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Michael: Was bedeutet dieser biblische Name?

Michael Ballack, Michael Jackson, Michael Jordan: Viele berühmte Menschen tragen diesen Vornamen. Der Übersetzung nach müsste hinter dem sehr beliebten Namen ein Fragezeichen stehen.

Von Frauke Bielefeldt

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Nun habe ich es schwarz auf weiß: Michael ist in meinem Jahrgang (1972) tatsächlich der häufigste Jungenname gewesen. In jeder Schulklasse bei uns saß mindestens ein Michael, in meinem Freundeskreis finden sich mehrere und in meiner Gemeinde wird gerade der Pastor meines Alters mit Namen Michael von einem weiteren gleichaltrigen Michael abgelöst. Bekannte Namen finden sich vor allem unter den Sportlern: Michael Schumacher (1969), Michael Stich (1968) oder Michael Ballack (1976). Was bei diesem Michael-Boom damals wohl kaum jemandem in meinem Umfeld in den Sinn kam: Der Name kommt aus dem Hebräischen und bedeutet: „Wer [ist] wie Gott?“. In „Michael“ sind vier Bestandteile enthalten: Mi = „wer“; ke = „wie“, ha = Artikel, el = „Gott“. Die Wortbestandteile „ke“ und „ha“ werden im Hebräischen hier zu „cha“ zusammengezogen. Die deutsche Form „Michael“ ist also ganz nah am hebräischen Original geblieben. Genauso geschrieben, nur anders ausgesprochen wird der englischsprachige Michael (sprich: „Maikel“), der dort übrigens noch weitaus beliebter ist und volle 45 Jahre lang auf Platz eins der Geburtsnamen rangierte (1954 bis 1998). Ähnlich beliebt sind seine Varianten Michel (französisch, sprich: „Mischéll“) und Miguel (spanisch/portugiesisch, sprich: „Migéll“), Michele (italienisch, sprich: „Mikéle“) oder Mikael (skandinavisch).

Visitenkarte im Prophetenbuch

Neben Michael gibt es in der Bibel auch noch die Kurzform „Micha“. Die Menschen, die so heißen, spielen meist keine große Rolle in Gottes Geschichte – abgesehen von zwei Propheten mit diesem Namen. Der eine davon steht hinter dem alttestamentlichen Buch Micha, und in diesem Buch ist – unabsichtlich? – fast so etwas wie eine Visitenkarte hinterlegt. Das Buch schließt mit einem Lobpreis, und der beginnt mit der Frage: „Wer ist ein Gott wie du?“ Genau das ist ja die Botschaft des Namens Micha(el). Weil der Prophet Micha Gott direkt mit „du“ anredet, klingen die Worte im Hebräischen etwas anders als „mi cha-el“. Doch inhaltlich stimmen der Name des Propheten und das Schlusswort seines Buches überein: „Wer ist ein Gott wie du, der die Sünde vergibt und dem Überrest seines Erbteils die Übertretung erlässt, der seinen Zorn nicht allezeit festhält, sondern Lust an der Gnade hat?“ (Micha 7,18) Von Micha zurück zu Michael. In der Bibel kommt auch dieser Name meist an ziemlich unbedeutenden Stellen vor, nämlich in verschiedenen Stammbäumen und Familienlisten, ohne dass die Personen dahinter beschrieben oder ihre Geschichte erzählt würden. Der entscheidende Namensträger ist der „Erzengel“ Michael. Er tritt im Buch des Propheten Daniel auf, wo er in der Vision um die kommenden Weltreiche in diesem eigentümlichen Kampf mit dem Engelfürsten des Perserreiches steht (Daniel 10,13.21). Wenn ein paar Seiten später das Ende der Welt beschrieben wird, ist Michael wieder zur Stelle und kämpft für sein Volk (Daniel 12,1), was die Offenbarung in ihrer Beschreibung des großen Kampfes gegen den „Drachen“ aufgreift (Offenbarung 12,7).

Kämpfer für das Volk

Als dieser „Kämpfer für sein Volk“ hat Michael eine intensive Wirkungsgeschichte entfaltet. Schon der Judasbrief spielt auf eine außerbiblische Tradition an, wenn er darauf Bezug nimmt, wie Michael „dem Teufel gegenüberstand, der ihm den Leichnam Moses streitig machen wollte“ (Judas 9). Auch hier geht es um das kommende Gericht, in diesem Fall für die falschen Lehrer, die sich in der Gemeinde breitmachten. Vielleicht deshalb schrieben sich die Nationen des Mittelalters den Erzengel auf ihre Fahnen als Kämpfer für ihre christlichen Völker. Viele Abbildungen stellen dar, wie er den Teufel besiegt. Im Laufe der Zeit wurde er so auch zum Schutzpatron der Soldaten. Eine besondere Karriere machte dieser Engel in Deutschland: Nach der siegreichen Schlacht über die Ungarn auf dem Lechfeld (955 n.Chr.) wurde Otto I. zum unumschränkten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation und der Erzengel Michael zum Schutzpatron des Reiches und später Deutschlands erklärt. Das Reich nahm ihn in seine Kriegsflagge auf und die Michaelis-Kirchen sprossen. Spätestens hier stand sein Name wohl nicht mehr so sehr für „Wer ist wie Gott?“, sondern eher für „Gott ist mit uns“. Im 19. Jahrhundert mutierte er dann noch weiter zum „deutschen Michel“, der Figur des „typischen Deutschen“ mit Zipfelmütze. Aber auch andere Nationen wussten ihn auf ihrer Seite, so z.B. Frankreich: Als sich 1425 die Jungfrau Johanna von Orléans aufmachte, das Land vor den Engländern zu retten, soll Michael ihr zuvor im Traum erschienen sein und sie von höchster Stelle aus beauftragt haben. Auch im Judentum, im frühen Christentum und im Islam entwickelte die Figur des Erzengels Michael ein intensives Eigenleben. Jüdische Erzählungen lesen den Namen Michael in viele anonyme Engelsgestalten hinein, so z.B. in den Engel, der den Menschen die Rückkehr in den Garten Eden verwehrte (1. Mose 3,24), oder den, mit dem Jakob am Jabbok rang (1. Mose 32,25). Doch gerade dieser geheimnisvolle Kämpfer will namenlos bleiben. Und Jakob selbst zieht als Fazit: „Ich habe Gott gesehen“. Die Gottesbegegnung ist das Eigentliche. Ganz wie es der Name „Michael“ sagen würde: „Wer ist wie Gott?“

Frauke Bielefeldt arbeitet als Lektorin, Übersetzerin und Autorin. Sie lebt in der Nähe von Hannover.

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Dieser Artikel ist in der Zeitschrift Faszination Bibel erschienen. Faszination Bibel wird vom SCM Bundes-Verlag herausgegeben, zu dem auch Jesus.de gehört.

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