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Überraschungswahl: Neuer Berliner Erzbischof Woelki will „ganz entschiedenes Christentum“

Die Wahl von Rainer Maria Woelki zum neuen Berliner Erzbischof ist auch für Insider eine faustdicke Überraschung.

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Der 54 Jahre alte Kölner Weihbischof trat bislang öffentlich kaum in Erscheinung, er gilt als bescheidener Seelsorger ohne Karriere-Ambitionen. Der promovierte Theologe und enge Vertraute des konservativen Kölner Kardinals Joachim Meisner rechnete nach eigenen Worten nicht einmal selbst damit, in das Spitzenamt in der Bundeshauptstadt aufzusteigen, das traditionell mit dem Kardinalstitel verbunden ist. «Das war für mich wirklich meilenweit entfernt, ich habe daran nie im Entferntesten gedacht», sagte er in einer ersten Reaktion.

Woelki vertritt wie sein Ziehvater Meisner, der in den 80er Jahren selbst Bischof von Berlin war, in Glaubens- und Moralfragen konservative Positionen. Er sei aber «aufgeschlossen und kein Betonkopf», sagt ein Kölner Kirchenkenner. Spekuliert wird, ob er der erzkonservativen Vereinigung Opus Dei angehört – Grund ist seine Dissertation an der Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz in Rom, die von dem umstrittenen Orden geleitet wird.

Der aus einfachen Verhältnissen stammende Weihbischof – eine Art Hilfsbischof ohne eigene Diözese – versteht sich in erster Linie als Priester und Seelsorger. Eigentlich wollte er «ganz normaler Pastor» werden und mit Jugendlichen arbeiten. Schon der Ernennung zum Weihbischof 2003 folgte Woelki daher eher schweren Herzens. Auch die Aussicht auf den Berliner Bischofsposten habe ihm «einige schlaflose Nächte» bereitet, räumt er ein.

Das einstige Flüchtlingskind habe sich hochgearbeitet, erläutert Manfred Becker-Huberti, langjähriger Pressechef des Erzbistums Köln. «Er ist heute in einer Welt zu Hause, die er früher nur aus der Ferne kannte.» Woelki selbst schraubt die Erwartungen an sein künftiges Amt herunter: Er sei kein «Heilsbringer oder jemand, der alles weiß». Für Berlin sei er «nicht das, was Christoph Daum einmal für den 1. FC Köln war», fügt der bekennende Fan des rheinischen Bundesligisten hinzu.

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In der Bundeshauptstadt erwarten Woelki, der bei der Deutschen Bischofskonferenz den Kommissionen zu geistlichen Berufen sowie zu Wissenschaft und Kultur angehört, gleichwohl große Herausforderungen. Als neunter Bischof von Berlin wird er auch eine Rolle als Gesprächspartner der Politik einnehmen müssen – ein Feld, das ihm bisher eher fremd ist. Das Erzbistum bekomme mit dem 54-Jährigen aber nicht nur einen profilierten Seelsorger, sondern auch einen Oberhirten, «der sich in die Aufgaben, die sich stellen, gut einarbeiten kann», glaubt Becker-Huberti.

Neu wird für Woelki im rund 400.000 Katholiken zählenden Bistum vor allem die Minderheitssituation der Christen in Ostdeutschland sein. Über die Zukunft der Volkskirche macht er sich auch bisher keine Illusionen: «Wir Christen werden weniger und die Säkularisierung wird voranschreiten», sagte er vor Jahresfrist nüchtern. Die Antwort müsse «ein ganz entschiedenes Christentum» sein. Dazu passt Woelkis missionarischer Wahlspruch «Wir sind Zeugen».

Geboren wurde Woelki am 18. August 1956 in Köln als ältestes von drei Kindern. Nach dem Abitur leistete er Wehrdienst bei der Panzerartillerie. Er studierte Theologie und Philosophie in Bonn und Freiburg und wurde 1985 zum Priester geweiht. Nach mehreren Jahren als Kaplan und Militärseelsorger berief ihn Meisner dann 1990 zu seinem Geheimsekretär. Sieben Jahre gehörte Woelki in dieser Funktion dem innersten Zirkel des Kölner Generalvikariats an, danach wurde er mit der Leitung des erzbischöflichen Priesterseminars in Bonn betraut – ebenfalls ein Vertrauensposten.

Das Magazin «Spiegel» schrieb 2005, Meisner habe Woelki, den er 2003 zum Bischof weihte, als Koadjutor einsetzen und damit vorab als seinen Nachfolger etablieren wollen – eine Behauptung, die Meisner gerichtlich verbieten ließ. Die beiden Bischöfe verbindet gleichwohl eine besondere Beziehung, auch wenn die Bande vielleicht nicht mehr ganz so eng geknüpft sind wie einst. Den Wechsel Woelkis vom Rhein an die Spree hat Meisner denn auch «mit einem lachenden und einem weinenden Auge zur Kenntnis genommen».

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