen Zetteln enthalten. Auch das Wort „täglich“ aus dem Vaterunser fand sich dort, wenn z.B. eine Mutter ihrem Sohn auftrug, auf dem Markt „tägliches Brot“, also frisches und nicht vom Vortag, zu kaufen. Der Heilige Geist hatte sich also keine eigenen Wörter erschaffen, sondern das Neue Testament war in der Sprache geschrieben worden, die man damals auf der Straße sprach.

Deshalb wollte Peterson, dass auch seine Übersetzung möglichst alltagsnah ist. Er übersetzt daher die entsprechende Bitte so: „Keep us alive with three square meals.“ („Halte uns lebendig mit drei anständigen Mahlzeiten.“) Peterson war sich dabei der Spannung bewusst, die bei einer Übersetzung zwischen den beiden Polen „Was hat er gesagt?“ und „Was hat er gemeint?“ besteht. Peterson konnte die Spannung nicht auflösen, richtete seine Aufmerksamkeit aber stärker auf den zweiten Aspekt. Für ihn war eine Übersetzung weniger eine exakte Kopie, sondern vielmehr ein Kind des Originals.

So erhob er auch nicht den Anspruch, dass seine Übersetzung die beste sei, sondern nannte sie ausdrücklich eine Ergänzung.

Für ihn war die Bibel selbst dazu da, Raum und Freiheit zu geben, um mit Gott in eine Unterhaltung eintreten zu können, und seine Übersetzung ist ein Beitrag zu dieser Unterhaltung.

Offenes Geheimnis

Eugene Peterson starb am 22. Oktober 2018 im Alter von 85 Jahren. Er hat neben der „Message“ noch 35 Bücher über geistliche Themen geschrieben. Auf seiner Trauerfeier las sein Sohn Leif ein Gedicht vor, in dem er sagte, dass sein Vater in Wirklichkeit nur eine Botschaft hatte:

Es ist fast amüsant, wie du sie reingelegt hast, wie du sie 30 Jahre lang jede Woche hast denken lassen, dass du ihnen etwas Neues sagst. Sie hielten dich in deiner langen schwarzen Robe für einen Zauberer, der in seinen Ärmeln so viel versteckt, dass er immer etwas Neues hervorziehen konnte. Und sie dachten, es wäre nur für sie. Sie wussten nicht, wie einfach es war. Sie waren blind für dein Geheimnis. Aber mir hast du es seit 50 Jahren immer wieder gesagt. 50 Jahre lang bist du nachts in mein Zimmer geschlichen und hast es meinem schlafenden Kopf zugeflüstert. Es ist die gleiche Botschaft, wieder und wieder: „Gott liebt dich. Er ist auf deiner Seite. Er läuft dir nach. Er gibt niemals auf.“


Knut Nippe ist Gemeindepastor in Neustadt in Holstein. Er schrieb diesen Text zuerst für das Special der Zeitschrift Faszination Bibel. Faszination Bibel ist ein Produkt des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört. 

 

 

Die Bibelübersetzung „The Message“ ist in Deutschland in der Regel nur noch als Gebrauchtware zu bekommen, zum Beispiel hier. Von Eugene H. Peterson sind noch weitere Bücher auf Deutsch erschienen, lieferbar ist jedoch nur noch:

 

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