Der evangelische Sozialethiker Wolfgang Huber hält den Einsatz von Waffengewalt im äußersten Notfall für berechtigt.
Bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord könne zwar über den richtigen Weg zur Hilfe gestritten werden, aber man könne sich nicht heraushalten, schreibt der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Wo der Terror des "Islamischen Staats" religiöse und ethnische Minderheiten ausrotten wolle, schließe das Gebot "Du sollst nicht töten" die Folgerung ein "Du sollst nicht töten lassen".
Wer zu verhindern versuche, dass der "Islamische Staat" weiter Kinder misshandele, Frauen vergewaltige, Männern den Kopf abschlage, gerate in eine Zone, die mit eigener Schuld verbunden sei. "Aber er tut es, recht verstanden, um des Tötungsverbots willen", argumentiert Huber.
Der Theologieprofessor bekräftigt seine Auffassung, dass ein Mensch die Bereitschaft zum prinzipiellen Gewaltverzicht nur für sich selbst erklären könne. "Für sich selbst kann man auf jeglichen Schutz vor Gewalt verzichten; man kann jedoch nicht mit einer solchen Begründung anderen jeglichen Schutz vorenthalten." Dies markiere die ethische Grenze eine bedingungslosen Pazifismus.
In dem Essay geht Huber auch auf seinen Theologenkollegen Friedrich Wilhelm Graf ein, nach dessen Ansicht religiös motivierte Gewalt im Zentrum des Glaubens wurzele. Dass es religiöse Deutungen aggressiver Vernichtungsphantasien gegen andere gebe, sei nicht zu bestreiten. Wo für totalitäre Machtansprüche und Gewaltregime religiöse Symbole und Sprache in Anspruch genommen werden, sei dies kein ausreichender Grund, "solche Ideologien mit dem Zentrum des religiösen Glaubens gleichzusetzen. Die Unterscheidung zwischen göttlicher und menschlicher Macht sei die Voraussetzung dafür, "die dunklen Mechanismen aufzuklären, die Religion zu einem destruktiven Potenzial machen", argumentiert der Theologe.
(Quelle: epd)