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Atheismus: 5 Gründe, warum ich kein Atheist bin

Atheisten sind „konsequente Menschen“, findet Pastor Alexander Garth. Trotzdem ist der Atheismus für ihn keine Alternative zum Gottesglauben. Warum das nur scheinbar ein Widerspruch ist.

Von Alexander Garth

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Gibt’s das? Man stelle sich vor: Ein Atheist, ein Philosoph und ein Theologe sind zusammen in einen dunklen Raum gesperrt. Sie sollen eine schwarze Katze finden. Der Atheist sucht erst gar nicht. Für ihn steht fest: Es gibt keine schwarze Katze in diesem Raum. Der Philosoph tappt unsicher im Dunkeln herum, um die Katze zu suchen, die durchaus da sein könnte. Der Theologe schreit: „Ich hab sie!“ Es ist aber nur eine Behauptung. – Die Frage ist, ob sich die schwarze Katze tatsächlich im Raum befindet. Gibt es die Katze und kann man sie wirklich finden?

Ganz schön konsequent!

Eigentlich sind Atheisten konsequente Menschen. Sie schlussfolgern aus dem, wie sie die Wirklichkeit erleben, dass es keinen Gott geben kann. Schließlich kann man Gott nicht sehen, ja, man kann sich ihn nicht einmal vorstellen. Wenn man wirklich mal einen Gott braucht, so hilft er nicht. Man spürt ihn nicht. Man kann ihn nicht beweisen. Alle philosophischen Gottesbeweise gelten als widerlegt. Die vernünftige Konsequenz lautet: Es gibt ihn nicht. Basta! Von daher finde ich Atheisten sympathisch. Nur was man sehen, messen, beweisen kann, ist real. „Und was ein Realist ist, der weiß, dass das, was ist, ist“, dichtet der Dichter. Das heißt umgekehrt, der Realist weiß auch, was nicht ist. Gott nämlich!

Bild: unsplash / KEEM IBARRA

Und wie ist die Idee von Gott entstanden? Der Mensch hat einfach all seine Sehnsüchte, Hoffnungen und Fragen auf eine Fiktion projiziert, die er verehrt und von der er sich Hilfe und Sinnfindung erhofft. Das Christentum gibt dem Atheist recht – zumindest in der Problemanalyse, nicht in der Konsequenz. Gott kann man sich nicht vorstellen, weil er uns unendlich überlegen ist. Ein Gott, der in unseren Kopf passen würde, wäre kein Gott, sondern nur eine menschliche Idee von Gott. Wie kann der Ozean in eine Tasse passen? In der Bibel wird geschildert, wie Menschen die Erfahrung machen, dass kein Gott hört und hilft. Der Grund besteht aber nicht darin, dass es Gott nicht gibt, sondern darin, dass eine unüberwindliche Mauer der Entfremdung zwischen Gott und dem Menschen steht. Der Prophet Jesaja beschreibt das so: „Ihr meint wohl, der Herr sei zu schwach, um euch zu helfen, und dazu noch taub, sodass er eure Hilferufe gar nicht hört. O nein! Eure Schuld steht wie eine Mauer zwischen euch und eurem Gott.“

Eigentlich entstand der Atheismus aus der konsequenten Reflexion dieser Wirklichkeit. Das Christentum bleibt nicht bei dieser Wirklichkeit stehen. Es lädt den Menschen ein zu einem Weg, der ihm hilft, aus der Entfremdung des Menschen von sich selbst und von seinem Schöpfer zu Gott zu finden. Das Zentrum des christlichen Glaubens besteht darin, dass ein Mensch durch Jesus zur Erfahrung der Liebe Gottes finden kann. Wenn man heute in einer deutschen Großstadt Menschen auf der Straße fragen würde, was das Wichtigste am christlichen Glauben wäre, so wäre eine Antwort sicher der Spitzenreiter: „Nächstenliebe.“ Nächstenliebe ist gewiss sehr wichtig. Aber im Kern geht es darum, dass Menschen zu einer Vertrauensbeziehung mit ihrem Schöpfer finden.

