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Trauung auf dem Kirchentag: Gemeinschafts-Unterkunft als „Hochzeitssuite“

Es war heiß, am Freitag in Stuttgart. Unsere standesamtliche Trauung am 5. Juni erlebten wir als Kirchentagsfahrer. Im Standesamt trugen wir, als Ehepaar, die roten Schals mit der weißen Aufschrift „damit wir klug werden“ über die Schulter. Meine Jüngste drehte sich daraus ein Stirnband.

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Inzwischen sind die Schals zusammengefaltet. Tag vier als Ehefrau hat begonnen und der Alltag klopft an. Der Hund schlummert in seinem Körbchen, die Töchter sind zur Schule, der Ehemann im Betrieb. Mein Brautstrauß ist nicht mehr ganz taufrisch.

Ein fröhliches Fest sollte unsere Hochzeit sein. Wir wünschten uns eine Trauung zwischen dem Trubel des Kirchentags, parallel zu den Diskussionsrunden und dem Markt der Möglichkeiten. Sicher, es war ein Experiment. Und wir finden, es ist gelungen. Am Mittwoch, als wir an der letzten Ampel vor dem Ortsschild unserer Heimatstadt den Blinker setzten, waren die Ringe das wichtigste Accessoire im Gepäck. „Herzlich Willkommen der lieben Hochzeitsfamilie!“ malte unsere Gastgeberin im CVJM Haus Möglingen mit Kreide auf eine Tafel quer über die Wand. Wir waren gekommen, um den Kirchentag zu besuchen und zu heiraten. Die Künstlerin des Wandbildes war zwei Tage später meine Trauzeugin. Die Zimmer mit den Stockbetten, die Großraumküche und die Gemeinschafts-Waschräume nannten wir liebevoll „unsere Hochzeitssuite“.

Der Gedanke an die bevorstehende Trauung vermischte sich mit den Eindrücken am Abend der Begegnung und den Erlebnissen am Donnerstag. Wir fühlten uns eingebettet in die großartige Kulisse. Als ein Teil davon. Teil einer Geschichte, die zwischen Kirchentagsgewusel vor dem Gesetz besiegelt wird und eine Station auf dem Lebensweg ist, mitten im Umbruch und neuem Denken.

Freitagmorgens, im Stockbett um halb acht, wachte ich auf mit dem Gedanken: „heute bin ich Braut“. Stylen im Waschraum, knappes Frühstück und los. Unsere Gastgeberin hatte die Kleidung aufgebügelt. Die Schals lagen bereit. Vor dem Standesamt Bad Cannstatt brachte eine Freundin den Brautstrauß. Mit dem Strauß in der Hand war ich endgültig Braut. Dann hupte es neben uns und ein Auto mit Wunsiedler Kennzeichen bog ein. Freunde waren früh um vier Uhr aufgestanden und rechtzeitig in Selb losgefahren, um pünktlich um 10 Uhr da zu sein.

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„Gut dass wir einander haben“

In meinem Kopf verschwammen Ort, Zeit und Geschehen. Menschen von zu Hause, Freunde von „Kirche unterwegs“, alte Bekannte von Jesus.de und einige Neugierige begleiteten uns ins Standesamt. Meine Tochter teilte Liedblätter aus. „Gut, dass wir einander haben“: Alle drei Strophen haben wir uns gewünscht. Volker, Trauzeuge von meinem Mann, packte die Gitarre aus. Geübt hat er kurz vorher in der Bahn. Rund 30 Leute sangen mit uns dieses Lied und füllten den Raum. Mehr Kirchentag als Hochzeit? Die Standesbeamtin vor mir war bewegt. Aufgeregter als ich. Ich spürte, ich erlebe einen Moment, der durch und durch gut und gesegnet ist. Mein Mann ist jetzt ganz offiziell mein Mann. Nach dem Jawort applaudieren die Gäste hinter uns. Meine Töchter sind glücklich. Die jüngere wirft meinem Mann die Arme um den Hals. „Du hast Dich nicht rasiert“, sagt sie. Es war Kirchentag, da ging das morgens unter….

„Nun danket alle Gott“ und „Großer Gott wir loben Dich“ spielte ein Posaunenchor, der für zehn Uhr an diesem Platz zum Dienst eingeteilt war. Unsere Freunde jubeln, lassen uns durch rote Schnüre steigen, schmücken meine Tasche mit rosa Röschen. „Komm Herr segne uns“ singen wir dann mit. Frisch verheiratet. Fremde Menschen kommen auf uns zu und gratulieren. Wir positionieren uns unter den Kirchentagsfahnen zum Gruppenfoto.

Nach dem Mittagessen fahren wir in unsere „Suite“ und ziehen uns um. Kurze Jeans, weite Leinenbluse. Viereinhalb Stunden lang verheiratet stehen wir auf dem Bahngleis in Asperg und warten auf die S5. Niemand in der Bahn sieht uns an, dass wir heute geheiratet haben. Wir schauen auf unsere Ringe und blinzeln uns zu. Wir feiern bei einem Folk-Konzert. Später am Abend schlecken wir auf dem Schlossplatz ein Eis. Der erste Gottesdienst, den wir als Ehepaar besuchen, ist der Abschlussgottesdienst am Sonntag auf den Cannstatter Wasen. Wir gehen Hand in Hand durch die Menschenmenge. Verheiratet. Dann geht es nach Hause. Ich sitze auf dem Beifahrersitz und halte meinen Brautstrauß in der Hand. Der Kirchentagsschal ist für die Fahrer hinter uns gut durch das Heckfenster sichtbar. Zuhause wartet der Alltag. Schule, Beruf, Hund und Krankenbesuche. Der perfekteste Ort für unsere Hochzeit ist der Kirchentag gewesen.
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Fotos vom Kirchentag finden Sie hier.

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(Quelle: jesus.de)

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