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Prediger von Buchenwald: Eine neue Sicht auf Pfarrer Paul Schneider

Zum 70. Todestag des «Predigers von Buchenwald» erscheint ein zeitgeschichtliches Lesebuch. Den Einband des Buches ziert ein freundliches, jungenhaftes Gesicht. Der Ausschnitt aus einem alten Familienfoto zeigt Pfarrer Paul Schneider (1897-1939) fünf Jahre vor seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten.

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Nach dem Zweiten Weltkrieg machte ihn die Lebensbeschreibung seiner Witwe Margarete Schneider als «Prediger von Buchenwald» weithin bekannt. Zu seinem 70. Todestag am 18. Juli liegt die Biografie nunmehr in einer neuen Ausgabe vor – mit dem sympathischen Porträt von 1934 als Titelbild.

Erstmals ist damit seit Jahren ein lange vergriffenes Standardwerk zum Nationalsozialismus wieder auf dem Büchermarkt. In der DDR gehörten die zwölf Auflagen mit insgesamt 80.000 Exemplaren zu den wenigen Beispielen der nichtkommunistischen Erinnerungsliteratur.

Die aktuelle Neuausgabe ergänzt das 1953 erstmals in West-Berlin erschienene Buch mit zahlreichen Erläuterungen, Fotos und Dokumenten. Damit entstand ein umfassendes zeitgeschichtliches Lesebuch, das den Originaltext auch für heutige Leser verstehbar macht.

Denn Margarete Schneider schrieb ihr Buch nach dem Krieg für Menschen ihrer Generation, die den Nationalsozialismus aus eigener Erfahrung kannten, erläutert Herausgeberin Elsa-Ulrike Ross das Anliegen. Sieben Jahrzehnte nach der Ermordung Schneiders sei diese Zeit Geschichte. «Es wird nicht mehr verstanden, warum er nicht schweigen konnte.» Die pensionierte Weimarer Pastorin ist Vorsitzende der Pfarrer-Paul-Schneider-Gesellschaft und mit Paul Dieterich, einem Neffen von Margarete Schneider, verantwortlich für die Neuausgabe.

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Das Buch ist nahezu doppelt so umfangreich wie das Original und zeichnet den Weg Schneiders vom evangelischen Gemeindepfarrer zum Widerständler in den historischen Zusammenhängen nach. Seinem gewaltsamen Tod waren wiederholte Konflikte mit der Nazipartei, aber auch mit seiner rheinischen Landeskirche vorausgegangen. Ab 1934 war er Mitglied der Bekennenden Kirche und wurde wegen seiner Kritik am NS-Regime mehrfach inhaftiert. Im November 1937 kam er aus dem Gestapo-Gefängnis Koblenz ins KZ Buchenwald.

Dort arretierte ihn die SS nach monatelanger Zwangsarbeit im Steinbruch schließlich ab April 1938 im berüchtigten «Bunker». Anlass dafür war den Nazis die Weigerung Schneiders, beim Häftlingsappell zu Hitlers Geburtstag die Hakenkreuzfahne zu grüßen.

Die Konsequenz, mit der sich der Pfarrer nicht nur in dieser Situation den Machthabern widersetzte, hat Mithäftlinge immer wieder stark beeindruckt. Überlebende prägten zudem das Bild vom «Prediger von Buchenwald», der den Gefangenen auf dem Appellplatz aus seiner Zelle heraus wiederholt Bibelverse zurief, um ihnen Mut zu machen.

Bis heute ist dieses Erinnerungsbild, das in dem Buch mit einer Häftlingszeichnung dokumentiert ist, ein fester Bestandteil des Gedenkens an die Nazi-Opfer weit über Buchenwald hinaus. Die Neuausgabe von Margarete Schneiders Buch differenziert den Blick auf den Märtyrer der Bekennenden Kirche um weitere Facetten.

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«Die meisten jungen Leser konnten mit dem unkommentierten Originaltext nicht viel anfangen», sagt Pastorin Ross. Von ergänzenden Beiträgen etwa über Konzentrationslager oder über das Leben von Schneiders Witwe und ihren sechs Kindern nach 1939 erhoffen sich die Herausgeber «eine vertiefte Lektüre». Damit wird auch das einst in der DDR geprägte einseitige Bild vom antifaschistischen Widerstandskämpfer überwunden.

Stattdessen bekommt der Leser eine Vorstellung vom Menschen Paul Schneider, der das NS-Unrecht aus tiefer religiöser Überzeugung strikt ablehnte. Die Gedenkstätte Buchenwald würdigt diese Tatsache, indem sie den Kirchenmann nicht mehr wie früher im politischen Widerstand zeigt, sondern als Beispiel für die «Selbstbehauptung des Einzelnen» durch Kompromisslosigkeit in Glaubensfragen.

Buchhinweis: Margarete Schneider, «Paul Schneider – Der Prediger von Buchenwald», neu herausgegeben von Elsa-Ulrike Ross und Paul Dieterich, SCM Hänssler Verlag, 528 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, 12,95 Euro.

 

 

(Quelle: epd)

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