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Dem Himmel so nah – oder: Wie ich mir die Ewigkeit vorstelle

Der Himmel – wo ist er und wie ist er? Hannah Ponsel schwankt zwischen „kitschig-romantisch verklärten Seifenblasenfantasien“ hin und her. Doch während sie dem Himmel so nachspürt, entdeckt sie eine tiefe Wahrheit im jüdischen Gruß „Shalom“ – Gottes neue Schöpfung muss noch „gedeihen“.

Der Himmel wird uns noch viel Arbeit machen – auch wenn die eigentliche Arbeit schon getan ist. Ich meine diese Geschichte mit Gott, Adam, Noah, Abraham, Josef, Jesus, dem Kreuz, der Gemeinde, mir und dir. Ganz fertig sind wir ja anscheinend noch nicht – zumindest finde ich mich immer noch in dieser Welt wieder, die voller Zerstörung, Unvollkommenheit, Trennung und ängstlichen Fragen ist.

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Ich glaube nicht, dass wir irgendwann einfach die Augen schließen, um dann in der Glückseligkeit einer perfekten Welt zu erwachen. Man stelle sich vor, dass wir dermaleinst die Augen wieder aufmachen und uns in einer prunküberladenen Modellstadt voll von seltsamen Wesen wiederfinden, die sich vor allem durch die Anzahl ihrer Flügel unterscheiden, überschattet von der überwältigenden Gegenwart des Einen, Omnipräsenten. Und mittendrin steht Jesus als Immobilienmakler und weist seinen Schäfchen ihre Wohnparzellen zu: „Ach, meine liebe Hildegard, sieh mal hier, ein Häuschen mit extra Kräutergarten für deine Forschungen. Und Augustinus, für dich habe ich hier ein Apartment der Marke „extra schlicht“ bereitet – du hattest ja genug Luxus im früheren Leben, nicht wahr?!“ Naja, das führt vielleicht doch zu weit.

Dann vielleicht eher: der Garten. Das perfekte Ökosystem, geheilte Natur, ungespritzte Biofrüchte in Hülle und Fülle, einmal einem Löwen durch die Mähne wuscheln, unter Tautropfen im sanften Moosbett erwachen, umgeben vom Morgenkonzert der Paradiesvögel mit Zufriedenheit im Herzen und einem ersten Loblied auf den Lippen.

Bild: pixabay

Ich schwanke zwischen solchen kitschig-romantisch verklärten Seifenblasenfantasien hin und her. Doch sobald ich genauer hinsehe, schillern mir die bunten Kugeln unangenehm künstlich in den Augen und zerplatzen allzu schnell an den scharfen Kanten des nächsten Schicksalsschlages oder einfach am schnöden Alltag.

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Vielleicht kann ich den Himmel weniger als Ort verstehen, sondern eher als Bewegung, als eine Entwicklung, zu der wir alle schon hier mit beitragen können. Vielleicht spüren wir manchmal einen Hauch davon, eine flüchtige Ahnung, allzu schnell wieder vergessen und doch präsent. Ein Seufzen der Schöpfung, das Atmen einer tiefen Sehnsucht, eine geflüsterte Verheißung: „Und das Werk der Gerechtigkeit wird Friede sein und der Ertrag der Gerechtigkeit Ruhe und Sicherheit für ewig.“

Wieder heil

Die Bibel hat ein Wort für dieses Geschehen: „Schalom“ – ein Begriff, der weit hinausgeht über das, was wir normalerweise mit dem Wort Frieden ausdrücken. Er steht in den biblischen Überlieferungen für die Zusammenhänge und Auswirkungen eines heilen Beziehungsgeflechts zwischen den Menschen, Gott und der Schöpfung. „Schalom“ leitet sich von einem Tätigkeitswort ab, dessen Grundbedeutung „vollständig machen“, „ganz sein“ und entsprechend „gelingen“ und „gedeihen“ ist. Schalom meint: Ganzsein, Heilsein, Wohlsein.

Längst wissen wir aus Ökologie, Physik, Bindungstheorie und täglichem Erleben, dass wir viel verwobener sind in die Beziehungen, in die wir hineingeschaffen wurden, als es uns oft bewusst ist. Dass die Schöpfung ein großes Netz aus aufeinander zu geschaffenen Wesen ist. Dass wir voneinander abhängig sind, weil wir voneinander zusammengehalten werden.

Bild: pixabay

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Vielleicht stehe ich heute Abend auf unserem Balkon und blicke hinauf in den Sternenhimmel und spüre dieses Flüstern der Ewigkeit in mein donnerstägliches Soap-Ritual hineinwehen. Vielleicht sehen wir uns einmal wieder und aller Schmerz ist geheilt. Schalom ist keine Seifenblase, die sanft herüberschwebt, uns mit ihrer Farbenpracht einlullt und uns hinfortträgt im sanften Schwebezustand der Vollkommenheit. Vielmehr wird im alltäglichen Miteinander, im Aushalten von Konflikten und Krisen und in langsamer Aufdeckung und Verwandlung gesellschaftlicher Missstände diese andere Dimension sichtbar, von der wir bereits durchdrungen sind. Ein Bekannter hatte den Schriftzug „Solidarität mit den Schwachen“ in seiner Wohnung aufgehängt – über seinem Spiegel. Frieden mit Gott, meinen Mitgeschöpfen und mir selbst.

„Es konnte nur den Einen geben, der lieber selbst auf dem Weg nach Golgatha zusammengebrochen ist, als mit uns zu brechen“

Schalom, geheilte Beziehungen auf allen Ebenen. Schöpfungsbewahrung. Gerechtigkeit. Frieden. Große Worte. Mit Blick auf vergangene Zeiten und aktuelle Ereignisse erscheinen sie oft verzerrt und unerreichbar. Worte, die hohl klingen in den Ohren derer, die mit einer völlig gegenteiligen Welt umgehen müssen. Und doch ist dieses Versprechen, das so alt wie die Welt selbst ist, unumstößlich. Es konnte nur den Einen geben, der lieber selbst auf dem Weg nach Golgatha zusammengebrochen ist, als mit uns zu brechen. Der dann wieder aufersteht und gezeichnet von Wundmalen „Und der Tod wird nicht mehr sein“ hineinruft in seine zerbrechliche, verletzte Schöpfung – und alles ist anders. Das wird schon noch. Alles ist getan. So viel ist noch zu tun. Friede mit uns: Schalom.

Von Hannah Ponsel


Dieses Beitrag stammt aus dem Buch:

„Nicht von dieser Welt“ von Pascal Görtz (Hrsg.)

SCM Collection

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