Der Fotograf Martin Christian Hünerhoff hat letzten Sommer die Freakstock-Besucher direkt auf dem Festivalgelände vor seinem weißem Hintergrund abgelichtet. Entstanden sind authentische Porträts einer Vielfalt von Menschen, wie man sie wahrscheinlich auf wenig anderen Festivals antrifft.
Und genau diese Heterogenität, dieser bunte, subkulturelle Mix zeichnet das Freakstock aus, das jedes Jahr Anfang August in einer alten Bundeswehr-Kaserne in der hessischen Provinz stattfindet.
In der Regel gilt für Festivals, was der Volksmund auch gerne über Liebespaare behauptet: Gleich und gleich gesellt sich gern. So trifft sich zu Pfingsten die Gothic-Szene beim WaveGotik-Treffen in Leipzig, die Heavy Metal Fraktion beim Metal Wacken und die Freunde elektronischer Musik an der Bleilochtalsperre bei Saalburg zum SonneMondSterne. Doch nirgendwo kommt es vor, dass sich Menschen, die sich durch ihr Outfit eindeutig bestimmten Szenen zuordnen lassen, bei einem Festival treffen und zusammen feiern.
In Deutschland ist wahrscheinlich nur das Freakstock ein Ort solch einer heterogenen, »übergreifenden« Begegnung. Mit 100-Faces zeigt Martin Christian Hünerhoff diese Vielfalt in nüchternen Portraits und erzählt so – flankiert von kurzen Selbstauskunftstexten – sehr unterschiedliche Geschichten. Entstanden ist so einerseits ein spannendes Zeugnis der einigenden Kraft einer gemeinsamen Faszination. Andererseits hinterfragen die Bilder nachhaltig den biederen Typ Christ, der sich im gesellschaftlichen Bewusstsein gebildet hat. Denn die portraitierten Menschen veranschaulichen durch ihre visuelle Bandbreite, die sich an Frisuren, am Körperschmuck und T-Shirt-Aufdrucken zeigt, aber auch durch ihre Statements, dass ein Christsein jenseits der Institution Kirche etwas sehr Individuelles, mal Vages, mal Klares, aber immer etwas irgendwie Suchendes, Liebevolles und auch Ungezwungenes an sich hat.
Freakstock zeigt sich so als ein Ort ohne Schranken. Jeder ist willkommen. Gesellschaftliche Stellung, ein bestimmter Stil, Hautfarbe und Herkunft sind egal. Hier trifft der Obdachlose Steve die junge Lehrerin Elaheh, die koptische Nonne Dogan den zutätowierten David, der skatende Punk René die engagierte Globalisierungskritikerin Krümel und der No-Problem-Metaler Philipp die stillende Hippie-Mutter Lyna.
Unter www.100-faces-of-freakstock.com lassen sich alle Portraits anschauen.
Martin Christin Hünerhoff ist 1975 im westfälischen Hamm geboren und fotografiert seit dem er sich mit 16 seine erste Kamera kaufte. Er ist spezialisiert auf Reise-, Konzert- und Portraitfotografie.