Fünf Konsequenzen des Atheismus

Im Winter besuche ich immer ein Fitnessstudio. Während Gewichte gestemmt werden, kann man interessante Gespräche führen. Über die Boxen an der Decke läuft irgendein Berliner Popmusiksender. Eine kurze Nachricht über irgendetwas Kirchliches wird vermeldet. Ein älterer Herr in der Muckibude, der offensichtlich nicht wusste, dass ich Pfarrer bin, echauffierte sich über die Dummheit von Menschen, die sich auf Religion einlassen. Ich fragte ihn: „Sind Sie Atheist?“ Er bejahte diese Frage, nicht ohne einen gewissen Stolz. „Wie konnte Ihnen das passieren? Das ist ja furchtbar“, antwortete ich fröhlich besorgt. „Wissen Sie eigentlich, was Sie da sagen, wenn Sie sich als Atheist bezeichnen?“, wollte ich wissen. Er sah mich verdutzt an. Dann versuchte ich, ihm die Konsequenzen des Atheismus aufzuzeigen.

  1. Wenn es keinen Gott gibt, dann weiß der Mensch nicht, wer er wirklich ist, dass er geliebt und geschaffen ist. Er hält sich für einen Zufall.
  2. Der Mensch hätte kein letztes großes Ziel. Sein Leben wäre eine Reise ohne Ankunft. Wir glichen Kindern, die den Weg nach Hause nicht kennen. All unsere Hoffnungen und Erwartungen würden wir allein auf dieses Leben konzentrieren. Wir müssten aus ihm alles herausholen. Wir würden versuchen mitzunehmen, was sich uns bietet, und unsere Moral dem Lebensgenuss unterordnen. Eine unersättliche Lebensgier mit schrecklichen Folgen wäre das Ergebnis.
  3. Es gäbe keinen verlässlichen, absoluten Maßstab für Gut und Böse. Der Mensch wäre beliebig manipulierbar.
  4. Es gäbe keine letzte Rechenschaft, die der Mensch für die Früchte seines Lebens vor einem gerechten Gott ablegen müsste. Die Ausbeuter und Herrscher dieser Welt würden am Ende recht behalten und triumphieren. Menschen wie Martin Luther King oder Dietrich Bonhoeffer, die für das Gute gestorben sind, wären die großen Dummköpfe und Verlierer.
  5. Es gäbe keinen Gott, der die Herzensschreie von uns Menschen erhören würde. Der Mensch wäre in einem kalten und sinnlosen Universum völlig auf sich selbst gestellt. „Das finde ich alles so schrecklich“, fuhr ich fort, »dass ich mich aufgemacht habe, um die Wahrheit zu finden: ob es einen Gott gibt, ob er an mir interessiert ist und ob ich zu ihm finden kann.« Der Jünger des Unglaubens sah mich nur verdutzt an und meinte: „Sie sind wohl ein Profigläubiger?“ Ich hätte es toll gefunden, wenn wir ernsthaft ins Gespräch gekommen wären.

„Ein Atheist ist einer, der sich ein Bild macht und es verneint.“
Peter Horton
(österreichischer Musiker und Autor)

Das Elend des Atheisten

Vor einigen Monaten: Vor mir saß ein verzweifelter, gebrochener Mann. Seine Frau war vor Kurzem gestorben. Von heute auf morgen. Eine strahlende Christin. Zwei Kinder im Schulalter hatten ihre Mutter verloren, ein Mann seine geliebte Frau. Wir weinten gemeinsam und verstanden Gott nicht. Warum lässt er so etwas zu? Was soll das? Ist Gott vertrauenswürdig? Und dann spielten wir die Frage durch: Wie könnte es weitergehen, wenn der so von Gott Enttäuschte seinen Glauben verliert und den Weg nun ohne geht, ohne Gott, ohne die Gemeinschaft der Kirche? Wie könnte ein Leben ohne Glauben aussehen? Was wäre, wenn es Gott nicht gäbe? Kann man nach so einem Schicksalsschlag überhaupt ein gläubiger Mensch bleiben? Was ist die Alternative zu Jesus? Wir entwarfen Szenarien eines künftigen Lebens ohne Glauben.

