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Messianische Juden: Württembergische Pietisten werfen Kirchentag Zensur vor

Scharfe Kritik am Deutschen Evangelischen Kirchentag haben württembergische Pietisten geübt. Sie wenden sich dagegen, dass er eine Mitwirkung von messianischen Juden im Programm des Stuttgarter Protestantentreffens vom 3. bis 7. Juni ablehnt.

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Messianische Juden glauben – wie Christen – an Jesus Christus als den Messias. Im Unterschied zu Kirchenmitgliedern verstehen sie sich als Teil des jüdischen Volkes und seiner Traditionen. Mitte November hatte der Kirchentag dem Jüdisch-Arabisch-Christlichen Forum mitgeteilt, dass es nicht zum "Markt der Möglichkeiten" zugelassen wird. Es vereint messianische Juden und arabische Christen sowie landes- und freikirchliche Gemeinden und wird vom Christlichen Zentrum Schönblick betreut, eine Einrichtung des (pietistischen) Evangelischen Gemeinschaftsverbandes Württemberg "Die Apis". Das Forum will zur Versöhnung und Verständigung von Christen aus verschiedenen kulturellen Hintergründen beitragen: Beteiligt sind Araber, Juden, die an Jesus Christus glauben, sowie Christen verschiedener Konfessionen und Traditionen aus Deutschland. Ziel des Standes beim Markt der Möglichkeiten sollte sein, über Dialoge zu informieren sowie auf ähnliche Initiativen im Nahen Osten hinzuweisen. Der "Schönblick" darf sich, so der Kirchentag, auf dem Markt präsentieren, sofern er weder messianisch-jüdische Gruppen beteiligt noch ihre Anliegen weitergibt. 

Entscheidung ist "befremdlich und beschämend"

Der Gemeinschaftsverband und das Zentrum "Schönblick" protestieren gegen die Entscheidung des Kirchentages. Dessen Verhalten sei "außerordentlich befremdlich, sehr besorgniserregend und im Blick auf an Jesus Christus glaubende Juden zutiefst beschämend", erklärten der Vorsitzende des Verbandes, Pfarrer Steffen Kern, und "Schönblick"-Direktor Martin Scheuermann am 26. November. Sie halten es für nicht akzeptabel, dass messianisch-jüdische Gruppen am Stand des Schönblick-Gästezentrums auf dem "Markt der Möglichkeiten" nicht mitwirken dürfen und auch deren Inhalte untersagt seien. Der Kirchentag maße sich damit an, "eine sachkritische Zensur im Blick auf die Präsentationen der beteiligten Werke zu üben und so die Meinungsfreiheit von engagierten Vertretern der gastgebenden Landeskirche zu beschränken". Dies sei angesichts der Vielfalt der weltanschaulichen und multireligiösen Angebote auf dem "Markt der Möglichkeiten" "geradezu grotesk". Der Gemeinschaftsverband und der "Schönblick" stellten an das Kirchentagspräsidium den Antrag, die Entscheidung zu überdenken.

Kirchentag: Juden haben eigenen Heilsweg

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Der Leiter der Kommunikation des Kirchentages, Stephan von Kolson, erklärte auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, wer die Mitwirkungsbedingungen erfülle, werde zum Markt der Möglichkeiten zugelassen. Im Blick auf messianische Juden gebe es einen Beschluss des Kirchentagspräsidiums, wonach christlichen Gruppen mit judenmissionarischer Intention und Praxis keine aktive Teilnahme gewährt werden könne. Der Kirchentag begründet den Ausschluss messianischer Juden und ihrer christlichen Förderer vor allem theologisch. Juden fehle nichts zum Heil, wenn sie das christliche Bekenntnis, dass Jesus für alle gestorben ist, nicht teilten, heißt es in einer Grundsatzerklärung. Darin wird die Überwindung eines christlichen "Vormundschaftsanspruchs" gefordert. Christen und Juden mit anderen biblischen Einsichten wird "Ignoranz und Überheblichkeit" vorgeworfen sowie unterstellt, dass sie eine aggressive Judenmission betrieben. Dadurch gefährdeten sie den jüdisch-christlichen Dialog.

"Evangeliumsdienst für Israel" beim "Abend der Begegnung" nicht zugelassen

Dem Evangeliumsdienst für Israel, der messianische Gemeinden in Deutschland und in Israel unterstützt, wurde ein Stand beim "Abend der Begegnung" des Kirchentages verwehrt. Er wollte unter anderem Spezialitäten aus dem Heiligen Land anbieten. Anfang November hatte der Kirchentag mitgeteilt, dass sich messianische Gemeinden nicht an dem württembergischen Projekt "Stuttgarts Reichtum" beteiligen können. Man habe sie bei der Auswahl von "Gemeinden anderer Sprache und Herkunft" nicht berücksichtigt. Laut Kirchentag sollen bei diesem Projekt fremdsprachige Gemeinden und andere Religionsgemeinschaften Gäste in ihren Räumlichkeiten willkommen heißen "und dabei miteinander ins Gespräch kommen, feiern, speisen oder beten". Zwei Stuttgarter jüdisch-messianische Gemeinden mit mehrheitlich russischsprachigen Mitgliedern wollten zu einem offenen Schabbatgottesdienst einladen. 

Den Synodenbeschlüssen folgen keine Taten

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Der Geschäftsführer und Theologische Leiter des Evangeliumsdienstes für Israel, Armin Bachor, ist enttäuscht, dass sich die württembergische Landeskirche offensichtlich nicht gegen den Kirchentag durchsetzen könne. Die Synode habe im Jahr 2000 im Nachklang zum Kirchentag 1999 in Stuttgart in einem einstimmig angenommenen Beschluss festgestellt, dass sie sowohl mit jüdischen Gemeinden als auch mit messianischen Juden und ihren Gemeinden in freundschaftlichem Kontakt und Austausch bleiben und für beide eintreten wolle. Diese Absicht sei im September 2013 erneut von der Synode und der Kirchenleitung gemeinsam bekräftigt worden. Jetzt sei die Gelegenheit, diesen Worten "ganz unspektakulär wirksame Taten folgen zu lassen", sagte Bachor der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Die Pläne für ein Kirchentags-Podium "Evangelische Kirche und messianische Juden", an dem auch Vertreter von messianisch-jüdischen Gemeinden beteiligt werden sollen, hält Bachor für einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Der Forderung, in die Vorbereitungen mit eingebunden zu werden, sei bisher jedoch nicht entsprochen worden 

Württemberg zahlt sechs Millionen Euro

Der Theologische Referent im württembergischen Oberkirchenrat, Kirchenrat Frank Zeeb, wies auf Anfrage von idea darauf hin, dass der Kirchentag ein eigenständiger Verein sei, "der seine Angelegenheiten selbstständig regelt und keinen Weisungen unterworfen" ist. Die Landeskirche setze sich in den Kirchentagsgremien dafür ein, "dass die Breite des kirchlichen Lebens, wie sie in Württemberg zum großen Glück vorhanden ist, sich auch auf dem Kirchentag widerspiegelt". Die Landeskirche beteiligt sich an den Gesamtkosten von 22 Millionen Euro mit sechs Millionen Euro.

(Quelle: Idea.de)

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