Der Kabarettist Dieter Nuhr wehrt sich gegen Vorwürfe, er verbreite mit seiner Satire Lügen über den Islam. Während eines Gastspiels in Osnabrück erneuerte er am Wochenende zugleich seine Kritik an einem radikalen Islam.
Damit reagierte der 53-Jährige auf Proteste vor dem Eingang der "Osnabrückhalle" und auf Medienberichte über einer Anzeige gegen ihn. "Dieter Nuhr erzählt Lügen über den Islam", hieß auf einem Plakat. Eine Tafel zeigte den Kopf des Kabarettisten in einem roten Kreis mit rotem Balken und der Unterschrift: "Stoppt den Hassprediger." Die Besucher reagierten größtenteils gelassen auf die Demonstranten.
Der Muslim Erhat Toka hatte Nuhr wegen "Beschimpfung von Bekenntnissen und Religionsgesellschaften" angezeigt. Bei der Demonstration kritisierte Toka erneut, Nuhr schüre Islamfeindlichkeit. Der Künstler versuche unter dem Deckmantel des Kabarett den Islam als gewalttätig darzustellen, sagte Toka. Dabei sei der Islam die friedliebendste Religion überhaupt. Er sehe es als seine Pflicht an, sich als gläubiger Muslim gegen die Diffamierung des Islam durch Nuhr zur Wehr zu setzen: "Das ist meine Form des Dschihad."
Nuhr nahm die Proteste zum Anlass für erneute Islamwitze und erntete Applaus in der ausverkauften "Osnabrückhalle". Er warf seinen Kritikern vor, seine Satire-Programme gar nicht zu kennen. Scharfzüngig kritisierte Nuhr mal den Islam, mal die Islamisten.
Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte Nuhr, er bleibe dabei, vor den Gefahren des radikalen Islam zu warnen. Allerdings distanziere er sich eindeutig von rechtem Zuspruch im Internet. Er sprach von Online-Kommentatoren "die sich jetzt – von meiner Seite aus unerwünscht – mit mir solidarisieren, die Rechten, die Nazis, ekelhaft".
Der "Welt am Sonntag" sagte Nuhr, er habe kein Interesse daran, Muslime zu beschimpfen. Er warnte aber davor, den Islam aus Angst vor möglichen Reaktionen nicht öffentlich zu kritisieren und den Protest den Rechten zu überlassen.
In seinem Programm äußerte der Kabarettist Mitleid mit den vielen in Deutschland lebenden Muslimen, "die mit Islam oder Islamismus gar nichts am Hut haben oder die nur mal so pro Forma in die Moschee gehen. Die werden jetzt alle mit den Radikalen in einen Topf geworfen. Das find ich ganz, ganz schlimm und die tun mir echt leid."
Vor dem Eingang der Konzerthalle diskutierten einige Besucher mit den etwa 20 protestierenden Männern und Jugendlichen. Die meisten zeigten jedoch kein Verständnis dafür, dass sie sich durch den Spott auf ihre Religion verletzt fühlten: "Das ist doch Anstellerei, Spaß ist Spaß", sagte ein junger Mann. Wer in Deutschland lebe, müsse auch Satire ertragen, war der Tenor. Einige wenige beschimpften Toka und seine Mitstreiter und forderten sie auf, doch in die Türkei zu gehen.
Wissenschaftler und Religionsvertreter hatten in Zeitungen und Online-Medien Verständnis geäußert für die Kritik von Muslimen an Nuhr. Der Direktor des Osnabrücker Instituts für Islamische Theologie, Bülent Ucar, sagte, Nuhr arbeite mit Verallgemeinerungen und bediene Vorurteile gegen den Islam. Der Migrationsforscher Klaus J. Bade warf dem Kabarettisten pauschale Diffamierungen vor. Der evangelische Theologe Reinhold Mokrosch betonte, er verstehe, wenn religiöse Menschen sich durch Satire gekränkt fühlten, sie gehöre aber zur Demokratie.
(Quelle: epd)