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Rat geben, nicht bevormunden: Der langjährige EKD-Cheftheologe Hermann Barth geht in Ruhestand

Sein Plan sah anderes vor. Zur Jahresmitte 2010 wollte Hermann Barth seinen Platz an der Spitze des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) räumen.

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Doch er blieb ein halbes Jahr länger Präsident der EKD-Zentrale – geschuldet den Umständen, die mit dem spektakulären Rücktritt von Margot Käßmann vom Ratsvorsitz verbunden waren. Ende November geht Barth, der seit längerem an der Parkinsonkrankheit leidet, in den Ruhestand.

Barths theologisch präzise Beiträge, die ihm eigene Verbindung von Fantasie, Fleiß und Disziplin und Menschenfreundlichkeit «trugen wie ein Fundament die Arbeit der EKD», dankt Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider dem Kirchenamtspräsidenten. Und die Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt, sagt über den scheidenden Kirchenpolitiker: «Niemand verdient so sehr den Titel ‚Cheftheologe der EKD’» wie er.

 Den Kurs der evangelischen Kirche bestimmte der 65-Jährige über ein Vierteljahrhundert mit. Zunächst als theologischer Referent für Fragen der öffentlichen Verantwortung von Kirche. 1993 stieg er zum Vizepräsidenten der EKD-Zentrale auf und leitete die Hauptabteilung «Theologie und öffentliche Verantwortung», seit 2006 war er Kirchenamtspräsident.

Wichtige kirchliche Stellungnahmen tragen seine Handschrift. Die Wirtschaftsdenkschrift gehört ebenso dazu wie die evangelisch-katholische Erklärung «Gott ist ein Freund des Lebens». Auch auf den Feldern Friedensethik und Sozialethik formulierte er die evangelischen Standpunkte entscheidend mit. Federführend und lenkend war Barth am Zustandekommen des vielzitierten evangelisch-katholischen Wortes zur wirtschaftlichen und sozialen Lage beteiligt.

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Dass Barths profunde Kenntnis und kluge Beiträge zur Bioethik auch außerhalb der Kirche registriert werden, zeigen seinen Berufung in den Nationalen und den Deutschen Ethikrat, in denen er von 2004 bis 2010 mitarbeitete. «Rat geben und nicht bevormunden, überzeugen und nicht überreden» ist die Leitlinie der argumentativen Ethik, der sich Barth verpflichtet weiß, wenn in Kirche, Gesellschaft und Politik um Antworten auf ethische Grenzfragen gerungen wird. Im Oktober wurde er dafür von der Universität Münster mit dem theologischen Ehrendoktor geehrt.

Dem eher unspektakulären kirchlichen Alltagsgeschäft – Gottesdienst, Kinder- und Jugendarbeit, religiöse Erziehung, Seelsorge – ist der Theologe ebenso zugetan wie den großen Linien im kirchlichen Reformprozess. Und auch den Gesprächsfaden zu den evangelikalen Gemeinschaften ließ er nicht abreißen. In die evangelisch-katholischen Ökumene wirbt Barth dafür, die Lektion zu befolgen: Wir gedeihen zusammen und wir kränkeln zusammen. Man sollte nicht der anderen Seite klar machen wollen, dass das, was sie als gerade ansieht, in Wirklichkeit krumm sei, empfiehlt er als Umgangsregel. «Der Welt des Katholizismus – auch der römischen Welt – ist Hermann Barth mit Neugier und wohl auch mit der aus katholischer Sicht etwas schmerzlichen Gewissheit begegnet, auf diese Weise in der evangelischen Welt noch tiefer Heimat zu finden», sagt Pater Hans Langendörffer vom Sekretariat der katholischen Bischofskonferenz.

Barth stammt aus Ludwigshafen am Rhein, wo er am 12. November 1945 in einer Pfarrersfamilie geboren wurde. Nach dem Studium der Theologie in Heidelberg, Edinburgh und Tübingen war er wissenschaftlicher Assistent am Alttestamentlichen Seminar der Universität Hamburg. Sein weiterer Werdegang führte ihn nach Promotion und Vikariat ins pfälzische Kerzenheim, wo er von 1978 bis 1985 Gemeindepfarrer war.

«Heimat ist für mich zunächst die pfälzische Heimat», sagt Barth. Und vor der Landessynode in Speyer bekannte er, stets habe er sich als «Verteidiger der pfälzischen Kirche» verstanden. Zur zweiten Heimat ist ihm Schottland geworden. Den relativ kurzen Studienaufenthalt, den er dort verbrachte, bezeichnet er rückblickend als den wohl einschneidendsten Lebensabschnitt.

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Das Geschehen in der EKD werde er in Zukunft aus sicherer Entfernung beobachten, versichert Barth. Nach der Beschäftigung mit Johann Peter Hebel möchte er – soweit es seine gesundheitliche Situation zulässt – ein schon lange gehegtes Projekt verwirklichen: Aus der Ablage «Vermischtes», in der skurrile und anrührende Zuschriften an das Kirchenamt landen, möchte er eine Sammlung machen, kündigt Barth mit Schmunzeln an.

(Quelle: epd)

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