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Gedenkfeier in Winnenden: „Wir haben einen Traum“

Es ist bitterkalt, der Tag könnte düsterer kaum sein. Leise rieselt der Schnee vor sich hin. Und es ist still. Kein Kindergeschrei, kein Autolärm. Um 09:33 Uhr durchbrechen die Kirchenglocken der Winnender Gemeinden die Stille, läuten zwei Minuten in Gedenken an die Opfer des Amoklaufs. Winnenden trauert. Und mit der schwäbischen Kleinstadt die ganze Welt.

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Heute, am 11. März 2010, versammelten sich etwa 1.000 Menschen vor der Albertville-Realschule, um gemeinsam den Opfern des Amoklaufs in einer emotionalen Trauerfeier unter freiem Himmel zu gedenken. Unter ihnen der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus und Bundespräsident Horst Köhler.

Vor einem Jahr strahlte die Sonne in Winnenden, der Himmel war blau. Nach kalten Wintertagen kündigte sich ein wunderschöner Frühlingstag an. Die Menschen gingen gut gelaunt ihren Gewohnheiten nach: Arbeit, Einkauf, Hausputz, Schule. Nichts deutete auf das Unheil hin, das sich an jenem schönen Tag in Winnenden abspielen sollte. Ironie des Schicksals könnte man es nennen. Doch das Wetter bestimmt nicht über Leben und Tod. Nicht an diesem Tag. Nicht an diesem Ort.

Albertville-Realschule, 09.30 Uhr. Tim K. betritt das Gebäude, in dem er einst selbst Schüler war. Mit einer Pistole bewaffnet steuert er sein altes Klassenzimmer an, findet aber nicht, wonach er sucht: Die Mitschüler, die ihn mobbten, die Lehrer, die ihn nicht verstanden. Aber das hält ihn nicht auf. Er tötet acht Schülerinnen, einen Schüler und drei Lehrerinnen. Auf der Flucht erschießt er drei weitere Menschen, bevor er die Waffe schließlich gegen sich selbst richtet.

„Da ist viel Schlimmes, was wir teilen müssen: Einsamkeit. Leere. Sinnlosigkeit, Verzweiflung. Angst. Und auch Hass.“, drückt Bundespräsident Horst Köhler ein Jahr danach die Gefühle aus, die in den Hinterbliebenen herrschen. Als Köhler die Namen der Opfer verliest, brechen viele Anwesende in Tränen aus. Jugendliche liegen sich in den Armen, aus allen Ecken vernimmt man Schluchzen. Neben mir bricht ein Junge zusammen. Trostvoll wird er von drei Sanitätern aufgefangen.

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„Wir suchen Halt bei Freunden und Angehörigen, bei Menschen, die das gleiche Schicksal erlitten haben, im Glauben an Gott. Ganz Deutschland trauert mit Ihnen. Sie sind nicht allein.", beendet der Präsident seine Rede. Sie ist kurz, er will den Schülern, Lehrern und Angehörigen die Gestaltung der Gedenkfeier überlassen.

Die Schüler der Albertville-Realschule tragen bunte Pullis mit der Aufschrift „Wir haben einen Traum“. In Gedenken an die Opfer legen sie Gedenkplatten und Blumen nieder und errichten gemeinsam mit den Trauernden einen Weg aus Steinen mit Wünschen und Gedanken darauf. Es ist der Weg in die Zukunft. „Wir müssen immer noch täglich mit den Folgen des 11. März leben. Doch wir wollen nicht, dass er unser Leben beherrscht“, sagte ein Schüler. „Wir geben niemals auf", singen denn auch die Trauergäste, "und meine Hand ist für dich da, die zu dir hält. Wir stehen wieder auf. Finden das Glück. Schaut nicht zurück!“

„Es wird ein langer Weg für unsere Schule werden", meint Schulleiterin Astrid Hahn. "Ein Weg, der sicher nicht gerade verläuft. Er wird manchmal verschlungen sein. Er wird holprig sein. Er wird mühsam sein".

Doch die Schüler in Winnenden sind bereit, diesen Weg zu gehen.

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