Cem Özdemir hat das Urteil des Kölner Landgerichts, das die religiöse Beschneidung unter Strafe stellt, scharf kritisiert.
"Wer die rituelle Beschneidung von Jungen per Gerichtsurteil unter Strafe stellt, treibt zwei große Weltreligionen, das Judentum und den Islam, de facto in die Illegalität", sagte der Gründen-Chef der «Neuen Westfälischen» (Mittwochsausgabe). Es geht bei diesem Urteil um die berechtigte Abwägung von Rechtsgütern, die Schlussfolgerung ist aus meiner Sicht jedoch realitätsfern und lebensfremd."
Die Beschneidung von Jungen sei sowohl im Islam als auch im Judentum unumstritten. Man könne nicht einfach ignorieren, dass schon Milliarden von Jungen ohne negative Folgen beschnitten wurden, so der Grünen-Chef. Eine Beschneidung müsse selbstverständlich von einem Arzt vorgenommen werden, dieses Gerichtsurteil leiste den Kindern aber einen Bärendienst, "wenn nun möglicherweise Quacksalber eine Beschneidung vornehmen". Auch sei es völlig irreführend, dieses Ritual mit der Genitalverstümmelung von Mädchen zu vergleichen, eine brutale Menschenrechtsverletzung, die aus vorislamischer, archaischer Zeit stamme. Folge man der Logik des Gerichts, "müsste zwingend auch die Taufe von Kindern verboten werden. Denn auch mit der Taufe setzen sich Eltern über das Selbstbestimmungsrecht der Kinder hinweg, auch kann eine Taufe nach katholischem Glauben nicht mehr rückgängig gemacht werden". so Özdemir.
"Ich werde den Eindruck nicht los, dass hier eine Debatte losgetreten wurde, in der es nicht zuletzt darum geht, zwei Weltreligionen für ihre vermeintliche Rückständigkeit die rote Karte zu zeigen. Dabei würde mir einiges einfallen, wo der Islam eine innere Reformation dringend und zwingend nötig hat, die Beschneidung von Jungen gehört für mich nicht dazu". Özdemir ist selbst Sohn muslimischer Eltern.