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Grünen-Politikerin: Größter Vertrauensverlust der katholischen Kirche seit der Hitler-Zeit

Die Kirchen sehen sich nach dem Bekanntwerden von immer mehr Missbrauchsfällen einem Vertrauensverlust in der Bevölkerung ausgesetzt. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode sprach von einer «fundamentalen Erschütterung».

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 Nach Worten der Grünen-Politikerin Christa Nickels ist mit dem Skandal der größte Vertrauensverlust der katholischen Kirche seit der Hitler-Zeit entstanden. Der amtierende Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, Präses Nikolaus Schneider, erwartet das Bekanntwerden weiterer Fälle von sexuellem Missbrauch auch im protestantischen Bereich.

 «Wir werden grundsätzlich infrage gestellt», sagte Bode in einem Interview der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstagsausgabe) zur Situation der Kirche. Es gebe eine große Verunsicherung bei Eltern, aber auch bei Priestern und Mitarbeitern. «Die Missbrauchsfälle aufzuarbeiten, wird Zeit kosten und Schmerzen bereiten.» Der Bischof räumte ein, dass früher zu oft die Täter und das Ansehen der Kirche im Blick gewesen seien und zu wenig die Opfer.

 Der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sagte der «Passauer Neuen Presse» (Samstagsausgabe): «Ich gehe davon aus, dass noch einiges an die Öffentlichkeit kommt». Das liege «in der Logik der Sache», so der rheinische Präses: «Immer mehr Opfer trauen sich, ihre Geschichte zu erzählen, ihr Leid zu offenbaren. Wir machen den Menschen Mut dazu.» Dabei gehe es «um schwarze Pädagogik, Gewalt, aber auch um sexuellen Missbrauch».

 Christa Nickels, die auch Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) ist, sagte im Deutschlandfunk, es sei eine große Sprachlosigkeit bei den Gläubigen zu beobachten. Es sei richtig gewesen, dass sich die Geistlichen in ihren Karfreitags-Predigten an die eigene Brust geschlagen hätten. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck (Essen) räumte Versäumnisse der Kirchen im Umgang mit den Missbrauchsopfern ein. Die Kirche habe «eindeutig» zu wenig auf sie geschaut, sagte er den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe (Samstagsausgaben).

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 Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse rief die katholische Kirche auf, bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in ihren Reihen der Gesellschaft ein Vorbild zu sein. Die Kirche müsse zeigen, wie man ehrlich, konsequent, nachdenklich und selbstkritisch damit umgehe, sagte Thierse, ebenfalls ZdK-Mitglied, der «Berliner Zeitung» (Samstagsausgabe). Er habe den Eindruck, die Kirche sei «unterwegs, ehrlich und konsequent zu handeln».

 Der aus der DDR stammende Sozialdemokrat zeigte sich überzeugt, dass es in der DDR nicht weniger sexualisierte Gewalt als anderswo gegeben hat. Die DDR sei eine autoritäre Gesellschaft gewesen, gerade in Erziehungseinrichtungen wie den Jugendwerkhöfen. Zur autoritären Tradition gehöre auch das angstvolle Beschweigen, sagte Thierse. Vielleicht wirke das noch immer nach. Erst in den vergangenen Tagen waren Missbrauchsfälle aus DDR-Heimen bekanntgeworden.

 Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Christine Bergmann (SPD), rief Betroffene aus der DDR-Zeit auf, sich zu melden. Das Thema sei in der DDR tabuisiert worden – wie auch die häusliche Gewalt, sagte sie der «Sächsischen Zeitung». Auch Opfer familiären Missbrauch könnten sich an die neue Ansprechstelle wenden, sagte sie. Das Büro der Beauftragten werde in der nächsten Woche arbeitsfähig sein und dann auch eine Telefonnummer veröffentlichen, unter der kostenlos angerufen werden können.

 Die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen kritisierte unterdessen eine «verkrampfte» Sexualmoral in den Kirchen. «Wir haben es nicht gelernt, klar über Sexualität und Sexualitätsmissbrauch zu reden», sagte die evangelische Bischöfin der Berliner «tageszeitung» (Samstagsausgabe). Die Kirchen hätten auf das Thema Missbrauch daher «anfangs zögerlich» reagiert. Sie müssten eingestehen, dass «zu nachlässig und halbherzig gegen die Untaten vorgegangen wurde, bis zur Vertuschung hin».

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 Der Grünenpolitiker Winfried Kretschmann warf der katholischen Kirche vor, sie habe den Missbrauch vertuscht. Die Aufklärung sei nicht aus eigenem Antrieb erfolgt, sondern auf Druck der Öffentlichkeit. Der Katholik kritisierte zudem den Zölibat als «überholt». Es gebe für die Ehelosigkeit von Priestern ebenso wenig überzeugende theologische Gründe wie für die Ablehnung von Frauen im Priesteramt. Bischof Overbeck unterstrich, die Missbrauchfälle stünden nicht im Zusammenhang mit dem Zölibat.

(Quelle: epd)

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