In Mittelamerika helfen evangelikale Pfingstkirchen jungen Gewalttätern beim Ausstieg aus den gefürchteten Jugendgangs. In der Regel würden Abtrünnige von den Bandenchefs als Verräter betrachtet und zum Abschuss freigegeben, schreibt der Soziologe Robert Brenneman im Frankfurter Magazin "welt-sichten".
Aber bei Gewalttätern, die sich einer Pfingstkirche anschlössen, gebe es eine Ausnahme. Denn die Bandenchefs wüssten um die hohe moralischen Anforderungen dieser Glaubensgemeinschaften, die Alkohol und Drogen strengstens verbieten. Zudem spielten eigene religiöse Überzeugungen der Bandenchefs eine Rolle.
Die Gangs könnten sich auch recht sicher sein, dass die pfingstkirchlichen Aussteiger ihnen im Drogenhandel keine Konkurrenz machen würden, führt Brenneman als weiteren Grund an. Der Wissenschaftler, der am Saint Michael’s College in Burlington im US-Bundesstaat Vermont lehrt, stützt seine Thesen auf Gespräche mit 63 ehemaligen Mitgliedern von Maras, wie die Jugendgangs in Guatemala, Honduras und El Salvador genannt werden.
Die Pfingstkirchen sind seiner Meinung nach auch deshalb für Aussteiger aus Jugendgangs attraktiv, weil sie mit klaren Verhaltensregeln und der Abgrenzung nach außen an die soziale Struktur der Banden erinnerten. Zudem böten sie den reumütigen Gewalttätern den dringend benötigten sozialen Rückhalt. Denn auch die Gesellschaft sehe ehemalige Bandenmitglieder als Outlaws an und bezweifle oft ihren Willen zur Umkehr. Ihre Ermordung werde nur selten strafrechtlich geahndet.
Pfingstkirchen gelten als wertkonservativ. Sex außerhalb der Ehe, praktizierte Homosexualität und Abtreibung werden verurteilt. Schätzungen zufolge gehören rund 600 Millionen Menschen den pfingstkirchlichen und charismatischen Gemeinschaften an, vor allem in Lateinamerika, Afrika und Asien. Das ist rund ein Viertel von rund 2,2 Milliarden Christen weltweit.
(Quelle: epd)