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Pakistan: Minderjährige Christin entkommt Entführern

Eine Rikscha stoppt, die 15-jährige Saba wird hineingezogen und wacht 200 Kilometer von ihrem Zuhause entfernt wieder auf. Die Polizei unternimmt nichts. Die katholische Kirche versucht zu helfen.

„Meine Schwester und ich hatten uns neue Kleidung gewünscht, aber meine Eltern konnten sich das nicht leisten. Also haben wir eine Arbeit angenommen, um unsere Familie zu unterstützen“, erklärt die 15-jährige Christin Saba Masih aus Faisalabad, der drittgrößten Stadt Pakistans im Osten des Landes. Wie viele Angehörige der christlichen Minderheit Pakistans ist es auch Sabas Familie nur möglich, einfache Hilfsarbeiten zu übernehmen. Also ging Saba putzen – auch am 5. Mai dieses Jahres. Der Tag hat ihr junges Leben auf den Kopf gestellt.

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Auf dem Weg zur Arbeit wurde die Christin entführt. Saba berichtet „Kirche in Not“ von ihrem Martyrium: „Mein Entführer stoppte mit der Rikscha neben mir. Zwei Komplizen kamen mit dem Motorrad. Sie zogen mich in die Rikscha. Dann legten sie ein Taschentuch auf mein Gesicht, das mit Chemikalien getränkt war. Ich wurde bewusstlos.“

Das Mädchen kannte ihren Entführer

Als Saba aufwachte, befand sie sich in einer anderen Stadt, etwa 200 Kilometer von Faisalabad entfernt. Sie kannte ihren Entführer: Es handelte sich um ihren muslimischen Nachbarn, einen Bauarbeiter. „Ich flehte ihn an, mich zu meinen Eltern heimkehren zu lassen. Ein paar Tage lang habe ich jede Nahrung verweigert“, erzählt Saba. „Aber er gab nicht nach.“

Ihre verzweifelten Eltern gingen zur Polizei. Dort teilte man ihnen mit, dass ihre Tochter den Entführer geheiratet habe. Auf die Frage nach einem Beweis für diese angebliche Eheschließung hätten die Polizisten ihn aufgefordert, „auf den islamischen Ehevertrag zu warten und jetzt zu gehen“, teilte Sabas Vater Nadeem Masih „Kirche in Not“ mit.

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Sabas Entführung und Zwangsverheiratung ist kein Einzelfall: Nach Angaben des unabhängigen „Zentrums für soziale Gerechtigkeit“ wurden in Pakistan allein 2021 mindestens 78 Mädchen und junge Frauen verschleppt, zwangsverheiratet und zur Konversion gezwungen. Bei den Entführten habe es sich um Christinnen, Hindus und eine Angehörige der Sikh-Religion gehandelt.

Die Dunkelziffer dürfte jedoch weit höher sein, da viele Entführungen aus Angst vor Repressalien nicht gemeldet werden. Besonders viele Entführungsfälle von Christinnen gibt es in der Provinz Punjab, wo auch Saba mit ihrer Familie lebt.

Christen sind eine Minderheit von rund zwei Prozent der über 200 Millionen Einwohner Pakistans; Muslime machen rund 96 Prozent der Bevölkerung aus. Die Islamische Republik Pakistan hat viele Grundsätze der Scharia in ihr Rechtssystem übernommen. Es gibt eine starke Gruppe radikaler Muslime, die auch für Entführungen und weitere Aggressionen gegen religiöse Minderheiten verantwortlich gemacht werden. Mittlerweile stellen sich jedoch auch zahlreiche Muslime Pakistans gegen solche Taten.

Am helllichten Tag entführt

Das Vorgehen bei den Entführungen ist immer gleich: Die Mädchen werden auf offener Straße verschleppt, meist am helllichten Tag. Die Entführer gehen zu radikalen örtlichen Geistlichen, die islamische Eheverträge ausstellen, mit denen die erzwungene Eheschließung für gültig erklärt wird.

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Anzeigen bei der Polizei werden oft nur mit großer Verzögerung bearbeitet. Gleiches gilt für Gerichtsverfahren, auch sie ziehen sich durch Altersbestimmungen oder Einsprüche der Beklagten in die Länge. Während der ganzen Zeit bleiben die jungen Frauen in der Hand ihrer Entführer – ausgebeutet und missbraucht.

Fortschritte und Rückschläge

In jüngerer Vergangenheit haben sich pakistanische Gerichte wiederholt zugunsten der entführten Frauen ausgesprochen. Die Rechtslage ist klar: Das Heiratsalter für Mädchen liegt in Pakistan bei 16, für Jungen bei 18 Jahren. In der Provinz Sindh im Südosten des Landes hat die Regierung verfügt, dass auch Mädchen bei der Hochzeit mindestens 18 Jahre alt sein müssen. Damit wurde die Kinderehe unter Strafe gestellt – ein erster wichtiger Schritt.

Aber es sind auch Rückschläge zu verzeichnen: Es gibt nach wie vor keine Altersbeschränkungen für den Übertritt zum Islam, von Religionsschulen oder Geistlichen ausgestellte Bescheinigungen werden gern als Beweis für den angeblich gültigen Religionswechsel vorgelegt. Auch hat der „Rat für Islamische Ideologie“, ein religiöses Beratergremium der Regierung und des Parlaments, zwei wichtige Gesetzesentwürfe zum Schutz vor häuslicher Gewalt und zum Verbot von Zwangskonversionen abgelehnt.

Kirche steht betroffenen Familien bei

Viele Familien können sich einen Rechtsbeistand bei Entführungsfällen nicht leisten. Kirchliche Organisationen springen ein. So auch im Fall von Saba. Ihre Angehörigen wandten sich an die katholische „Kommission für Gerechtigkeit und Frieden“, deren Arbeit „Kirche in Not“ seit Jahren unterstützt. Mitarbeiter dokumentierten den Fall und machten ihn publik.

Dies schien Wirkung zu zeigen: Am 29. Mai 2022 erhielt Sabas Vater einen Anruf vom Onkel des Entführers. Er teilte ihm mit, das Mädchen sei vor einem Polizeirevier in Faisalabad abgesetzt worden. So konnten die Eltern des Mädchen nach mehr als drei Wochen wieder in die Arme schließen – ein Wunder. Viele Mädchen sind monate- oder jahrelang verschleppt.

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Saba ist frei, aber die Tat blieb für den Entführer bislang ohne Konsequenzen. Er ist nach wie vor auf freiem Fuß, obwohl sogar seine richtige Ehefrau zu einer Aussage gegen ihn bereit sei. Das teilte der Diözesanleiter der „Kommission für Gerechtigkeit und Frieden“, Khalid Rashid, gegenüber „Kirche in Not“ mit.

Er ist entschlossen, nicht nachzugeben – für Sabas Freiheit und das der anderen verschleppten Mädchen aus religiösen Minderheiten in Pakistan: „Es ist selten, entführte Mädchen zurückzubekommen. Aber wir werden niemals Kompromisse eingehen. Das ist eine eklatante Menschenrechtsverletzung durch Personen, die die Religion missbrauchen.“

„Kirche in Not“ hat zum Thema Zwangsverheiratungen und -konversionen eine Fallstudie herausgegeben. Sie trägt den Titel „Hört ihre Schreie“ und dokumentiert Fälle aus Pakistan, Nigeria, Ägypten, Irak und Syrien. Sie ist kostenlos bei „Kirche in Not“ erhältlich.

Hinweis: Diesen Text haben wir mit freundlicher Genehmigung von „Kirche in Not“ übernommen.

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