Die Akademie für Psychotherapie und Seelsorge im nordhessischen Frankenberg befürchtet, dass es während des von ihr ausgerichteten Seelsorgekongresses vom 20. bis 24. Mai in Marburg zu massiven Störungen kommen wird.
«Wir sind überrascht, wie viel Hass in der Debatte steckt», sagte das Vorstandsmitglied der Akademie, Dietmar Seehuber, am Donnerstag in Marburg. Eine Absage komme aber nicht in Frage.
Unbekannte hatten in den vergangenen Tagen Gebäude von evangelikalen und landeskirchlichen Einrichtungen in Marburg mit Parolen wie «Fight Homophobia!» (Bekämpft die Homosexuellenfeindschaft) und «Kongress verhindern» besprüht.
Mittlerweise gebe es auch Reaktionen aus dem «ganz rechten Spektrum», berichtete Seehuber. Die Stimmung sei aufgeheizt, das Ganze radikalisiere sich. «Wir haben aber mit der Polizei ein gutes Sicherheitskonzept entwickelt», ergänzte der erste Vorsitzende der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge (APS), Martin Grabe. Seehuber und Grabe sind Chefärzte in der Klinik Hohe Mark in Oberursel bei Frankfurt am Main.
«Es war vorauszusehen, dass es möglicherweise um Markus Hoffmann Ärger geben könnte», räumte Grabe ein. An Hoffmann vom Verein Wüstenstrom sowie Ruth-Christl Vonholdt vom Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft entzündete sich die Kritik der Kongressgegner. Linksstehende Gruppen, Schwulen- und Lesbenverbände und Parteien werfen ihnen vor, das «Umpolen» von Homosexuellen zu propagieren.
«Das Thema Homosexualität kommt auf dem Kongress nicht vor. Beide Referenten werden nichts zur Homosexualität sagen», erklärte Grabe. In den Seminaren der beiden Referenten gehe es um Fragen der Bindung und der Entwicklungspsychologie. Beide seien bereits auf zwei großen Kongressen der APS eingeladen gewesen. Auf einem Fachkongress müssten unterschiedliche Meinungen zum Tragen kommen.
An der Referentenfrage sei auch eine gemeinsame Erklärung mit dem Schwulen- und Lesbenverband in Deutschland gescheitert, ergänzte Grabe. Am 12. Mai sei es in Frankfurt am Main zu einem Treffen mit Vertretern des Verbandes gekommen. Diese hätten verlangt, dass Hoffmann und Vonholdt ausgeladen werden. «Wir halten aber daran fest.»
Der Umpolungsbegriff stamme aus den 1960er Jahren, erläuterte Seehuber. Die Vorstellung, Homosexuelle umpolen zu können, sei «Unsinn». Wissenschaftlich sei belegt, dass dadurch Menschen zerstört werden können. Streitpunkt sei vielmehr die Frage, wie man mit Menschen umgeht, die unter ihrer Homosexualität leiden.
Zu dem Kongress werden rund 1.000 Teilnehmer in der mittelhessischen Universitätsstadt erwartet. Zu den Hauptreferenten zählt der Tübinger Theologe Hans-Joachim Eckstein. Die Münchener Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler hält am 20. Mai einen Abendgottesdienst in der Marburger Elisabethkirche.
Sie werde auf jeden Fall teilnehmen, sagte Breit-Keßler dem epd. Im Hinblick auf den Streit plädierte sie für mehr Toleranz. «Ich bin eine liberale Theologin, homosexuell empfindende Menschen sind in der evangelischen Kirche willkommen», betonte Breit-Keßler. Am Dienstag hatte ein Bündnis «Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus» für den 21. Mai zu einer Demonstration gegen den Kongress aufgerufen.
(Quelle: epd)