Noch vor wenigen Tagen hatte der Erzpriester der römischen Paulusbasilika, Kardinal Andrea Cordero Lanza di Montezemolo, dementiert. Gerüchten über angebliche Untersuchungen am Grab des Apostels Paulus in der gleichnamigen Basilika in Rom widersprach der Kardinal kategorisch. Den spektakulären Fund machte dann der Papst höchstselbst am Altar über dem Apostelgrab publik.
Zum Abschluss der Feiern des 2000. Geburtstags des Völkerapostels verkündete Benedikt XVI., dass sich in dem ungeöffneten Sarkophag vermutlich tatsächlich sterbliche Überreste des vom Christenverfolger Saulus zum Paulus bekehrten Apostels befinden.
«Wir wussten bereits seit anderthalb Jahren, dass sich in dem Sarkophag die Knochen des Heiligen Paulus befanden», räumt der mit dem gleichnamigen Fiat-Boss verwandte Erzpriester Cordero di Montezemolo ein. Doch allein dem Papst sei es vorbehalten gewesen, den sensationellen Fund öffentlich zu machen.
«An dem Sarg, der über so viele Jahrhunderte nicht geöffnet wurde, ist eine winzige Bohrung vorgenommen worden», tat Benedikt zum Abschluss des Paulusjahrs am Sonntagabend mit bewegter Stimme kund. Mittels einer Sonde seien Spuren eines wertvollen Leinenstoffes in Purpurrot mit Goldverzierungen und eines blauen Stoffes entdeckt worden. «Im Sarkophag waren auch winzige Knochenfragmente, die von Wissenschaftlern, denen ihre Herkunft unbekannt war, der Radio-Karbon-Methode unterzogen wurden.» Den Forschern zufolge
stammen die Reste von einem Menschen, der zwischen dem ersten und zweiten Jahrhundert lebte. «Das scheint die unwidersprochene Tradition zu bestätigen, dass es sich um die Überreste des Heiligen Paulus handelt.»
Papstfeiern bieten selten Anlass zu Sensationen wie der Nachricht vom Fund der mutmaßlichen Überreste des Paulus, den jeder christliche Archäologe gern machen würde. In der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern treffen Päpste wegen der ökumenischen Bedeutung des Völkerapostels Paulus traditionell andere Kirchenführer anderer christliche Konfessionen. Als er das Ergebnis der im Geheimen vollzogenen Untersuchung bekannt gab, äußerte der ansonsten nicht für öffentliche Gefühlsregungen bekannte Benedikt «tiefe Bewegung» über den Fund. Der Stellenwert der Entdeckung wurde durch die Anwesenheit einer Delegation des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel als Vertretung der orthodoxen Christenheit unterstrichen.
Neben Knochen- und Stofffragmenten entnahmen die Archäologen mit der Sonde dem Sarkophag nach den Worten des Papstes ebenfalls rote Weihrauchkörner sowie Spuren von eiweiß- und kalkhaltigen Substanzen. Benedikts Vorgänger Paul VI. hatte vor 41 Jahren entsprechende Funde im Petrusgrab unter dem Petersdom verkündet. Die Entdeckung der mutmaßlichen Überreste des anderen in Rom verehrten Apostels unterstreicht die Bedeutung der Ewigen Stadt als Zentrum von Christenheit und Papsttum.
Benedikt werde in Kürze die Öffnung des Paulusgrabs genehmigen, zeigt sich der Erzpriester der Paulusbasilika überzeugt. Wegen der dicken Wände des Sarkophags sei dies aber kein leichtes Unterfangen.
Der Apostel Paulus wurde der Überlieferung zufolge Ende der fünfziger Jahre des ersten Jahrhunderts in Jerusalem verhaftet, wo er gemeinsam mit örtlichen Christen Pfingsten feiern wollte. Nach einem Prozess wegen seines damals noch verbotenen christlichen Glaubens wurde er um das Jahr 67 nach Christus in Rom enthauptet. Ein Vorgängerbau der heutigen Paulusbasilika wurde über seinem Grab bereits im vierten Jahrhundert errichtet.
(Quelle: epd)