Kontrovers haben Referenten des Bausoldatenkongresses in Wittenberg über die Seelsorge unter Soldaten diskutiert. Nach Ansicht des früheren Bischofs der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen, Prof. Axel Noack, ist die Militärseelsorge heute in Kirche und Gesellschaft – anders als noch vor wenigen Jahrzehnten – weitgehend akzeptiert.
Noack erklärte: "Wer früher im Westen Deutschlands Soldatenseelsorger war, konnte nicht so einfach wieder in eine normale Gemeinde wechseln." Das sei heute anders. Nach acht, maximal zwölf Jahren in der Soldatenseelsorge wechselten Pfarrer wieder in den Gemeindedienst. Auch qualitativ habe sich die Seelsorge an Soldaten in den vergangenen Jahren merklich verbessert: "Früher war das vielfach ein ruhiges Pflaster, wo man das Wochenende frei hatte." Heute sei der Dienst ein "harter Einsatz", zu dem etwa Auslandseinsätze gehörten. Dessen seien sich potenzielle Soldatenseelsorger bewusst. Noack verteidigte den Dienst von Soldatenpfarrern in Krisengebieten. Geistliche seien schließlich für alle Gemeindeglieder da: "Wir gehen ja auch ins Gefängnis, obwohl wir nicht gut finden, was die dort einsitzenden Menschen getan haben." Wer gegen Auslandseinsatze der Bundeswehr sei, müsse sich an die Bundesregierung wenden. "Das sollte man nicht auf dem Rücken der Soldaten austragen", so Noack.
Für eine Reform der Militärseelsorge
Die Studienrätin Sylvie Thonak sprach sich für eine Reform der Militärseelsorge aus. Sie sollte einen vom Staat unabhängigen kirchlichen Status bekommen, um das prophetische Wächteramt bei der Seelsorge und bei der friedensethischen Bildung von Soldaten abzusichern; nach jetziger Regelung sind Militärseelsorger Bundesbeamte auf Zeit und werden vom Staat bezahlt. Auch sollten zentrale kirchliche Gottesdienste für gefallene Soldaten zeitlich, räumlich und liturgisch von zentralen Staatsakten getrennt werden. Thonak plädierte ferner für eine gemeinsame Seelsorge für Mitarbeiter an Nichtregierungs- und Entwicklungshilfeorganisationen, Diplomaten, medizinisches Personal und Soldaten in Kriegs- und Krisengebieten. Das wäre besser als eine isolierte Berufsgruppenseelsorge, etwa an Soldaten: "Die biblische Botschaft von Frieden und Versöhnung gilt allen Menschen – Soldaten wie Hebammen." Außerdem sollten Militärgeistliche friedensethische Kompetenzen nachweisen können.
Militärseelsorger: Angebote werden dankbar angenommen
Wie der Militärseelsorger Martin Hüfken (Delitzsch bei Leipzig) berichtete, werden die Angebote der Soldatenseelsorge größtenteils dankbar angenommen. Viele Soldaten wendeten sich an ihn, weil sie Lebensberatung suchten, sich aber nicht an den Truppenpsychologen oder –arzt wenden wollten. Der Vorteil des Militärpfarrers sei, dass er eine Sonderstellung und damit keine Meldepflicht an Vorgesetzte habe. Die Andachten während der Woche stießen ebenso auf Resonanz wie etwa einwöchige Rüstzeiten außerhalb der Kaserne. "Soldaten zu begleiten, bedeutet mit ihnen zu leben, nicht nur sie zu belehren", so Hüfken.
___
Sigurd Rink wird am heutigen Montag (8. September) in Berlin in sein Amt als evangelischer Militärbischof eingeführt. Er ist der erste Hauptamtliche in dieser Funktion. Rink folgt auf Martin Dutzmann, der seit 2013 Bevollmächtigter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin und Brüssel ist.
(Quelle: Idea.de)