Die russischen Behörden gehen strikt gegen Bürger vor, die den Angriffskrieg gegen die Ukraine kritisieren. Auch Geistliche sind betroffen.
Wie der adventistische Pressedienst (APD) berichtet, soll demnächst der Strafprozess gegen den unabhängigen christlichen Prediger Eduard Charov wegen vermeintlicher Diskreditierung der russischen Streitkräfte und staatlicher Stellen vor einem Gericht beginnen. Der 57-Jährige, der eine Unterkunft für Obdachlose betreibt, dürfe derzeit seinen Heimatbezirk nicht verlassen und weder Telefon noch Internet benutzen. Er selbst und seine Frau erwarten, dass er zu einer Haftstrafe verurteilt wird.
Im Frühjahr 2023 wurde Charov zum ersten Mal wegen seiner Kommentare in den Sozialen Medien bestraft. Er hatte unter anderem in einer Mitteilung an Kirchenmitglieder angemerkt: „Wäre Jesus Christus in die Ukraine gegangen, um zu töten?“ Sein zweites, als Diskreditierung gewertetes, Posting lautete: „Ein Patriot ist jemand, der sein Land besser machen möchte, die Menschen reicher und die Regierung ehrlicher und fairer. Nicht jemand, der äußerste Not und Korruption mit imaginärer Größe und spirituellen Banden rechtfertigt.“
Haft und Geldstrafe wegen Kritik
Auch gegen Nikolay Romanyuk, Pastor einer Pfingstkirche, läuft ein Verfahren wegen seiner Äußerungen in einer Predigt im September 2022: „Christen sollten auf der Grundlage der Heiligen Schrift nicht in die Ukraine gehen, um zu kämpfen“. Da die Predigt im Livestream übertragen und danach auf den YouTube-Kanal der Kirche hochgeladen wurde, wird gegen den Geistlichen ermittelt. Der 62-jährige Pastor wurde nach einer Razzia am 18. Oktober 2024, bei der er auch misshandelt worden sein soll, festgenommen.
Ein weiterer Fall: Am 27. Januar dieses jahres wurde gegen den 44-jährigen christlichen Sänger und Songwriter Andrey Buyanov eine Geldstrafe wegen „religiös motivierter Kritik am Krieg gegen die Ukraine“ verhängt. Das Bezirksgericht für den Moskauer Bezirk Nagatino verhängte zehn separate Schuldsprüche für verschiedene Postings zwischen Juni 2023 und März 2024 – darunter Antikriegslieder und Gedichte, die Weiterleitung von Inhalten anderer Autoren und Kommentare über das Begräbnis des Oppositionspolitikers Aleksey Navalny. In diesem Zusammenhang schrieb Buyanov: „Ich bewundere die Menschen, die sich nicht fürchteten und zum Trauergottesdienst und zur Beerdigung kamen.“