Evangelische und katholische Bischöfe haben an Ostern den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen erneut scharf verurteilt. Zugleich riefen sie dazu auf, die Osterbotschaft von der Auferstehung Jesu Christi lebendig werden zu lassen.
Der amtierende Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche, Präses Nikolaus Schneider, forderte, bei der Aufklärung der Missbrauchsfälle müssten die Interessen der Opfer im Mittelpunkt stehen. Die Täter müssten konsequent verfolgt werden.
Der katholische Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, bezeichnete die sexuellen Übergriffe durch Priester und Ordensleute als «verabscheuungswürdige Verbrechen». Die bekanntgewordenen Fälle müssten Impuls sein, neu aufzustehen für unversehrtes Leben und die Heilung verletzter Seelen, sagte Fürst am Sonntag in Stuttgart in seiner Osterpredigt.
Nach Worten des katholischen Missbrauchsbeauftragten, des Trierer Bischofs Stephan Ackermann, ruft das christliche Verständnis von Ostern zum Handeln auf. Für dieses Handeln seien «Achtung vor dem Geheimnis des Lebens», Respekt vor der Würde des Anderen, besonders der Schwachen, und Liebe notwendig. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), hatte wegen Krankheit seine Teilnahme an den Oster-Gottesdiensten abgesagt.
Der amtierende Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Schneider, sagte in seiner Predigt in Düsseldorf, Ostern sei ein Zeichen dafür, dass der Tod nicht das letzte Wort über die Menschen hat. Der Glaube an die Auferstehung sei eine Lebensmacht, «die auf Gottes Zukunft hin schon hier und schon jetzt unser irdisches Leben verändert.»
Zum Missbrauchsskandal sagte der rheinische Präses im Deutschlandfunk, die Kirchen müssten alles tun, um die Fälle nicht zu verharmlosen und den Opfern zu helfen. Im Umgang mit den Tätern riet er zur Anzeige und Strafverfolgung. Die Kirchen allein könnten Aufklärung nicht leisten, daher brauche es ein geordnetes Justizverfahren.
Als «besonders abscheulich» verurteilte der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich den Missbrauch von Kindern. Diese schreckliche Taten wiegten noch schlimmer, wenn sie in der Kirche geschähen, weil die Menschen mit Recht erwarteten, dass die Kirche Kinder als Gottes geliebte Geschöpfe achte und ihr Leben schütze, sagte der Bischof in München. Er versprach konsequente Aufklärung. Zugleich appellierte er an alle Christen, sich für die Menschenwürde von Kindern zu engagieren. Wer an die Auferstehung glaube, müsse alles tun, dass Kinderleben geschützt werden.
Der katholische Münchner Erzbischof Reinhard Marx forderte eine Erneuerung von Kirchen und Gesellschaft. Die jüngsten Krisen in Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche seien in einer großen Verantwortungslosigkeit vieler Einzelner zu suchen, sagte Marx am Ostersonntag. Eine freie demokratische Gesellschaft könne nur zukunftsfähig sein, wenn jeder Einzelne Verantwortung übernehme, sagte Marx. Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf den Missbrauchsskandal in kirchlichen Einrichtungen und Schulen.
Nach den Worten des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung verleiht der Auferstehungsglaube neue Kraft, die Christen angesichts aktueller Gewalterfahrungen auch nötig hätten. Er äußerte Entsetzen über die Vorfälle und forderte, dass Schuld beim Namen genannt und bestraft werde. Der Württemberger evangelische Bischof Frank Otfried July sagte in Stuttgart, von der Kirche werde Glaubwürdigkeit erwartet und die Bereitschaft, beispielhaft zu leben. Um so größer sei die Enttäuschung, «wenn die, die im Erzählen des Evangeliums Licht bringen sollten, mit ihrem Verhalten Schatten geworfen und viel Vertrauen zerstört haben.»
Ostern ist das älteste und wichtigste Fest der Christenheit. Es erinnert an die Mitte des christlichen Glaubens: die Auferstehung Jesu Christi von den Toten nach seinem Leiden und Sterben am Kreuz. Das Osterfest ist daher ein Symbol für den Sieg des Lebens über den Tod. In der frühen Christenheit fanden oft Taufen an diesem Tag statt.
(Quelle: epd)