Das Fazit unserer atheistischen Fantasiereise war einfach nur deprimierend. Ich hörte die Worte des jungen Witwers: „Es gibt keine Alternative. Egal, was passiert ist, ohne Jesus ist alles noch viel schlimmer. Ohne Glaube gibt es für mich überhaupt keinen Sinn und kein Ziel.“ Der Entertainer, Journalist und TV-Moderator Robert Lembke (1913 – 1989) bemerkte treffend: „Atheist? Ein Mensch, der ohne unsichtbare Unterstützung auskommen muss.“


Alexander Garth ist evangelischer Theologe, Gründer der Jungen Kirche Berlin und seit 2017 Pfarrer an der Stadtkirche in Wittenberg.
Der Text oben ist ein gekürzter Abschnitt aus seinem Buch: Warum ich kein Atheist bin: Glaube für Skeptiker

1 Kommentar

  1. Ich bin Atheist und bin ehrlich gesagt von den, im Artikel genannten Gegenargumenten, nicht besonders überzeugt.

    Zum 1.Punkt: Ich weiß, wer ich wirklich bin: ein Mensch. Das ich geliebt werde, weiß ich auch, unzwar nicht von einem Gott, sondern von meiner Familie. Selbst wenn ich niemanden hätte, der mich direkt liebt, hätte ich immer noch mich selber, und das ist meiner Meinung nach, alles was zählt. Dass wir ein Zufall sind, ist ja ohnehin klar (Biologie: Simples Prinzip der Entstehung eines Menschen durch Mutationen und Selektion). Was ist denn auch so schlimm und angsteinflößend an dem Prinzip vom Zufall?
    Das „letzte große Ziel“ sollte doch wohl die Zufriedenheit mit einem selber und der eigenen Leistung (in welcher Form auch immer) sein, das Leben wäre somit keine „Reise ohne Ankunft“ sondern ein Leben von der Geburt bis zum Tod, was man daraus macht ist seine eigene Sache.

    2. Punkt: Vielleicht sollten wir auch wirklich unsere ganze Hoffnung auf dieses Leben konzentrieren. Was ist so falsch daran, das Meiste aus seinem Leben zu machen? Nur weil ich den besten positiven Einfluss auf meine Umwelt erzielen möchte und meine Ziele erreichen möchte, macht mich das nicht zu einem Menschen, der „Moral dem Lebensgenuss unterordnet“. Eine Rangordnung ist hier nicht sinnvoll, denn schließlich kann man sein Leben nutzen und gleichzeitig ein guter Mensch sein.

    Zum 3. Punkt: Religion ist und sollte nicht der einzige Maßstab für Gut und Böse sein. Auch Atheisten wissen, was moralisch verwerflich und was nicht ist. Jeder Mensch, der durch eine entsprechende (auch nicht-religiöse) Erziehung die wichtigen Werte unserer Gesellschaft vermittelt bekommt, kann moralisch richtig handeln. Man muss sein Handeln als Atheist vor sich selbst verantworten.

    Zum 4. Punkt: Niemand kann sagen, was nach dem Tod passieren wird. Warum richtigen wir unseren Fokus nicht darauf, das Beste im Hier und Jetzt zu bewirken. Das heißt, die Erfolge von Menschen wir Martin Luther King zu feiern und uns davon inspirieren zu lassen, sowie uns gegen Ungerechtigkeiten einzusetzen, anstatt die Verantwortung weiterzureichen und davon auszugehen, dass die Missetaten anderer von Gott gerächt werden.

    Zum 5. Punkt: Willkommen in der Wirklichkeit. Vielleicht werden die „Herzenzschreie“ eben nicht erhört, was solls? Mit seinen Problemen und Schmerzen selber umzugehen ist schwierig, aber machbar. Es gibt viele Menschen, die einem bei Herzensschreien wirklich behilflich sein können. Wir sind in diesem Universum nicht alleine, wir haben andere Menschen und Lebewesen, die uns umgeben. Die Ferne des Universums mag zwar schwervorstellbar sein, aber sie ist doch eher ein faszinierendes Phänomen, dass weiter erforscht werden sollte, als etwas „kaltes“ und angsteinflößendes.

    Abschließend möchte ich sagen, dass ich die Angst von Menschen allein, unwichtig oder nicht-erhört zu sein, verstehen kann. Jedoch ist meines Erachtens in unserer Welt, in der wir so vieles schon durch Naturwissenschaften erklärt können und wir in uns selbst vertrauen sollten, Gott nicht nötig. Der soziale Aspekt einer Religion ist toll, jedoch entstehen durch die starken Vorstellungen vom göttlichen Richtig und Falsch auch viele interkulturelle Probleme.
    Vielleicht sollten wir lernen einfach ein bisschen mehr in uns selber, die menschliche Moral und an die Natur zu glaube, anstatt unsere Probleme, Sorgen und unser Unverständnis verschiedenster Phänomene auf eine höhere Macht zu projizieren.

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