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«Luthers Waschsalon»: Frühstück, Zahnarzt und Persil

Seit 14 Jahren können arme Menschen in "Luthers Waschsalon" frühstücken, ihre Kleidung waschen, ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen – und oft einfach Stückchen ihrer Würde zurück erhalten.

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Vorsichtig löst Susanne Greischel den Verband, der schon zwei Wochen auf der nässenden Beinwunde liegt. Eine handtellergroße Verletzung kommt zum Vorschein, blutverschmiert und eitrig. Mit dieser Wunde lebt ihr Patient schon zwei Jahre lang. Eine Behandlung in der Klinik wäre gut, aber der 54-jährige obdachlose Mann wird nicht dort hingehen. Das weiß die Medizinstudentin. Also reinigt sie die Verletzung, schmiert sie mit einer Heilsalbe ein und legt einen neuen, sauberen Verband an.

 Anschließend nimmt sie sich noch Zeit für ein Gespräch über das Leben auf der Straße und gibt Tipps zur Wundversorgung. «Medizinisch kann ich hier nicht viel ausrichten», sagt Susanne Greischel. «Aber ich kann zuhören.» Weil die Ambulanz an diesem Donnerstag fast leer ist, bleibt der Patient länger im Behandlungszimmer als sonst. Während eine Etage tiefer seine schmutzige Kleidung gewaschen wird, erzählt er, dass es ihm nun wieder bessergeht und er demnächst häufiger in «Luthers Waschsalon» vorbeikommen möchte.

 Schon seit 1997 gibt es das Obdachlosenprojekt der Hagener Bahnhofsmission. Damals sei der Name Programm gewesen, erzählt Leiterin Heike Spielmann-Fischer. «Wir wollten Wohnungslosen eine Möglichkeit zum Duschen zu geben», erzählt die 47-jährige Sozialarbeiterin. «Und dafür bekamen wir Räume in der benachbarten Lutherkirchengemeinde.» Mit fünf ehrenamtlichen Mitarbeitern startete das Projekt, das von der Diakonie getragen wird. Heute sind es 25. Hinzu kommen fünf Medizinstudenten der privaten Universität Witten-Herdecke und etliche Zahnmedizinstudenten der Hochschule, für die ein Praktikum im Projekt verpflichtend ist.

 Seit dem vergangenen Jahr befindet sich «Luthers Waschsalon» in einem eigenen Gebäude in Bahnhofsnähe. Im Erdgeschoß können obdachlose und bedürftige Menschen frühstücken, duschen und ihre Kleidung im Waschsalon abgeben. Im ersten Stock sind die medizinische und zahnmedizinische Ambulanz untergebracht. An das Wartezimmer grenzt eine Kleiderkammer und ein Friseurstübchen.

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 Im Büro von Heike Spielmann-Fischer finden Beratungen statt. Meist geht es dabei um Probleme mit den Behörden, um die Suche nach einer Wohnung, Schulden oder Süchte. «Wir verstehen Luthers Waschsalon als ein ganzheitliches Angebot für Körper und Seele», betont die Sozialarbeiterin. Genutzt wird es täglich von rund 130 Menschen. Längst stünden nicht mehr die jungen Obdachlosen im Mittelpunkt, erzählt Spielmann-Fischer. Es seien überwiegend Menschen zwischen 40 und 60 Jahren, die die Angebote nutzten, darunter viele Arbeitslose und Frührentner.

 «Seit es in Deutschland die Praxisgebühr gibt und viele Medikamente kostenpflichtig sind, haben wir deutlich mehr Besucher», berichtet die Sozialarbeiterin. Besonders die Ambulanzen würden stark nachgefragt. Denn die Behandlung durch die Studenten und die pensionierten Ärzte, die ihnen zur Seite stünden, ist kostenlos. «Viele schämen sich für ihre Lebensgeschichte, die von Schicksalsschlägen, Traumatisierungen, Arbeitslosigkeit und Sucht geprägt ist», sagt Spielmann-Fischer. «Hier erfahren sie oft zum ersten Mal, dass ein Mediziner sich für sie Zeit nimmt und nett zu ihnen ist.»

 Doch nicht nur die Patienten, auch die Studenten sehen das Projekt als eine Chance. «Ich lerne hier Menschen kennen, mit denen ich sonst kaum zu tun hätte», sagt Zahnmedizinstudent Korbinian Benz. «Viele sind, anders als ich erwartet hätte, ausgesprochen dankbar, geduldig und fröhlich – trotz der Schicksalsschläge, die sie erleben mussten.» Häufig bekomme er «richtig Wut» auf die deutsche Gesundheitspolitik, die diese Menschen ausgrenze. «Als Zahnarzt möchte ich mich später anders verhalten», betont der Student.

 Damit spricht er Projektleiterin Heike Spielmann-Fischer aus dem Herzen. «Ich habe die Studenten ins Projekt geholt, damit sich in unserem Gesundheitssystem etwas ändert», sagt sie. «Wenn sie später im Beruf auf obdachlose und arme Menschen treffen, werden sie ihnen anders begegnen.»

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(Quelle: epd)

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